Schweiz immer öfter Ziel von Menschenschmugglern
Die Schweiz ist vom gewerbsmässigen Menschenschmuggel betroffen. Wie stark, zeigt ein Bericht des Bundesamtes für Polizei.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz wird zunehmend zu einem Ziel für Menschenschmuggler.
- Gemäss Europol operieren derzeit 54 Schleppernetzwerke in Europa.
- Dabei ist die Schweiz Transit- und Zielland.
Die Schweiz ist zunehmend im Visier der organisierten Kriminalität. Das betrifft auch den gewerbsmässigen Menschenschmuggel, den am schnellsten wachsenden kriminellen Markt in Europa.
Wie stark die Schweiz betroffen ist, zeigt ein Bericht des Bundesamtes für Polizei (Fedpol). Laut Fedpol führt der Bericht vom November aus, wie internationale Krisen und wachsende Migrationsströme die Aktivitäten von Schleusern antreiben. Gemäss Europol operieren derzeit 54 Schleppernetzwerke in Europa.
Die Schweiz ist dabei Transit- und Zielland. Schleppernetzwerke nutzen die zentrale geografische Lage der Schweiz, um Migrantinnen und Migranten auf teilweise lebensgefährliche Weise über die Grenze zu transportieren.
Sichtbar wird diese verborgene Kriminalität laut Fedpol oft erst bei Kontrollen oder nach Zwischenfällen.
So wurden im Jahr 2022 bei einer Polizeikontrolle in Nidwalden 23 Menschen aus einem überfüllten Lieferwagen befreit. Sie waren aus Afghanistan, Indien, Syrien und Bangladesch und hatten mehrere Stunden unter widrigsten Bedingungen ausharren müssen.
Bekämpfung des Menschenschmuggels in der Schweiz komplex
Der Menschenschmuggel in der Schweiz wird in Einzelfällen gezielt und erfolgreich, jedoch nicht systematisch und flächendeckend effektiv bekämpft. Das zeigt der Bericht laut dem Bundesamt für Polizei auf.
Das liege daran, dass sich die Bekämpfung des Menschenschmuggels in der Schweiz komplex gestalte.
So liege die Strafverfolgungskompetenz grundsätzlich bei den Kantonen; allerdings könne bei unklarer Zuständigkeit oder besonderen internationalen Verbindungen das Fedpol erste polizeiliche Ermittlungen aufnehmen.
Ergebe sich daraus eine Bundeszuständigkeit, könne auch die Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren eröffnen. Präventive und kooperative Massnahmen erforderten jedenfalls kantons- und behördenübergreifende Zusammenarbeit.
Laut Fedpol hat die EU ihre Anstrengungen zur Bekämpfung dieser organisierten Kriminalität kontinuierlich verstärkt.
Neue Gesetzgebungen und der EU-Aktionsplan 2021-2025 sollen den Informationsaustausch und die polizeiliche Zusammenarbeit gegen Menschenschmuggel und -handel fördern. In diese Bemühungen ist die Schweiz als Schengen-Mitgliedsland eng eingebunden.
Das Angebot der Menschenschmuggler ist gemäss dem Bericht vielfältig. So gibt es Direkt- oder Etappenschleusungen, Luxusschleusungen, Schleusungen auf dem Luft-, Land- oder Seeweg.
Weiter gibt es Schleusungen in Fahrzeugen über offizielle Grenzstellen. Und ausgestattet mit gefälschten Dokumenten oder zu Fuss über die grüne Grenze. Die Kosten für eine Schleusung reichen von mehreren hundert bis zu mehreren tausend Franken.
Internationale Migration stellt globale Herausforderung dar
Migrationsbewegungen habe es seit jeher gegeben, gibt das Fedpol zu bedenken. Allerdings stelle die internationale Migration heute mehr denn je eine globale Herausforderung dar.
Im Jahr 2020 lebten demnach schätzungsweise 281 Millionen Menschen nicht in ihrem Geburtsland. Das sind etwa 128 Millionen mehr als 30 Jahre zuvor.
Die Begriffe Menschenschmuggel und Menschenhandel werden laut Fedpol oft miteinander verwechselt. Menschenhandel bezeichnet ein Verbrechen gegen eine Person.
Gewerbsmässiger Menschenschmuggel ist von Gesetzes wegen ein Verbrechen gegen einen Staat beziehungsweise gegen dessen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen.
Der Menschenschmuggel sei immer grenzüberschreitender (transnationaler) Natur. Menschenhandel hingegen, bei dem es oft um individuelle Ausbeutung jeglicher Art gehe, könne auch innerhalb desselben Staates stattfinden.