Stadt Zürich

Immobilienpreise: Zürcher flüchten in den Aargau – wie lange noch?

Simon Ulrich
Simon Ulrich

Zürich,

In Zürich wird Eigentum zum Luxusgut. Immer mehr Familien ziehen darum in den Aargau – wo deshalb ebenfalls die Preise steigen.

Zürcher
Zürcher flüchten in den Aargau (im Bild die Stadt Baden) – wie lange noch? - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Selbst gut Verdienende können sich in Zürich und Umgebung kein Eigenheim mehr leisten.
  • Viele Familien weichen deshalb in den Aargau aus – besonders nach Baden und Aarau.
  • Experten warnen: Mit wachsender Nachfrage dürften auch im Aargau die Preise steigen.

Es klingt wie ein schlechter Witz: Selbst ein Jahresgehalt von 200'000 Franken reicht heute oft nicht mehr aus, um Wohneigentum in und um Zürich zu erwerben.

Zwar ist Kaufen dank tiefer Zinsen wieder günstiger als Mieten. Doch die gestiegene Nachfrage hält das Angebot knapp – und lässt die Preise für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen weiter steigen.

Das Problem: Die Löhne wachsen nicht im gleichen Ausmass mit. Der Traum vom Eigenheim ist deshalb für viele immer schwerer zu verwirklichen, wie eine aktuelle Studie der UBS aufzeigt.

Denn: Wer eine Hypothek will, muss die Tragbarkeitskriterien erfüllen. Banken rechnen dabei mit einem kalkulatorischen Zinssatz von rund fünf Prozent, unabhängig vom tatsächlichen Zinssatz. Hinzu kommen Amortisations- und Unterhaltskosten.

Die Studie der UBS zeigt: Mit einem Einkommen von 200’000 Franken ist nur noch etwa die Hälfte der angebotenen Immobilien tragbar.

In Zürich und Umgebung? Geht ohne zusätzliches Eigenkapital fast nichts mehr.

Wer bereit ist, eine längere Pendelzeit in Kauf zu nehmen, findet eher bezahlbaren Wohnraum, etwa im Zürcher Oberland. Oder aber im Kanton Aargau.

Baden: 928 Zuzüger aus Zürich in fünf Jahren

Die Nettozuwanderung aus dem Kanton Zürich in den Aargau hat sich im Vergleich zur Zeit vor Corona verdoppelt. Seit 2021 liegt sie im Schnitt bei rund 3000 Personen pro Jahr.

In Baden, 20 Zugminuten von Zürich entfernt, steigt der Wanderungssaldo aus anderen Kantonen und dem Ausland seit 2018 steil an. Bis 2023 hat er sich fast verdreifacht.

Auch dank des östlichen Nachbars: In den vergangenen fünf Jahren haben 928 Zürcher ihren Wohnsitz nach Baden verlegt. Zwischen 2014 und 2018 waren es noch 577.

Grafik
Die Wanderungsbewegungen zwischen Zürich und Aargau in den Jahren 2020 und 2021 nach Alter. - Demografik

Die kurzen Pendelwege sind der wichtigste Grund, nach Baden zu ziehen. Dies ergab eine Befragung der Stadt im Auftrag des Kantons Zürich.

Badens Attraktivität speise sich aber auch aus den zahlreichen Einkaufsmöglichkeiten, den naturnahen Erholungsräumen und Wellnessmöglichkeiten, heisst es bei der Stadt. Kurzum: Man biete «ein überzeugendes Gesamtpaket für unterschiedliche Lebensentwürfe».

Zum Thema Eigenheim und dessen Preisen macht die Stadt keine Angaben. «Jedoch verfügt Baden über eigene Wohnungen, die mehrheitlich zu günstigeren Konditionen vermietet werden», sagt Sprecherin Katja Beringer.

Zudem sei eine städtische Wohnbaustiftung gegründet worden, um preisgünstigen Wohnraum zu fördern.

Ein Blick auf die aktuellen Immo-Inserate zeigt: Eine 4,5-Zimmer-Eigentumswohnung gibt es hier schon ab 590'000 Franken. Die billigste in der gleichen Grösse in Zürich ist 955'000.

Aarau: Zehn Prozent der Zuzüger stammen aus Zürich

Auch Aarau verzeichnet eine dreimal so hohe Nettozuwanderung wie noch 2018. 2023 und 2024 sind jeweils rund 2300 Personen zugezogen.

