Aktionswoche gegen Rassismus Biel
Rund um den internationalen Tag gegen Rassismus am 21. März 2022 setzt Biel mit einer Aktionswoche ab dem 19. März 2022 ein Zeichen gegen Diskriminierung.

Auf dem Programm stehen bei der Aktionswoche zwischen dem 19. bis 26. März 2022 Workshops für Beschuldigte und Betroffene von rassistischer Diskriminierung von Noël Tshibangu im Haus pour Bienne, Ethik-Workshops für Lehrpersonen und Eltern von Bieler Schüler, das erfolgreiche Einfraustück Chefbeamtin Bettina Zimmerman von DAS.VENTIL im Nebia Poche und im Anschluss daran ein Workshop mit Kathrin Iten und dem Kollektiv Mosaïk in der Voirie. Am Samstag, den 26. März stehen gggfon, Multimondo und die Fachstelle Integration Biel zusammen auf dem Zentralplatz für Fragen und Gespräche bereit.
Videoporträts von Bielern mit Migrationshintergrund an diversen Standorten
Die beste Art, Rassismus bei sich oder anderen zu verhindern, ist, möglichst schnell viele fremde Menschen persönlich kennenzulernen. Sofort erhält eine vorher diffuse Unbekannte ein individuelles Gesicht und eine eigene Geschichte. Dies bewirkt für die menschliche Weiterbildung und die Prägung einer menschenwürdigen Politik mehr als eine gut gemeinte Kampagne von irgendeiner offiziellen Stelle. Dieser einfachen und zugleich klugen Einsicht folgt das wunderbare Video-Work-in-Progress «Die Welt in Biel» von Enrique Muñoz García.
Dem Zitat des Bieler Schriftstellers Robert Walser folgend «Übrigens bin ich in einer ganz, ganz kleinen Weltstadt aufgewachsen», untersucht er seit 2014 die kulturelle und ethnische Vielfalt in Biel, welche mit 120 unterschiedlichen Sprachen bei circa 55'000 Einwohnern beeindruckt. Wollte der Künstler in seinem Videozyklus zunächst einfach alle Nationalitäten vertreten haben, merkte er schnell, dass es die individuellen Geschichten sind, welche ihn mehr interessieren und da die Bewegung von Hinzu- und Wegziehenden nicht aufhört, ist auch seine Arbeit nie abgeschlossen.
Die Videoporträts sind alle gleich aufgebaut. Zuerst nennt die Person ihren Namen, ihr Herkunftsland und das Jahr, seit sie in Biel ist. Dann wird die Frage eingeblendet: «Wieso sind sie nach Biel gekommen?» und man hört einen kurzen Ausschnitt aus dem Lebensweg von Menschen aus anderen Ländern. Es sind Geschichten der Liebe und des Schmerzes, traumatische Vertreibungen, geschäftliche Neusituierungen, familiäre Verflechtungen sowie immer wieder Geschichten des Heimatfindens in Biel, als einem Ort der Offenheit und Vielfalt.
Enrique Muñoz García hält diesen intimen Einblick fest und schafft dadurch Moment tiefster Menschlichkeit. Dafür setzt er bewusst auf Einfachheit. Eine fixe Kamera, eine halbnahe Einstellung, sodass das Gegenüber lebensgross erscheint, ein neutraler Hintergrund, Schwarz-Weiss-Film. Es sollen keine bunten folkloristischen Werbefilmchen für Exotik werden, sondern der Blick auf das Verbindende, Menschliche gerichtet werden.
Interviews sind von grösserer Bedeutung
Der Rückgriff auf Schwarz-Weiss-Film verortet das Video zudem in der noblen Tradition des Dokumentarfilmes, insbesondere des Cinéma Vérités, das für besondere Glaubwürdigkeit und Authentizität steht und in der die langen Kameraeinstellungen signalisieren, dass der Filmemacher kaum in die Realität eingreift. Als Mittel der Gegenwartskunst gewinnt das Interview seit den Siebzigerjahren eine immer grössere Bedeutung.
Es spielt mit den literarischen, soziologischen, juristischen oder psychologischen Techniken des Befragens, des Geständnisses, des Vermächtnisses und der Reportage und hat sich innerhalb der Gegenwartskunst eine wichtige Rolle erobert als Mittel im Feld der Selbstdarstellung, der Zeugenschaft, des Sich-Outens und im Prozess des Verstehens von komplexen Situationen. Dies alles spielt mit, wenn Enrique Muñoz García seine Gegenüber befragt und sie von ihrem Weg nach Biel erzählen lässt.