Brienz GR: Sprengung unmöglich – wegen Versicherung
In Brienz GR droht ein weiterer Bergrutsch, das Dorf muss erneut geräumt werden. Eine einfache Lösung, um die Gefahr zu beseitigen, gibt es offenbar nicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Brienz GR droht eine erneute Evakuierung wegen instabiler Geröllmassen
- Eine Sprengung zur Stabilisierung gilt als zu riskant und rechtlich problematisch.
- Ein Entwässerungsstollen soll die Rutschung bremsen, wirkt aber erst mittelfristig.
Die Einwohner von Brienz GR müssen erneut mit einer Evakuierung rechnen, wie die Gemeinde Albula/Alvra am Samstag mitteilte. Grund dafür sind 1,2 Millionen Kubikmeter Schutt und Geröll oberhalb des Dorfes, die sich langsam ins Tal bewegen.
Gegenüber «Schweiz aktuell» erklärt Stefan Schneider, dass sich die Situation mit dem Regen verschärfen könnte. «Wenn es das nächste Mal regnet, müssen wir davon ausgehen, dass die Geschwindigkeiten auf der Schutthalde zunehmen.» Ein Kollaps sei dann nicht mehr ausgeschlossen«, so der Geologe und Leiter des Frühwarnsystems in Brienz.
Die Menschen müssten deshalb das Dorf verlassen, doch wann genau und wie lange, ist noch unklar. Schneider meint: «Es ist gut möglich, dass wir die Leute jetzt evakuieren, und es passiert lange nichts.»
Die etwa 90 Einwohner befinden sich in einer schwierigen Lage. Wie schon zuvor müssen sie jetzt mit wochen- oder monatelanger Ungewissheit leben. Gibt es nicht eine Möglichkeit, die Gefahr schnell zu beseitigen, anstatt ihr immer wieder auszuweichen?
Sprengung wegen Sicherheit und Versicherungsfragen nicht möglich
Wie Geologe Stefan Schneider erwähnt, hätten sich sein Team und er mit dem Vorschlag einer kontrollierten Sprengung der Schutthalde befasst. Doch die Experten seien zum Schluss gekommen, dass zu viel dagegen spricht.
«Einerseits geht es um die Sicherheit. Man müsste, im Hang Bohrlöcher anbringen und das wäre einfach zu gefährlich und schlicht nicht möglich.» Zweitens würde sich bei dem Vorgehen auch eine «versicherungstechnische Frage» stellen, so der Experte.
Mit anderen Worten – es geht um die Frage: Wer würde für allfällige Schäden im Dorf aufkommen? Oder wie Schneider es sagt: «Wenn man dies von Menschenhand von oben runtersprengt und das Dorf dann kaputt ist – dann ist eigentlich der, der die Sprengung ausgelöst hat verantwortlich.»
Dann sei es eben nicht die Natur, sondern der Mensch gewesen und es gehe dann um gesellschaftliche und politische Diskussionen. «Diese zu führen, ist aber nicht ganz einfach», sagt der Geologe und fügt an: «Stand heute und auch in Zukunft bezweifle ich, dass eine Sprengung möglich sein wird.» Ganz vom Tisch sei das Thema aber nicht.
Entwässerungsstollen soll Rutschung verlangsamen
Es gibt aber trotzdem gute Nachrichten für die Einwohner von Brienz. Die Behörden arbeiten nämlich an einer Lösung, um die Rutschung zumindest zu verlangsamen. Unter dem Dorf wird ein Entwässerungsstollen gebaut, um das Wasser im Hang abzuleiten. Die Wirksamkeit wurde bereits durch einen Sondierstollen bestätigt, der nun erweitert wird. Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf etwa 40 Millionen Franken.
Der Ausbau hat aber laut Geologe Schneider erst im Juni dieses Jahres begonnen. «Man ist mit Hochdruck dran. Die Wirkung wird sukzessive und vorzu eintreten.» Die Bauarbeiten sollen voraussichtlich Ende 2027 abgeschlossen sein, sodass die Massnahme aber erst mittelfristig greift.