Was passiert mit IS-Rückkehrern in der Schweiz?
Die Lage in Syrien ist prekär. Mit der zunehmend tödlichen Situation wollen ehemalige IS-Anhänger in die Schweiz zurückkehren. Doch was geschieht dann?
Das Wichtigste in Kürze
- In Syrien herrscht Krieg, die Lage ist prekär.
- Nicht nur Flüchtlinge, auch ehemalige und noch IS-Angehörige wollen zurück in die Schweiz.
- Gemäss NDB sind 20 dschihadistisch motivierte Reisende aus der Schweiz im Krisengebiet.
Seit der türkischen Offensive in Nordsyrien sind nicht nur die Kurden in Lebensgefahr. Auch IS-Anhänger und ihre Familien sind in ihren Gefangenenlagern nicht mehr sicher. Denn diese Lager wurden bisher von den Kurden überwacht.
Nun können viele IS-Anhänger fliehen und wollen meist zurück in ihre Heimat. Auch in die Schweiz! Doch auch hier droht ihnen der Prozess.
66 Risikopersonen verzeichnet
In den letzten sieben Jahren hat der Bund 624 auffällige Personen auf dem dschihadisten-Monitoring verzeichnet. Jene sind aufgefallen, weil sie im Internet dschihadistisches Gedankengut verbreitet haben oder sich mit Gleichgesinnten im In- und Ausland vernetzt haben.
Zudem wurden 66 Risikopersonen und 92 dschihadistisch motivierte Reisende registriert. Als Risiko gilt eine Person, wenn sie aufgrund ihrer terroristischen Motivation oder Aktivitäten ein erhöhtes Risiko für die Schweiz darstellt.
Als dschihadistisch motivierte Reisende gelten Menschen, die in Konfliktgebieten waren oder sich noch dort befinden. Der Grossteil dieser Personen begab sich nach Syrien und in den Irak.
Die Terrorismuszahlen werden halbjährlich vom Nachrichtendienst des Bundes veröffentlicht, zuletzt im Mai dieses Jahres. Während 31 dschihadistisch motivierte Reisende zwischenzeitlich verstorben sind, kamen 16 von ihnen zurück in die Schweiz.
Es warten Gefängnis oder Ersatzmassnahmen
Doch was passiert, wenn ein IS-Sympathisant oder Anhänger aufgrund der prekären Lage wieder in die Schweiz einreisen will?
«Bei IS-Anhängern, welche zurück in die Schweiz gelangen, sind die Strafvollzugsbehörden zuständig», weiss Urs Allemann. Er ist Leiter der Fachstelle Extremismus in Winterthur.
«Verurteilung oder Freisprache sind Sache der Justiz. Wird eine Person verurteilt, können neben einer Freiheitsstrafe im Gefängnis auch Ersatzmassnahmen erwogen werden. Beispielsweise ein Kontaktverbot.»
Bund prüft Rückkehr von Kindern
Erst im März dieses Jahres hat der Bundesrat die Ziele und Strategie im Umgang mit dschihadistisch motivierten Reisenden festgelegt. Wie das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) auf Anfrage erklärt, wird dabei zwischen Erwachsenen und Minderjährigen unterschieden.
«Für erwachsene Personen, die die Schweizer Staatsangehörigkeit besitzen, trifft die Schweiz aktiv keine Massnahmen, die zu einer Rückkehr führen.» Bei Minderjährigen prüfe die Schweiz im Einzelfall Optionen für die Rückführung, «wenn es das Kindeswohl erfordert».
Die Schweiz unternehme seit langer Zeit grosse Anstrengungen im Interesse der Kinder, um diese baldmöglichst in die Schweiz zurück zu führen.
Brisant: «Die Verantwortung dafür, dass die Kinder sich überhaupt und nach wie vor in der Krisenregion befinden, liegt bei den Kindsmüttern. Sie gelten als dschihadistisch motivierte Reisende.» Somit scheiterte die Rückführung der Kinder bislang vor allem daran, «dass die Mütter nicht bereit war, ihre Kinder ohne sie ausreisen zu lassen.»
Der NDB geht davon aus, dass sich aktuell rund zwanzig dschihadistisch motivierte Reisende (Männer, Frauen und Kinder), die über das Schweizer Bürgerrecht verfügen, im syrisch-irakischen Konfliktgebiet aufhalten.