Die Schweiz ist DIE Tennisnation Europas

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Biel/Bienne,

Was kommt nach der Ära Federer und Wawrinka? Bei Swiss Tennis ist man zuversichtlich – auch wegen einer kürzlich veröffentlichten Statistik.

Stan Wawrinka gratuliert Roger Federer zum Sieg im Halbfinal der Australian Open 2017.
Stan Wawrinka gratuliert Roger Federer zum Sieg im Halbfinal der Australian Open 2017. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei den Männern wird es nach Federer und Wawrinka eine Lücke geben, sagt Swiss Tennis.
  • Die Nachwuchsresultate geben aber Grund zur Hoffnung.
  • Bei den Frauen stecken mehrere grosse Talente kurz vor dem grossen Sprung.

Die einen wollen gar nicht daran denken, die anderen machen sich schon seit Jahren Sorgen. Was soll nur aus der Tennisnation Schweiz werden, wenn Roger Federer (37, ATP 3), Wawrinka (33, ATP 66) und Timea Bacsinszky (29, WTA 193) dereinst zurücktreten? Bei den Frauen hat Belinda Bencic (21, WTA 44), obwohl sie auch schon seit bald fünf Jahren auf höchstem Level Tennis spielt, noch eine lange Karriere vor sich.

Doch die Flawilerin ist verletzungsanfällig, fehlt immer wieder monatelang im Tenniszirkus. Gerade für eine junge Sportlerin ist das fatal. Weitere Kandidatinnen für eine grosse Karriere sind Jil Teichmann (21, WTA 148), Leonie Küng (18, WTA 495), Ylena In-Albon (19, WTA 236), Simona Waltert (17, WTA 581) oder Lulu Sun (17, WTA 681).

Bei den Männern könnte es noch etwas dauern

Bei den Männern sieht es dagegen wenig vielversprechend aus. Henri Laaksonen (26, ATP 177)schaffte den Sprung in die Top 100 nur einmal ganz knapp, fiel dann aber wieder weit zurück. Und von den Jungen sind Marc-Andrea Hüsler (22, ATP 379) und Johan Nikles (21, ATP 527) von der Spitze weit entfernt.

Belinda Bencic schlägt eine Rückhand an den US Open 2018 (Archivbild).
Belinda Bencic schlägt eine Rückhand an den US Open 2018 (Archivbild). - Keystone

Zu den Nachwuchshoffnungen gehören Damien Wenger (18, Nummer 35 der Juniorenweltrangliste), Dominic Stricker (16) und Jeffrey von der Schulenburg (16), die Nummern 22 und 58 bei den U16-Jährigen in Europa, oder auch der erst 15-jährige Jérôme Kym (15).

Dennoch sind die Aussichten für das Schweizer Tennis mittelfristig eher grau. Dabei wäre der potenzielle Pool an Stars so gross wie bei keinem anderen europäischen Land. Wie der «2018 European Tennis Report» vor rund zwei Wochen belegt hat, spielen in der Schweiz 7,31 Prozent aller Einwohner Tennis. Das ist europäischer Spitzenwert.

Henri Laaksonen US Open
Henri Laaksonen ist am Sonntag sang- und klanglos an - Keystone

Swiss Tennis zeigt sich erfreut

Beim Verband Swiss Tennis ist man angesichts dieser Statistik erfreut. «Die Zahlen sind für die Schweiz schon seit Jahren auf hohem Niveau stabil», sagt Kommunikationschefin Sandra Pérez gegenüber Nau. Zwar verlor die Schweiz gegenüber dem letzten Report von 2015 leicht, rückte aber dennoch auf den ersten Platz vor, weil Spanien massiv absackte. «Allgemein sind die Zahlen in Europa rückläufig», sagt Pérez.

Martina Hingis
Ein weitere Glücksfall für die Kampagne ist die ehemalige Schweizer Tennisspielerin Martina Hingis. - Keystone

Die Gründe, warum in der Schweiz im Durchschnitt schon immer mehr Menschen Tennis spielten, hängen für sie – natürlich – auch mit den Tennis-Aushängeschildern der Schweiz zusammen: Roger Federer, Wawrinka, jetzt Belinda Bencic, früher Patty Schnyder und Martina Hingis.

«Den Roger-Feder-Effekt gibt es wirklich»

«Einen Federer-Effekt gibt es wirklich», sagt Pérez. Die Anzahl lizenzierter Junioren befand sich ab 1994 im Sinkflug. Als Roger Federer 2004 Weltnummer 1 wurde, setzte ein Gegentrend ein. Plötzlich stieg die Zahl der jungen Tennisspieler in der Schweiz wieder, besonders bei den Jungs. Eine erfreuliche Entwicklung, so Pérez, denn die gesellschaftliche Tendenz sei klar, dass die Mitgliedszahlen bei vielen Vereinen rückläufig seien.

Roger Federer ballt die Faust nach einem Punktgewinn.
Roger Federer ballt die Faust nach einem Punktgewinn. - Keystone

Muss sich Swiss Tennis also um den Nachwuchs sorgen? «Natürlich wird es nach den Rücktritten von Federer und Wawrinka im Schweizer Tennis eine Lücke geben», sagt Pérez, «Aber man muss sich auch bewusst sein, dass wir starke Junioren hatten, die einfach Pech hatten und den Durchbruch aus gesundheitlichen Gründen nicht schafften.» Robin Roshardt, Roman Valent und Dimitri Bretting gehören zu ihnen.

Es gibt Grund zur Hoffnung

Das aktuelle Konzept zur Nachwuchsförderung gibt es seit 2015. Dass man die Entwicklung bei Swiss Tennis verschlafen habe, davon will Sandra Pérez aber nichts wissen. «Ein Konzept hatten wir vorher schon, wir haben nicht nichts gemacht. Es kann auch nich die Realität sein, dass es immer so weitergeht und wir immer Grand-Slam-Titel gewinnen werden», sagt sie. «Henri Laaksonen ist erst der 11. Schweizer, der es in die Top 100 geschafft hat. Man darf nicht vergessen, was nur schon das für eine Leistung ist.»

Jil Teichmann
Jil Teichmann tritt am dem Olympischen Spielen in Tokio nicht an. - Keystone

Und auch wenn die Tennisschweiz zumindest bei den Männern wohl eine Durststrecke erleben wird: einen Lichtblick gibt es. Das Förderungskonzept scheint zu greifen. Letztes Jahr wurde das U14-Team von Swiss Tennis an der WM in Tschechien Weltmeister, dieses Jahr gewann das neue U14-Team an der EM Bronze.

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