Welle der Solidarität in Frankreich nach Enthauptung eines Lehrers

Vergangenen Freitag wurde ein Geschichtslehrer in Frankreich auf brutalste Weise ermordet. Die Solidarität der Franzosen ist gross.

Eine Person hält ein Schild, worauf «Ich bin Lehrer» steht bei einer Demonstration in Paris. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Am Freitag wurde nahe Paris ein Lehrer enthauptet.
  • Die Solidarität in Frankreich ist riesig.
  • Zehntausende gingen auf die Strasse und demonstrieren für Meinungsfreiheit.

Minutenlanger Applaus im Gedenken an den brutal ermordeten Lehrer: Zehntausende haben in Frankreich mit einer riesigen Welle der Solidarität an den getöteten Lehrer erinnert und für Meinungsfreiheit demonstriert. Auf der Pariser Place de la République versammelten sich am Sonntagnachmittag trotz Corona Tausende.

«Ihr macht uns keine Angst. Wir haben keine Angst», schrieb Premier Jean Castex, der ebenfalls bei der Kundgebung war. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Geschichtslehrer von einem 18-Jährigen enthauptet wurde. Er soll ermordet worden sein, weil er Karikaturen des Propheten Mohammed im Unterricht gezeigt hatte.

Der 18-jährige Täter twitterte über Mord

Die brutale Ermordung des 47-jährigen Samuel Paty hatte in ganz Frankreich riesiges Entsetzen ausgelöst. Auch in Städten wie Marseille oder Bordeaux gingen zahlreiche Menschen auf die Strasse. Staatsanwalt Jean-François Ricard schilderte am Wochenende, dass der Lehrer Anfang Oktober seinen Schülern das Thema Meinungsfreiheit näher bringen wollte. Anlass war die Diskussion um die erneute Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen im Satireblatt «Charlie Hebdo».

Eine Person hält das Bild des verstorbenen Samuel Paty bei Demonstrationen in Lille. - Keystone

Der laut Staatsanwaltschaft 2002 in Moskau geborene Täter mit russisch-tschetschenischen Wurzeln wurde kurz nach der Tat von der Polizei erschossen. Er veröffentlichte zuvor noch ein Foto des Opfers und schrieb, dass dieser den Propheten herabgesetzt habe.

Auf der Pariser Place de la République herrschte am Sonntagnachmittag dichtes Gedränge. Um Punkt 15 Uhr klatschten die Menschen minutenlang, um an den ermordeten Samuel Paty zu erinnern. Die brutale Attacke trifft Frankreich mitten in der zweiten Corona-Welle, von der das Land schwer getroffen ist. Die Demo soll Medien zufolge dennoch von den Behörden genehmigt worden sein.

Ein Mädchen hält ein Schild, worauf «Ich bin frei, mich auszudrücken» steht bei einer Demonstration in Montpellier. - Keystone

«Ich bin hier, um die Meinungsfreiheit zu verteidigen, die Freiheit der Lehre», sagt die 61-jährige Muriel. In ihrer Hand hält sie ein Schild, auf dem «Je suis enseignant.e» steht - zu Deutsch: «Ich bin Lehrer/in». Damit erinnerte sie wie viele andere an das Schlagwort «Je suis Charlie».

Frankreich leidet unter islamischen Terrorakten

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte bereits kurz nach der Tat sichtlich erschüttert von einem islamistischen Terrorakt gesprochen. Am Sonntag sollte unter seinem Vorsitz ein Verteidigungsrat tagen. Am Mittwoch will Frankreich mit einer nationalen Gedenkfeier an den brutal getöteten Lehrer erinnern.

Der Lehrer war am Freitagnachmittag im Pariser Vorort Conflans-Sainte-Honorine in der Nähe seiner Schule enthauptet worden. Mehrere Menschen aus dem Umfeld des Täters befanden sich am Sonntag in noch Polizeigewahrsam.

Französische Sicherheitskräfte beim Tatort vor dem ehemaligen Redaktionsgebäude von «Charlie Hebdo». - Keystone

Erst vor wenigen Wochen hatte ein Mann vor dem ehemaligen Redaktionsgebäude von «Charlie Hebdo» zwei Menschen mit dem Messer attackiert. Er gab als Motiv ebenfalls Mohammed-Karikaturen an, die das Magazin veröffentlich hatte. Frankreich wird seit Jahren von einer islamistischen Terrorwelle heimgesucht, bei der bisher mehr als 250 Menschen starben.