Diese Frau hilft Schweizer Bauern, den Hof auf vegan umzustellen

Sarah Heiligtag berät Schweizer Bauern, die keine Tierhaltung mehr betreiben wollen. Sie führt selbst den Hof Narr, der komplett vegan ist.

Sarah Heiligtag hilft Landwirten, die ihren Betrieb auf vegan umstellen wollen. - Superpeng

Das Wichtigste in Kürze

  • Sarah Heiligtag berät Schweizer Bauern bei der Umstellung auf einen veganen Betrieb.
  • Gewaltfreiheit gegenüber Tier, Mensch und Umwelt ist die Grundlage dieses Modells.
  • Heiligtag betreibt mit ihrer Familie den veganen Lebenshof Narr in Hinteregg, Zürich.

Sarah Heiligtag, Ethikerin und Landwirtin, ist Mitgründerin und Betreiberin des Lebenshofs Hof Narr in Hinteregg bei Zürich. Sie schenkt misshandelten Tieren ein neues Leben.

Auf ihrem Hof leben über 100 gerettete Tiere. Dazu gehören Schweine, Ziegen, Pferde, Truten, Enten, Esel, Hühner, und Kaninchen – alle waren einmal sogenannte Nutztiere.

Auf dem Hof Narr müssen sie keinen Nutzen mehr erfüllen. Sie dürfen einfach Tier sein – und inspirieren dadurch andere Menschen.

Daneben wird auf dem Hof Gemüse, Getreide und Obst angebaut. Das Konzept der Gewaltfreiheit ist die Grundlage für den Hof Narr – gewaltfrei gegenüber Tier, Mensch und Umwelt.

Sarah Heiligtag. - Superpeng

Von diesem Konzept sind nicht nur Heiligtag und ihr Team überzeugt. Immer mehr Bauern aus der Schweiz und dem Ausland interessieren sich für das Modell Lebenshof.

Sarah Heiligtag berät sie in der Umstellung.

Vegan boomt: Nachfrage nach Hofumstellung nimmt zu

In letzter Zeit habe die Nachfrage markant zugenommen, berichtet Heiligtag. «Aus ganz Europa kommen Anfragen. Vegan ist ein Trend und in den letzten fünf Jahren ist die Nachfrage nach pflanzlichen Produkten regelrecht explodiert. Die Bauern sehen, dass es sich lohnt, den Betrieb jetzt umzustellen», erklärt sie.

Typischerweise sind es Landwirte um die 35, die sie kontaktieren. «Sie haben sich schon länger mit der Frage auseinandergesetzt, wie man einen Hof betreiben kann, ohne zu töten. Sie haben den dabei gefühlten Schmerz jahrelang weggesteckt, weil ihnen gesagt wurde, dass das zum Alltag eines Bauernhofs dazugehöre.»

Auf dem Hof Narr wird Gemüse, Getreide und Obst angebaut. - Superpeng

Das Modell Hof Narr ist für diese jungen Landwirte ein Vorbild. Der Hof zeigt, dass es möglich ist, einen landwirtschaftlichen Betrieb komplett vegan zu führen.

Dabei gibt es verschiedene Arten, dieses Konzept umzusetzen. «Einige Bauern stellen auf einen Gemüsebetrieb um, behalten die Tiere als Mitlebewesen und Botschafterinnen für ihre Sache. Ihre körperliche Integrität bleibt ihnen aber erhalten.»

Andere haben dafür zu viele Tiere auf dem Hof. Sie lassen die Nutztierhaltung langsam zu Ende gehen und schaffen Platz für Neues.

Bei einer Umstellung auf einen veganen Bauernhof ist Kreativität gefragt. «Ich frage die Landwirte zu Beginn immer, was sie am liebsten tun würden, wenn sie finanziell unabhängig wären.

Einige würden gerne in den Kräuteranbau, andere möchten Blumen für Hochzeiten ziehen oder Soja anbauen. Das ist jeweils der Ausgangspunkt, um gemeinsam eine neue Ausrichtung des Hofs zu schaffen.»

Der Lebenshof Aurelio in Luzern ist ein Beispiel dafür, wie eine Umstellung gelingen kann. Aus einem gross produzierenden Hof mit Kühen, Schweinen, Hühnern und Alpakas ist ein Lebenshof geworden.

Die Tiere sind den Betreibern Claudia und Beat Troxler nun Lebensgefährten. Sie bauen Hafer an und experimentieren erfolgreich mit der Herstellung von Hafermilch.

Soziales Umfeld die grösste Herausforderung

Wie man mit dem umgestellten Hof Geld verdiene, sei aber nicht die grösste Herausforderung, meint Heiligtag, sondern das soziale Umfeld. Dass man plötzlich anders Landwirtschaft betreibe, kann als Affront empfunden werden. Bald würden die meisten Kritiker aber merken, dass man einen Betrieb auf vegan umstellen kann und trotzdem Landwirt bleibt.

Doch was bedeutet es eigentlich, Landwirtschaft vegan zu betreiben?

«Es bedeutet für mich, Mensch und Tier möglichst wenig Schaden zuzufügen Niemanden willentlich in seinen Bedürfnissen einzuschränken. Wir leben mit den Tieren, ohne sie auszunutzen, legt die Ethikerin dar.

Bei der Landwirtschaft, die auf einem friedlichen und nachhaltigen Konzept beruht, geht es nicht nur um das Wohlbefinden der Tiere. Im Zentrum steht auch die Frage, wie wir der nachfolgenden Generation eine intakte Welt überlassen können.

Gemeinsam mit ihrem Mann Georg Klingler (im Bild) gründete Sarah Heiligtag 2013 den Hof Narr. - Superpeng

«Aus ökologischer Sicht ist die Umstellung notwendig – und sie ist machbar. Wir müssen realisieren, dass wir nicht mehr so leben können, als hätten wir eine ewige Party. Wir sollten uns bewusst werden, dass wir nicht das einzige Lebewesen auf der Erde sind. Wir müssen die Verantwortung übernehmen, sodass es Mensch, Tier und Umwelt langfristig gut geht.»

Heiligtag wünscht sich daher, dass die Konsumenten mehr hinterfragen, woher die Produkte kommen. Und dabei mit Lust und Spass neue, ethische Produkte entdecken.

Sarah Heiligtag will niemanden bekehren oder dazu zwingen, den eigenen Hof umzustellen. Das müsse jeder selbst entscheiden, sagt sie. Dennoch ist klar: Die Zukunft ist für die umtriebige Landwirtin vegan

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Vegan-Expertin Mirjam Walser. - zVg

Mirjam Walser schreibt für Nau.ch regelmässig zum Thema vegan. Sie hat unter anderem ein veganes Start-up-Netzwerk und einen Onlineshop für vegane Mode mitgegründet.