Ungebrochen hoch ist deshalb die Nachfrage nach Wohneigentum. Besonders Einfamilienhäuser in zentrumsnahen Quartieren sowie Eigentumswohnungen sind gefragt.

«Der Leerwohnungsbestand ist gering», sagt Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker.

Der Anteil Zuzüger aus dem östlichen Nachbarkanton belief sich in den letzten beiden Jahren auf jeweils zehn Prozent. «Einen besonderen Zustrom aus Zürich stellen wir nicht fest», so Hilfiker.

Besitzt du Wohneigentum?

Mit einer Wohnraumstrategie will Aarau der hohen Nachfrage nach tragbarem Wohneigentum begegnen. Bei neuen Quartieren achte man auf eine ausgewogene Entwicklung, sagt Hilfiker.

Zusätzlich unterhalte die Stadt einen eigenen Wohnungsbestand von rund 400 Einheiten, verteilt auf die Einwohner- und die Ortsbürgergemeinde. Und: «In diesen Wochen wird eine neue städtische Wohnsiedlung mit gut 40 Wohnungen bezogen.»

Die Bestrebungen tragen offenbar Früchte: Im UBS-Wohnattraktivitätsindex belegte Aarau Ende 2024 den Spitzenplatz in der Grossregion Zürich – über alle Einkommensklassen hinweg. Ausschlaggebend waren vor allem die vergleichsweise bezahlbaren Wohnkosten.

Nichtsdestotrotz steigen auch in Aarau die Immobilienpreise – wenn auch in moderatem Tempo. «Wir bewegen uns deutlich unter dem Niveau in Zürich und stellen bisher keine Exzesse fest», so der Stadtpräsident.

«Keine Hinweise auf eine Verschärfung des Trends»

Wie nachhaltig ist der Trend zur Abwanderung aus Zürich in den Aargau tatsächlich?

Demografie-Forscher Manuel Buchmann von der Firma Demografik hält fest: «Wir sehen bisher keine Hinweise auf eine Verschärfung des Trends, eher eine leichte Abflachung nach der klaren Trendwende während Covid

Ein wesentlicher Treiber für die Zuwanderung sei nach wie vor das Preisgefälle zwischen den beiden Kantonen. Bloss: Mit dem Wachstum des Aargaus ist auch dort von einem Anstieg der Wohnkosten auszugehen. Insbesondere in gefragten Regionen wie Aarau und Baden.

«Wodurch eine Binnenmigration wieder an Attraktivität verlieren würde», sagt Buchmann. Die Frage ist also, wie lange der Aargau für Zürcher attraktiv bleibt.

Manuel Buchmann
Manuel Buchmann ist Projektleiter bei Demografik und Lehrbeauftragter an der Uni Basel. - CHSS

Auffällig sei zudem, wer aus Zürich in den Aargau zieht: Es seien vor allem junge Familien mit Kindern, die sich mehr Platz leisten möchten.

In der Altersgruppe der 30- bis 44-Jährigen sowie bei Kleinkindern ist der Wanderungssaldo am höchsten. Umgekehrt ziehen junge Erwachsene zwischen 25 und 29 Jahren eher vom Aargau nach Zürich.

Laut Bund wird der Kanton Aargau auch in den kommenden Jahren zu den am schnellsten wachsenden Kantonen gehören. Noch stärker als die Zuwanderung aus der Schweiz ist jene aus dem Ausland.

«Eine Auswirkung auf Preise von Wohneigentum und Mieten ist wahrscheinlich», erklärt Buchmann.

Doch nicht nur die Nachfrage bestimme die Entwicklung, sondern auch das Angebot: Durch die Alterung der Bevölkerung werde zwar Wohnraum frei, sagt der Ökonom.

Aber: «Die Frage ist, ob diese Häuser und Wohnungen der Nachfrage der Zugewanderten entsprechen.»

Kommentare

User #5755 (nicht angemeldet)

Die Lösung in Zürich sind Genossenschaftswohnungen im subventioniertem Baurecht. Ob all die Käufer wissen, dass diese Wohnungen nicht vererbar sind respektive irgendwann wieder dem Staat gehören, sei mal dahin gestellt...

User #4305 (nicht angemeldet)

mich interessiert wie viel % der Schweizer und Schweizerinnen im Rentenalter die Schweiz verlassen müssen, weil die Rente für Miete und Krankenkasse nicht reicht. sind das mehr als 20%?

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