Homeoffice: Schweizer Firmen schwärmen weiterhin davon

Riccardo Schmidlin
Riccardo Schmidlin

Bern,

SAP-Chef Christian Klein will Mitarbeiter zurück ins Büro holen – und setzt einen Trend. Doch in der Schweiz wollen Unternehmen am Homeoffice festhalten.

Homeoffice
Der Trend geht international weg vom Homeoffice – nur nicht in der Schweiz. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Immer mehr internationale Firmen wollen ihre Mitarbeitenden ins Büro zurückholen.
  • Doch: In der Schweiz hält man vielerorts am Homeoffice fest.
  • Das flexible Arbeiten liegt im Trend: Oft wechseln Büro und Homeoffice einander ab.

Er bläst zum Kampf gegen Homeoffice: Christian Klein, Chef des deutschen Software-Giganten SAP, will seine Mitarbeitenden zurück ins Büro holen. Bislang mussten sie zwei Tage in der Woche im Büro arbeiten. Zuvor konnten Beschäftigte sogar komplett von zu Hause aus arbeiten.

Wirtschaftspsychologe Carsten Schermuly sagte kürzlich, dass es dabei um Macht gehe. «In einer wirtschaftlich herausfordernden Situation geht es um die Demonstration von Stärke. Vielleicht auch, um Aktionären und anderen Stakeholdern zu zeigen, dass man die Lage im Griff hat.» Das Bedürfnis nach Kontrolle sei gross.

Christian Klein Homeoffice
SAP-Chef Christian Klein kämpfte sogar vor Gericht um die Rückkehr seiner Mitarbeiter ins Büro. - Keystone

Pikant: Klein gilt als Trendsetter. Und tatsächlich verzichten nun immer mehr Unternehmen auf Homeoffice. Kürzlich gab sogar das Videotelefonie-Unternehmen Zoom, das vielerorts Homeoffice überhaupt möglich macht, das Homeoffice auf.

Zwei Tage Büro pro Woche sind jetzt das Minimum. Nur für den Chef gilt die Büropflicht nicht.

Schweizer Firmen wollen nicht zurück ins Büro

Doch in der Schweiz sind Firmen noch nicht auf den Zurück-ins-Büro-Zug gesprungen. Die Firmen halten weiterhin am Modell des Homeoffice fest und loben dessen Vorteile gegenüber Nau.ch.

Zum Beispiel die Swiss Market Place Group (SMG), bekannt durch Plattformen wie Tutti und Ricardo.

Ricardo.ch
Die Swiss Market Place Group, die unter anderem hinter Ricardo.ch steckt, schwärmt vom Homeoffice. - Screenshot

«Bei der SMG gibt es sehr wenige Mitarbeitende, die gar nicht im Homeoffice arbeiten. Über alle Mitarbeitenden gesehen, würden wir den Anteil von Homeoffice-Mitarbeitenden auf 95 Prozent schätzen. Und diese arbeiten schätzungsweise 40 Prozent Onsite und 60 Prozent im Homeoffice», sagt Roswitha Brunner von SMG.

Fixe Bürotage werden nicht vorgeschrieben. «Die Teams können aber beispielsweise fixe Team-Office-Tage selbst bestimmen. Und natürlich dürften Mitarbeitende auch zu 100 Prozent im Büro arbeiten, wenn sie das möchten», so Brunner.

Bei den meisten Schweizer Unternehmen arbeiten die Mitarbeitenden allerdings nicht täglich von zu Hause aus – sondern wechseln ab.

Flexibilität als Schlüssel zum Erfolg

Das Techunternehmen ABB Schweiz ist grosser Befürworter des flexiblen Arbeitens: «Nach wie vor ist bis zu 80 Prozent Homeoffice bei ABB in der Schweiz möglich», so Eike Christian Meuter. Er betont die Vorteile für beide Seiten: Für das Unternehmen bedeutet es höhere Produktivität/Effizienz, für die Mitarbeiter höhere Zufriedenheit/Motivation.

Nestlé hat schon seit über zehn Jahren ein flexibles Arbeitsumfeld eingeführt und sieht darin viele Vorteile.

Die Schweizerische Post setzt ebenfalls auf Flexibilität. Doch ganz ohne Büro geht es beim Gelben Riesen nicht. Die Post plant bis 2030 zwölf regionale Büro-Hubs zu errichten, um ihren Mitarbeitern moderne Arbeitsplätze anzubieten.

