Der frühere Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz wurde vor zwei Jahren schuldig gesprochen. Nun hebt das Zürcher Obergericht das Urteil auf.
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Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Zürcher Obergericht hebt das Urteil gegen Pierin Vincenz auf.
  • Dem Ex-Banker wird eine Prozessentschädigung in Höhe von 35'000 Franken zugesprochen.
  • Es seien «schwerwiegende Verfahrensfehler» unterlaufen.
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Das Zürcher Obergericht hebt das Urteil gegen Pierin Vincenz auf. Der ehemalige Raiffeisen-Chef wurde vor zwei Jahren schuldig gesprochen. Das Zürcher Obergericht hat das erstinstanzliche Urteil nun wegen «schwerwiegenden Verfahrensfehlern» aufgehoben. Die Staatsanwaltschaft muss eine neue Anklage beim Bezirksgericht einreichen.

Dem 67-Jährigen und Geschäftsmann Beat Stocker wurde vorgeworfen, sich an Firmen zu beteiligen und dafür zu sorgen, dass Raiffeisen und Aduno diese kaufen. Ihre Beteiligungen sollen sie nicht offengelegt haben. Dabei sollen die beiden Gewinne in Millionenhöhe eingestrichen haben. Vincenz wird eine Prozessentschädigung in Höhe von 35'000 Franken zugesprochen.

Können Sie sich an den Fall von Pierin Vincenz erinnern?

Das Bezirksgericht Zürich hatte Vincenz und vier Geschäftspartner im April 2022 zu teilweise mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Dabei seien aber zentrale Ansprüche auf rechtliches Gehör und eine gesetzeskonforme Anklageschrift verletzt worden, hält das Obergericht Zürich in einer Medienmitteilung vom Dienstag fest.

Es hat deshalb das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und das Strafverfahren an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Diese muss nun die Verfahrensmängel beheben und dann beim Bezirksgericht Zürich erneut Anklage erheben. Die Vermögenswerte von Vincenz und weiteren Personen werden nicht freigegeben; diese bleiben sichergestellt.

Ausschweifende Anklageschrift im Fall Pierin Vincenz

Das Obergericht stufte unter anderem das Anklageprinzip als verletzt ein: In der «teilweise ausschweifenden Anklageschrift» würden die Anschuldigungen derart umfangreich vorgebracht, dass der gesetzliche Rahmen gesprengt sei. «Durch diesen Umstand wurde den Beschuldigten im erstinstanzlichen Verfahren erheblich erschwert, sich wirksam zu verteidigen.»

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Pierin Vincenz wurde zu mehr als drei Jahren Haft verurteilt. - Keystone

Dass für einen französischsprachigen Beschuldigten nur Auszüge aus der Anklageschrift übersetzt worden seien, genüge auch nicht, hält das Obergericht weiter fest. Dies stelle eine schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs und des Fairnessgebots dar.

Bei der Rückweisung des Verfahrens an die Staatsanwaltschaft handelt es sich um einen technischen Entscheid: Zur Frage von Schuld oder Unschuld äussert sich der Beschluss nicht.

Bis zu vierjährige Freiheitsstrafen

Das Bezirksgericht Zürich hatte Vincenz und dessen Geschäftspartner unter anderem wegen Betrugs und mehrfacher Veruntreuung mit Freiheitsstrafen von drei Jahren und neun Monaten beziehungsweise vier Jahren bestraft. Drei weitere Beschuldigte wurden zu bedingten Geldstrafen verurteilt. Eine weitere Person wurde freigesprochen, das Verfahren gegen eine weitere wurde eingestellt.

Diese erstinstanzlichen Urteile zogen die Beteiligten ans Zürcher Obergericht weiter. Der Berufungsprozess war für Juli 2024 angesetzt gewesen. Nun kam das Obergericht aber zum Schluss, dass die Staatsanwaltschaft ihre Anklage überarbeiten und neu einreichen muss.

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