Künstliche Intelligenz: Müssen Computer bald Sozialabgaben zahlen?
Künstliche Intelligenz dürfte bald viele unserer Jobs erledigen. Damit verliert die Schweiz Sozialbeiträge und Steuern – ausser die Maschinen zahlen sie. Oder?
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Digital-Experte ist überzeugt: KI übernimmt bald viele menschliche Jobs.
- Computer müssen aber anders als Angestellte keine Sozialbeiträge und Steuern zahlen.
- Ein Ökonom glaubt das Gegenteil: Dass die Sozialeinnahmen dank KI steigen.
Ein gutes Studium reicht bald nicht mehr für einen Job, ist Digital-Experte Mike Schwede überzeugt. Denn: Künstliche Intelligenz (KI) wie ChatGPT erledigt ihm zufolge in Zukunft viele bislang menschliche Arbeiten.
Er sagt zu Nau.ch: «Zwar entstehen so viele neue Berufe. Doch diese Berufe werden in ihrer Anzahl nie an die Stelle jener Jobs treten können, die durch Künstliche Intelligenz wegfallen.»
Schwede meint: «Wenn wir unseren Lebensstandard als Volksgesellschaft halten können und dafür weniger arbeiten müssen – warum nicht?»
Das wirft jedoch eine neue Frage auf – woher kommen dann Sozial- und Steuereinnahmen? «Wenn ein Mensch arbeitet, zahlt dieser Steuern und Sozialabgaben. Das ist bei maschinell durchgeführten Arbeiten nicht der Fall.»
Darum könnte eine sogenannte Maschinensteuer zum Thema werden, glaubt Schwede. Firmen könnten in Zukunft also Abgaben für ihre Maschinen zahlen – ähnlich wie die Abgaben für Mitarbeitende. Die Diskussion führe langfristig zudem zum Thema Grundeinkommen.
Experte: Künstliche Intelligenz lässt Sozialeinnahmen eher steigen
Anders sieht es Wirtschaftsexperte Patrick Leisibach vom liberalen Thinktank Avenir Suisse: «Betrachtet man die Vergangenheit, deutet nichts auf einen Einbruch der Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen hin. Bis anhin sind diese laufend gestiegen – trotz Automatisierung und Digitalisierung.»
Es sei anzunehmen, dass diverse Berufe produktiver werden. «Neue Maschinen und Technologie ergänzen oft bestehende Arbeit, sie ersetzen sie nicht. Man könnte auch sagen: Wegen KI gibt es kaum weniger Ärzte, aber die Behandlung wird besser.»
Mehr Produktivität heisst unter Umständen höhere Löhne. «Daher könnten Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen sogar eher zu- als abnehmen.»
Hinzu kommt: «Wenn Unternehmen durch KI höhere Gewinne erwirtschaften sollten, so werden auch diese besteuert.»
«Der Mensch unterschätzt die Chancen»
Leisibach glaubt nicht an einen grossen Jobverlust: «Es ist immer viel einfacher, über wegfallende Jobs nachzudenken, als in die Zukunft zu blicken und sich neue Stellen vorzustellen. Der Mensch überschätzt gerne die Gefahren und unterschätzt die Chancen», so der Experte.
Ein Beispiel: «Die Selbstbedienungskasse und damit der leere Stuhl der Supermarkt-Kassiererin fällt auf. Daran, dass es früher aber keine App-Entwickler, Social-Media-Manager und Cyber-Security-Spezialisten gab, denkt man hingegen kaum.»