Datenschutz: Verfassungsbeschwerde gegen Staatstrojaner eingereicht
Mehrere Kläger haben vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe Beschwerde gegen eine Spähsoftware eingereicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Mehrere Kläger reichen beim Bundesverfassungsgericht Anklage gegen eine Spähsoftware ein.
- Durch die Software können die Behörden etwa die Kommunikation in Messengern überwachen.
Mit den umstrittenen sogenannten Staatstrojanern muss sich nun auch das Bundesverfassungsgericht befassen. Mehrere Kläger reichten am Dienstag vor dem höchsten deutschen Gericht in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde gegen die gesetzlichen Regelungen ein, wie der Datenschutzverein Digitalcourage mitteilte. Sie fordern demnach, die entsprechenden Passagen in der Strafprozessordnung für verfassungswidrig zu erklären.
Zu den Klägern gehören laut dem Verein Juristen, Grundrechtsaktivisten und Künstler. Beteiligt ist unter anderem der Autor und Kabarettist Marc-Uwe Kling. Mithilfe sogenannter Staatstrojaner können Ermittler etwa die Kommunikation in Messengerdiensten überwachen.
«Die Quellentelekommunikationsüberwachung und die Onlinedurchsuchung überschreiten die äusserste Grenze rechtsstaatlicher Ausforschung der Intimsphäre zum Zweck der Strafverfolgung bei weitem», erklärte Klagevertreter Jan Dirk Roggenkamp. Digitalcourage-Gründerin Rena Tangens kritisierte, wer Smartphones heimlich beobachte, «forscht letztlich die Gedankenwelt der Nutzer aus und kann Persönlichkeitsbilder erstellen, die umfangreicher, gläserner nicht sein können».
Gegen den Einsatz der Spähsoftware werden noch weitere Verfassungsbeschwerden erwartet. So kündigte auch die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) an, vor das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe zu ziehen. Kläger sind in diesem Fall laut GFF der ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt, der in Deutschland im Exil lebende türkische Journalist Can Dündar, Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz und ein Berliner Strafverteidiger.
Auch FDP-Politiker planen eine Verfassungsbeschwerde. Die Überwachung von Smartphones und Computern sei «ein besonders schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Die grosse Koalition habe es nicht vermocht, mit ihrer Regelung der Onlinedurchsuchung die Grenzen der Verfassung einzuhalten. Sie habe diese vielmehr «bewusst überschritten». Die FDP nehme nun eine Verfassungsbeschwerde in Angriff.
Die Linksfraktion begrüsste die Verfassungsbeschwerde des Vereins Digitalcourage. «Die Bundesregierung macht sich zum Instrument von Polizei und Geheimdiensten und fährt einen ungebremsten Angriff auf Privatsphäre und Bürgerrechte», erklärte die Linken-Abgeordnete Martina Renner.
Der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, verteidigte die Staatstrojaner gegen die Kritik. Im Zeitalter der verschlüsselten Kommunikation müsse es bei besonders schweren Straftaten im Einzelfall und auf Grundlage einer richterlichen Anordnung möglich sein, diese Kommunikation zu überwachen, sagte Münch dem «Handelsblatt».