Warum immer mehr Frauen sich den Intimbereich liften lassen
Straff, jung, knackig: Fürs Gesicht gilt das schon lange. Notfalls hilft eben der Gang zum Schönheitschirurgen. Jetzt ist der Trend auch «untenrum» angekommen.
Das Wichtigste in Kürze
- 2016 liessen sich weltweit offenbar über 138’000 Frauen die Schamlippen korrigieren.
- Das bedeutet einen Zuwachs um 45 Prozent im Vergleich zum Jahr davor.
- Eingriffe können nicht nur ästhetische, sondern medizinische Gründe haben.
Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Nur prägt die gesellschaftliche Norm von westlichen Schönheitsidealen diese Sichtweise häufig mit. Und damit geht Diversität verloren.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand beim Schönheitschirurgen eine niedliche Stupsnase wünscht, ist wesentlich höher, als das Bedürfnis nach einem auffälligen Zinken.
Ein voller Mund geht vor schmalen Lippen. Hohe Wangenknochen gewinnen gegen dicke Bäckchen. Das ist nichts Neues.
Schönheits-OPs im Intimbereich nehmen zu
Neu ist, dass der Trend nun in die Intimzone wandert. Immer mehr Frauen lassen sich die Vulva operieren. Unterziehen sich also chirurgischen Eingriffe an Klitoris, äusseren oder inneren Schamlippen. Oder vielleicht auch gleich an allem zusammen.
Laut der internationalen Gesellschaft für ästhetische und plastische Chirurgie liessen sich 2016 weltweit über 138’000 Frauen die Schamlippen korrigieren. Im Vergleich zum Jahr davor bedeutete das einen Zuwachs von 45 Prozent.
Labioplastik, Vaginalstraffung und Schamlippenverkleinerung: Korrektive Massnahmen zur perfekten Vulva gibt es viele. Nur – was ist schon perfekt? Und warum ist der Wunsch nach Korrektur im weiblichen Intimbereich so gross, obgleich ihn gewöhnlich nur eine geringe Anzahl an Menschen zu Gesicht bekommt?
Studie zeigt: «normale» Vulva gibt es nicht
Das Luzerner Kantonsspital (LUKS) hat versucht herauszufinden, wie eine «normale» Vulva aussieht. Dafür wurde die bisher grösste Studie der Welt zu dem Thema durchgeführt. In dem Zusammenhang hat ein Ärzteteam die Genitalien von 657 Frauen vermessen.
Das Resultat: «Normal» gibt es in dem Kontext nicht, vielmehr dominiert anatomische Vielfalt.
Dennoch: Das Körperbild, das im Internet verbreitet wird, suggeriert etwas anderes. Vor allem auch durch die weitverbreitete Verfügbarkeit von pornografischem Material. Hier werden Frauen häufig mit vermeintlich «idealen» vaginalen Merkmalen dargestellt. Glatt, rasiert und vorteilhaft präsentiert.
Dazu kommt die Enttabuisierung durch die zunehmende Thematisierung. So sorgt die Berichterstattung in den Medien dafür, dass sich viele Frauen überhaupt erst mit dem Sachverhalt Vulva-«Verschönerung» beschäftigen. Die Operationen im Intimbereich sind darüber hinaus wesentlich zugänglicher als noch vor einigen Jahren.
Und: Die Verfahren für chirurgische Eingriffsmöglichkeiten werden offener diskutiert. Auch das führt zu einer vermehrten Auseinandersetzung mit dem Thema. Nicht nur im stillen Kämmerlein, sondern auch auf breiter gesellschaftlicher Ebene.
Eingriff mitunter aus medizinischen Gründen nötig
Nicht alle Frauen entscheiden sich für entsprechende Veränderungen aus ästhetischen Gründen. Einige haben es tatsächlich mit körperlichen Beschwerden zu tun, beispielsweise aufgrund von übermässigen Hautfalten oder asymmetrischen Schamlippen. Das kann zu schmerzhaften Irritationen oder Unannehmlichkeiten in der Intimzone führen.
In solchen Fällen können Eingriffe an den äusseren Geschlechtsorganen auch eine medizinische Notwendigkeit sein.