Frau von Kutter: Leute versteckten sich «hinter Migros-Gestell»
Seit einem Skiunfall ist der Zürcher Mitte-Nationalrat Philipp Kutter im Rollstuhl. Seine Frau gibt Einblick in das Leben nach dem Schicksalsschlag.

Das Wichtigste in Kürze
- Philipp Kutter ist seit gut zwei Jahren querschnittgelähmt.
- Seine Frau Anja sagt, in der Zeit nach dem Skiunfall sei sie «überfordert» gewesen.
- Auch viele andere Leute wussten demnach nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen.
Im Februar 2023 verändert sich das Leben von Mitte-Politiker Philipp Kutter (49) schlagartig. Bei einem Skiunfall verletzt sich der Zürcher Nationalrat schwer. Seither ist er querschnittgelähmt und sitzt im Rollstuhl.
Dennoch ist er mittlerweile ins Parlament zurückgekehrt – und überlegte sich sogar eine Bundesratskandidatur.
Eine wichtige Rolle bei der schnellen Rückkehr ins politische Leben spielte seine Familie. Allen voran Philipps Frau Anja Kutter.
Anja Kutter: «Überfordert»
Im Podcast «Querschnitt» der Schweizer Paraplegiker-Stiftung erzählt sie nun von der Zeit nach dem Unfall. Die ersten Wochen seien der «Horror» gewesen.
Am Anfang sei sie «überfordert» gewesen. Die erste Priorität sei dann gewesen, einfach auf Philipp und auf die Kinder zu schauen.
In der Anfangszeit nach einer solchen Verletzung sind Prognosen oft schwierig. Das habe es nicht einfacher gemacht, so Anja. «Meine Lösung war dann, dass ich in den ersten Wochen jede Nacht das Internet durchgelesen habe.»
Letztlich hätten auch das Paraplegikerzentrum in Nottwil LU und der Austausch mit anderen Angehörigen sehr geholfen.
Das Schwierigste sei gewesen, trotz der eigenen Trauer für Philipp und die Kinder stark zu sein. Oft sei sie ins Badezimmer gegangen, damit sie nicht vor den Kindern weinen musste, erzählt Anja.
Leute waren im Umgang mit Anja Kutter «überfordert»
Und auch für die Menschen in ihrem Umfeld war die Situation schwierig. «Die meisten Leute waren überfordert im direkten Kontakt mit mir», so Anja Kutter.
Sie hätten zwar Hunderte Kärtchen und Briefe erhalten, was schön gewesen sei. «Aber der direkte Kontakt war zum Teil recht schwierig.»
Im inneren Zirkel – mit der Familie und engen Freunden – sei es kein Problem gewesen. «Aber Leute aus der zweiten Reihe und drüber wussten nicht, wie sie mit mir umgehen sollen.»
Ein Beispiel: «Ich habe bemerkt, dass die Leute sich zum Teil hinter dem Migros-Gestell verstecken, wenn ich gekommen bin.» Weil sie offenbar nicht wussten, was tun oder was sagen.
Die beste Strategie in solchen Situationen sei die Ehrlichkeit.
Sie habe zum Teil gesagt: «Hey, ich bin auch überfordert, lass uns zusammen überfordert sein. Du musst nichts sagen, ich weiss, es ist für dich schwierig, und für mich ist es auch schwierig.»

Nochmals eine ganz schwierige Zeit sei dann gewesen, als Philipp nach neun Monaten zurück nach Hause konnte.
Beispielsweise sei es nicht einfach gewesen, Hilfe von der Spitex in Anspruch zu nehmen. Sie seien oft abgewiesen worden, weil sich viele Organisationen die Pflege in einem solchen Fall schlicht nicht zutrauen.
Philipp Kutter verzichtete wegen Familie auf Bundesratskandidatur
Im Februar 2023 verunfallte Philipp Kutter beim Skifahren schwer. Bereits im September 2023 nahm der Mitte-Nationalrat wieder an einer Ratsdebatte teil.
Nach dem Rücktritt von Viola Amherd dachte der Nationalrat über eine Kandidatur für den Bundesrat nach. Allerdings verzichtete er schliesslich darauf – aus familiären Gründen.