Netanjahu: «Werden alle Kriegsziele erreichen»

Nach einem mutmasslichen Hisbollah-Drohnenangriff kündigte Israels Premier Netanjahu härtere Vergeltung an.

Benjamin Netanyahu ist fest entschlossen und kündigt härtere Vergeltung an. - Benjamin Netanyahu

Bei einem israelischen Luftangriff im Norden des Gazastreifens sind nach palästinensischen Angaben Dutzende Menschen getötet worden. Es sei ein Wohnkomplex im Ort Beit Lahia zerstört worden, in dem sich Zivilisten befunden hätten, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa.

73 Menschen seien getötet und zahlreiche Menschen verletzt worden. Israels Armee bezeichnete die Zahlen nach einer ersten Prüfung als übertrieben. Die Angaben beider Seiten können nicht unabhängig überprüft werden.

Netanjahu fest entschlossen

Unterdessen kündigte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach einem der libanesischen Hisbollah-Miliz zugeschriebenen Drohnenangriff, der laut Regierungsangaben Netanjahu gegolten hatte, weitere Schläge gegen die Feinde des einzigen jüdischen Staats an.

«Ich sage dem Iran und seinen Stellvertretern in seiner Achse des Bösen: Jeder, der versucht, den Bürgern Israels zu schaden, wird einen hohen Preis zahlen», sagte Netanjahu. «Israel ist entschlossen, alle seine Kriegsziele zu erreichen und die Sicherheitslage in unserer Region für die kommenden Generationen zu verändern.»

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. - keystone

Der als wichtigster Unterstützer der Hisbollah geltende Iran dementierte eine Beteiligung an dem Drohnenangriff, der sich im Küstenort Caesarea ereignete, wo Netanjahus Privathaus liegt. «Diese Operation wurde von der Hisbollah durchgeführt», erklärte die iranische UN-Mission in New York laut der Nachrichtenagentur Mehr.

Israels Aussenminister Israel Katz wies diese Darstellung mit drastischen Worten zurück: «Der primäre Stellvertreter, der Tentakel, den der Iran geschaffen, finanziert, bewaffnet, ausgebildet hat und nun bei all seinen Operationen kontrolliert, wird plötzlich als unabhängige Einheit dargestellt. Ihre Lügen und falschen Behauptungen werden Ihnen nicht helfen – Sie sind verantwortlich», schrieb er auf X.

Netanjahus Haus getroffen: Schwerer Fehler gewesen

Netanjahu schrieb auf X, der Versuch der Schiiten-Miliz, ihn und seine Frau «zu ermorden», sei ein schwerer Fehler gewesen. Sein Sprecher sagte nicht, wo genau die Drohne einschlug – solche Angaben dürfen in der Regel in Israel auch nicht veröffentlicht werden.

Eine Drohne schlug in der Nähe des Hauses von Benjamin Netanjahu ein. - dpa

Das US-Nachrichtenportal «Axios» sowie der britische «Guardian» hatten ohne Quellenangabe berichtet, dass Netanjahus Haus getroffen worden sei. Netanjahu und seine Frau seien zum Zeitpunkt des Angriffs nicht zu Hause gewesen, sagte ein Regierungssprecher der Deutschen Presse-Agentur. Laut der Armee wurde niemand verletzt.

Wieder heulen Sirenen in Israel

Die Hisbollah hatte nach der am Donnerstag bekanntgewordenen Tötung des Hamas-Chefs Jihia al-Sinwar im Gazastreifen eine Ausweitung ihrer vor gut einem Jahr begonnenen Angriffe gegen Israel angekündigt.

Bereits kurz vor Sinwars Tod waren bei einem Drohnenangriff der Miliz auf einen israelischen Armeestützpunkt nahe der Stadt Binjamina vier Soldaten getötet worden. Mehr als 50 Soldaten wurden bei der Attacke 60 Kilometer nördlich von Tel Aviv verletzt. Ein israelischer Armeesprecher erklärte daraufhin, man werde daraus lernen und künftig besser gewappnet sein.

Israelis inspizieren die Trümmer eines Gebäudes in Tel Aviv, das von einer aus dem Gazastreifen abgefeuerten Rakete getroffen wurde. - dpa

Laut neuen Angaben der Armee vom späten Abend feuerte die Hisbollah im Verlauf des Tages nun erneut etwa 200 Geschosse vom Libanon auf Israel ab. Auch in der Nacht heulten im Norden Israels wieder die Warnsirenen. Israels Militär griff seinerseits erneut südliche Vororte der libanesischen Hauptstadt Beirut an. Die libanesische Nachrichtenagentur NNA berichtete, im Vorort Haret Hreik habe es wieder eine ganze Reihe an Einschlägen gegeben. Laut Israels Militär galten die Angriffe Waffenlagern und einem Geheimdienst-Hauptquartier der Hisbollah.

Israel greift weiter im Libanon an

Israels Militär betont zwar stets, es ergreife Massnahmen, um Zivilisten zu schützen. Allerdings werden immer wieder unschuldige Menschen getötet oder verletzt. Die US-Regierung als wichtigster Verbündeter kritisierte Israel kürzlich ungewöhnlich deutlich für die Angriffe im Gebiet von Beirut und rief zur Rücksichtnahme auf. Israels Militär wirft der Hisbollah indes vor, Waffenlager und Produktionsstätten in Beirut bewusst unter Wohnhäusern eingerichtet zu haben, um Zivilisten quasi als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.

Warten auf Israels Vergeltungsschläge

Nachdem der mit Hisbollah und Hamas verbündete Iran vor zwei Wochen rund 200 ballistische Raketen auf Israel gefeuert hatte, kündigte Netanjahus Regierung Vergeltung an. Wann und wie Israel zurückschlagen wird, ist weiterhin offen.

Die US-Behörden untersuchen Medienberichten zufolge die Veröffentlichung mutmasslicher US-Geheimdienstinformationen über Israels Pläne für die Vergeltungsschläge. Die auf den 15. und 16. Oktober datierten streng geheimen Dokumente kursierten seit Freitag im Netz und seien zunächst auf der Plattform Telegram veröffentlicht worden, berichtete der US-Sender CNN.

Israelische Iron-Dome-Raketen fangen Raketen aus dem Gazastreifen ab. (Symbolbild) - Ilia Yefimovich/dpa

Eine mit der Angelegenheit vertraute Person habe die Echtheit der Dokumente bestätigt. Dem Nachrichtenportal «Axios» zufolge beschreiben sie «detailliert Massnahmen, die in den vergangenen Tagen auf mehreren israelischen Luftwaffenstützpunkten durchgeführt» worden seien.

Derweil geht Israels Armee auch im Gazastreifen weiter gegen militante Islamisten vor. Nach Angriffen im Flüchtlingslager Dschabalia im Norden des abgeriegelten Küstengebiets mussten nach palästinensischen Angaben alle drei Krankenhäuser dort ihren Betrieb einstellen. Zwei davon seien am 18. Oktober direkt angegriffen worden, kritisierte das UN-Nothilfebüro Ocha.

In den vergangenen zwei Wochen hätten die israelischen Streitkräfte den Druck auf diese Krankenhäuser erhöht, damit sie evakuiert werden, hiess es. Patienten könnten jedoch nirgendwo hin und seien ebenso wie medizinisches Personal und Vertriebene verletzt worden.