Venezolanische Jugendliche flüchten nach Kolumbien
In Kolumbien gibt es immer mehr Flüchtlinge aus dem im Chaos versinkenden Venezuela. Doch nach Hunderttausenden Neuankömmlingen kippt die Stimmung in Kolumbien nun.
Das Wichtigste in Kürze
- Immer mehr Venezolaner flüchten ins benachbarte Kolumbien.
- Kolumbien erwägt nun den Bau von grossen Flüchtlingslagern.
Inzwischen leben rund 300'000 Venezolaner in Kolumbien leben, davon mindestens 140'000 illegal. Im Land ist von einem «Exodus» ist die Rede. Und wenn Venezuela nach Einschätzung führender Ratingagenturen in Kürze als pleite eingestuft werden sollte, könnte die Zahl wegen einer weiteren Verschärfung der Versorgungskrise rasant ansteigen.
In der 150'000-Einwohner-Stadt Rohacha, 90 Kilometer von Venezuelas Grenze entfernt, leben die junge Venezolaner auf der Strasse. Die vielen Flüchtlinge schlafen unter freiem Himmel.
«Wenn sie Maduro stürzen, dann gehen wir zurück und bauen das neue Venezuela auf», sagt Alberto José González (17), er stammt aus der Ölmetropole Maracaibo.
«Es ist besser hier zu sein, als in Venezuela zu sterben», sagt González. In Venezuela, dem ölreichen Land, hungern inzwischen 13 Prozent der Menschen, hat die Welternährungsorganisation ermittelt. Im Müll wird nach Essen gesucht, Kinder sterben, weil Medikamente fehlen.
«Die arbeiten für die Hälfte des Geldes, für das Kolumbianer arbeiten», erzählt der Taxifahrer Gardel. «Die Spannung steigt, auch weil für viele die Lage aussichtslos ist.» Die Zeitung «Diario de Norte» berichtet fast täglich über Straftaten und die Sorgen der Bürger.
Flüchtlingslager wie in der Türkei
Kolumbiens Präsident und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos erwägt bereits den Bau grosser Flüchtlingslager, um den Ansturm aus Venezuela zu bewältigen. Mehrere Venezolaner wurden schon ermordet; per Zeitungsfotos wird versucht, die Identität der Leichen zu ermitteln. Der Sicherheitsberater von Präsident Santos, Juan Carlos Restrepo, ist vor einigen Monaten in die Türkei geflogen, um die riesigen Camps mit Flüchtlingen aus Syrien zu besuchen. Dort leben rund drei Millionen Menschen.
«Der Bau von Lagern in Kolumbien ist das schlechteste Szenario», sagte Restrepo der Zeitung «El Colombiano». «Das wird es nur geben, wenn es einen Tsunami an Leuten gibt und sie bleiben.» Viele ziehen auch weiter Richtung Ecuador, Peru und Chile.Als humanitäre Geste will die Regierung rund 150'000 bis 200'000 geflüchteten Menschen einen Sonderaufenthaltsstatus gewähren, mit dem sie zwei Jahre bleiben dürfen. Aber neben den Sondervisa gibt es kaum staatliche Hilfen – das zeigt sich auf der Plaza de India, manchmal kommen Einheimische vorbei und bringen Töpfe mit Reis und Hühnchen.