Post-Sprecher Stefan Dauner sagt: «Die Post will Büroflächen in der richtigen Grösse am passenden Ort und mit der passenden Ausstattung. Die Post zwingt ihre Mitarbeitenden also nicht ins Büro.» Vielmehr werden die Standorte analysiert und den Mitarbeitenden die Räume angeboten, die für sie sinnvoll seien.

Hybrides Modell als Lösung

Auch die Swisscom fördert noch immer mobiles Arbeiten. Armin Schädeli erklärt: «Für uns ist ein sinnvoller Mix von Büroarbeit und Homeoffice wichtig. Unsere Mitarbeitenden sollten daher mindestens zwei Tage pro Woche im Büro arbeiten.» Diese Lösung habe sich bewährt.

Auch der Internetdienstleister Green.ch sowie die Banken Raiffeisen, die Zürcher Kantonalbank und UBS setzen auf ein hybrides Arbeitsmodell.

«In der Schweiz arbeiten viele Mitarbeitende von UBS in einem hybriden Arbeitsmodell. Ein Mix aus Arbeiten im Büro und von zu Hause. Dies kommt sehr gut an», sagt Maren Rimmer.

Bei Raiffeisen kann gar bis zu 80 Prozent der Arbeit ortsunabhängig erledigt werden, wenn die Tätigkeit dies zulässt. «Die Möglichkeit, ortsunabhängig zu arbeiten, wird von Mitarbeitenden wie auch Führungspersonen gleichermassen geschätzt und genutzt.»

Arbeitest du gerne im Homeoffice?

Auch Google bietet seinen Mitarbeitenden weltweit einen Mix: Drei Tage im Büro, zwei Tage remote und vier Wochen pro Jahr können sie von einem beliebigen Ort aus arbeiten. Und somit auch in Zürich.

Schindler schraubt Homeoffice zurück

Öffentlichkeitswirksam hat in der letzten Zeit nur der Schweizer Liftbauer Schindler beim Homeoffice zurückgekrebst. Während in einigen Konzerneinheiten früher 100 Prozent von zu Hause aus erledigt werden konnte, gibts nun noch einen Tag Homeoffice.

homeoffice schindler
Die Aufzug-Firma Schindler mit Sitz in Ebikon LU gesteht ihren Mitarbeitern nur noch einen Tag Homeoffice pro Woche zu. - keystone

Das Unternehmen rechtfertigt den Schritt per Anfang Mai mit «Solidarität». Schliesslich können die Angestellten in der Produktion nicht von zu Hause aus arbeiten.

Kommentare

User #1352 (nicht angemeldet)

Leider ist das Gegenteil der Fall von dem, was in diesem Artikel geschrieben steht.

User #3707 (nicht angemeldet)

Es ist einfach nur verrückt, dass nach Corona nun CO2 usw. wieder Thema Nummer 1 ist, aber ungleich zu Corona gibt es keine HO Pflicht mehr. Jedes unsägliche Mal, an dem ich doch ins Büro muss (pro forma, quasi um mich zu zeigen), hocke ich im kilometerlangen Stau, muss mir dann im Geschäft meine Portionen Gehuste und Geniesse abholen, um dann am Abend wieder im Stau zu hocken (und diesen natürlich mitzuverursachen). Und wenn man mit den OEV geht, wird es immer enger, je näher man an die Stadt kommt. Erkältungen, Grippe und Co. lassen dann nicht lange warten. Und im Geschäft wird nonstop geschnattert. Konzentration ist sehr schwierig, wenn man sich ans HO gewöhnt hat. Ich glaube nicht, dass es für den Arbeitgeber insgesamt einen Vorteil darstellt, die Angestellten ins Büro zu beordern, solange es digital gleich gut geht. Für den Arbeitnehmer ist es aber oft ein riesiger Nachteil. AUSSER: Man ist ein Typ, der engen sozialen Kontakt bei der Arbeit für die Psyche braucht. Und natürlich bringt es dem Arbeitgeber nichts, faule Drückeberger im HO arbeiten zu lassen. Aber ganz ehrlich: Die Drückeberger machen das Gleiche auch im Geschäft. Also wohl besser gleich zur Tür begleiten.

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