Power-to-Gas könnte Alternative zu russischem Gas sein

Die schweizweit einmalige Power-to-Gas Anlage produziert aus Abfall und Klärschlamm erneuerbares Methangas. Es sei eine Schlüsseltechnologie der Energiewende.

Die erste industrielle Power-to-Gas Anlage der Schweiz. - sda - Limeco

Das Wichtigste in Kürze

  • Mitte Mai geht die Power-to-Gas-Anlage in Dietikon ZH in Betrieb.
  • Das ist die erste dieser Art in der Schweiz.
  • Das Regiowerk Limeco wird die 14 Millionen Franken teure Anlage betreiben.

Europa möchte dringend unabhängiger von russischem Öl und Gas werden. Auch die Schweiz suchte nach einer geeigneten Lösung angesichts des Ukraine-Kriegs. Eine Power-to-Gas Anlage könnte die Lösung sein. Aus Abfall und Abwasser soll dabei klimaneutrales Gas entstehen.

«Es ist entscheidend, dass die Schweiz unabhängiger wird von ausländischem Erdgas», sagte Benoît Revaz, Direktor beim Bundesamt für Energie (BFE). Die Anlage zeige, dass die Produktion von erneuerbarem Gas hierzulande möglich sei.

Regiowerk Limeco betreibt die Anlage

Betrieben wird die 14 Millionen Franken teure Anlage vom Regiowerk Limeco. Dieses betreibt im Limmattal eine Kläranlage, eine Kehrichtverwertungsanlage und ein Fernwärmenetz. Besonders ist, dass für die Gasproduktion einerseits überschüssiger Strom aus der Müllverbrennung genutzt wird sowie andererseits Klärgas aus der Abwasserreinigung.

Während der Elektrolyse wird mit dem Strom aus Wasser Wasserstoff gewonnen. Der Wasserstoff wird wiederum in einem Bioreaktor mit dem CO2 im Klärgas aus der Abwasserreinigung zu Methangas. Anschliessend wird das «grüne» Gas, das chemisch gleich zusammengesetzt ist wie Erdgas, ins Gasnetz eingespeist.

Limeco hat das Projekt 2020 in Zusammenarbeit mit acht Energieversorgern gestartet. Diese haben sich für 15 Jahre verpflichtet, das Gas abzunehmen. Partner ist zudem auch Swisspower, ein Stadtwerke-Verbund, zu dem auch Limeco selbst gehört. Ende März sei im Probebetrieb bereits erstmals Gas ins Netz eingespeist worden.

Gas kann für den Winter gespeichert werden

Gas lässt sich im Vergleich zu Strom besser speichern. Mit der sogenannten Power-to-Gas Anlage könne Strom in Form von Gas im Sommer für den Winter gespeichert werden. Das sagte Limeco-Geschäftsführer Patrik Feusi.

Denn in der kalten Jahreszeit ist der Bedarf höher. Bei einem Angebotsüberschuss im Sommer werde bei Limeco derzeit noch Strom in den Kühltürmen «verbrannt».

Die Power-to-Gas Anlage hat eine Elektrolyse-Leistung für die Wasserstoffproduktion von 2,5 Megawatt und produziert rund 18'000 Megawattstunden synthetisches Gas jährlich. Es gebe keine vergleichbare Anlage nach diesem Prinzip und in der Grösse, hiess es.

Limeco wird nichts an der Power-to-Gas-Anlage verdienen. - keystone

Verdienen wolle Limeco an der Gasproduktion nichts. Der Verkauf erfolge zu Gestehungskosten, um den Preis nicht künstlich hochzutreiben. Ziel sei es zu beweisen, dass die Technologie funktioniere und dass sie industriell wirtschaftlich sein könne. Mit wirtschaftlich sei dabei gemeint, dass die Kosten ohne Subventionen gedeckt würden, sagte Limeco-Chef Feusi.

So schnell dürfte das Konzept wohl aber nicht flächendeckend von anderen Müllverbrennungsanlagen kopiert werden. In einem Markt mit sehr hohen Strompreisen sei es nicht das Naheliegendste, Strom in Gas umzuwandeln. Das räumte Thomas Peyer von Swisspower ein.

Power-to-Gas noch in den ersten Zügen

Sollte aber der Ausbau der Solarenergie in der Schweiz wie geplant vorankommen, dürfte sich das ändern. Vor allem, wenn es in sehr sonnigen Zeiten im Sommer regelmässig zu einem Angebotsüberschuss kommen sollte. Dann könne er sich vorstellen, dass andere dem Beispiel folgen werden. Power-to-Gas stehe noch am Anfang, aber das Projekt sei ein Meilenstein.

Bereits heute importiert die Schweiz im Winter Strom aus dem angrenzenden Ausland. Und ab 2025 könnte es laut der Regulierungsbehörde Elcom in der kalten Jahreszeit zu Engpässen kommen. Die Energiestrategie 2050 des Bundes sieht vor, den Strom aus Atomkraft durch Solar-, Wasser- und Windkraft zu ersetzen.

Die Strompreise hatten sich bereits im vergangenen Jahr merklich verteuert. Und sind im Zuge des Kriegs in der Ukraine auf nie gesehene Niveaus explodiert. Treiber ist dabei die Angst vor einem europäischen Energie-Embargo gegen Russland oder vor einer Einstellung der Gaslieferungen vonseiten Russlands selbst. Auch die Gaspreise sind massiv gestiegen.