Homeoffice: Chefs wollen es verbieten - es geht «um Macht»

Unternehmen wie SAP, Volkswagen und die Deutsche Bank wollen weniger Homeoffice. Doch Studien sprechen dem «Return-to-Office»-Zwang keine guten Noten aus.

SAP-Chef Christian Klein kämpfte sogar vor Gericht um die Rückkehr seiner Mitarbeiter ins Büro. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Chefs blasen zum Kampf gegen das Homeoffice und wollen ihre Mitarbeiter zurück im Büro.
  • Ein Experte sagt, es habe mit der wirtschaftlich herausfordernden Lage zu tun.
  • Eine Studie zeigt aber, dass Mitarbeiter nicht zurück ins Büro gezwungen werden wollen.

Mehrere deutsche Firmen erleben gerade eine neue Bewegung im Arbeitsleben: «Return to Office» – oder auch «weniger Homeoffice». Vor allem Grosskonzerne wollen ihre Mitarbeiter wieder im Büro sehen. Es wird unter anderem behauptet, dass die Unternehmenskultur und Zusammenhalt durch das Homeoffice gelitten hätten.

So begründete etwa SAP-Chef Christian Klein seinen Kampf fürs Büro-Schuften wie folgt: Mit Einarbeitung neuer Kollegen und mehr Innovation durch persönliche Treffen. Der Chef der Deutschen Bank wiederum hatte gesagt, dass man besser voneinander lernen könne, wenn man vor Ort zusammen sei.

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Der Wunsch der Chefs ist klar: Mitarbeiter sollen zurück ins Büro. Das zeigt auch eine im Herbst vergangenen Jahres weltweit durchgeführte Studie mit 1325 Firmenchefs. Dort ergab sich, dass fast zwei Drittel glaubten, ihre Angestellten kämen innerhalb der nächsten drei Jahre Vollzeit ins Büro zurück.

Experte über Kampf gegen Homeoffice: «Es geht um Macht»

Gegenüber dem «Spiegel» sagt Wirtschaftspsychologe Carsten Schermuly, dass es beim «Return-to-Office»-Trend um Macht gehe. «In einer wirtschaftlich herausfordernden Situation geht es um die Demonstration von Stärke.» Das Bedürfnis nach Kontrolle sei gross.

«Vielleicht auch, um Aktionären und anderen Stakeholdern zu zeigen, dass man die Lage im Griff hat.» Das Resultat sei aber, dass die Mitarbeitenden hilfloser werden, sagt der Experte. «In schwierigen Situationen setzen sich aus Stress und Angst alte Führungsstile durch, die das trügerische Gefühl von Kontrolle vermitteln.»

Homeoffice ist auch nach der Corona-Pandemie in vielen Firmen präsent. Grössere Unternehmen verfolgen aber mittlerweile den «Return-to-Office»-Trend. - pixabay

Schermuly betont aber auch, dass die freie Wahl – also Homeoffice oder nicht – ein zweischneidiges Schwert sei. Einerseits steige zwar die individuelle Zufriedenheit, dafür würden «die Identifizierung mit dem Unternehmen und Kreativität» leiden.

Erschöpfungslevel nimmt bei Büro-Zwang zu

Während die Chefs zum Kampf gegen das Homeoffice blasen, haben ihre Mitarbeiter andere Vorstellungen. Eine Langzeitstudie der Universität Konstanz hat ergeben, dass gerade einmal neun Prozent der Beschäftigten ausschliesslich im Büro arbeiten möchten. Die Mehrheit (73 Prozent) wünscht sich eine Mischform, knapp ein Fünftel möchte nur von zu Hause aus arbeiten.

Die Studie zeigt ausserdem, dass eine Präsenzpflicht, wie sie viele Firmen derzeit ins Auge fassen, nach hinten losgehen könnte. Laut der Studie steigt nämlich das Erschöpfungslevel der Beschäftigten, wenn man sie zurück ins Büro zwingt.

Wer zurück ins Büro gezwungen wird, erlebt laut einer Studie ein grösseres Erschöpfungslevel. - Bernd Diekjobst/dpa-tmn/dpa

Diese Erkenntnis deckt sich mit den Resultaten einer Studie von der Universität Pittsburgh. Der Forscher Mark Ma fand bei 137 der 500 umsatzstärksten US-Firmen verpflichtende Regelungen zur Rückkehr in die Büropräsenz.

Er stellte dabei fest, dass keine der Regelungen für die Unternehmen eine messbare Leistungssteigerung bewirkte. Einzig die Unzufriedenheit der Mitarbeitenden stieg deutlich an. Ma kam zum Schluss, dass es Chefs wohl darum gehe, einen Sündenbock zu haben, wenn es im Unternehmen schlecht laufe.