Airline-Branche sortiert sich neu
Nach dem Air-Berlin-Aus im vergangenen Jahr, nimmt das Airline-Monopoly Fahrt auf. Vor allem Swiss-Mutter Lufthansa dürfte von der Branchen-Schlacht profitieren.
Das Wichtigste in Kürze
- Die europäische Flugbranche hat ein turbulentes Jahr hinter sich.
- Vor allem die Pleite von Air Berlin hat seine Spuren im europäischen Flugbetrieb hinterlassen.
Deutschlands einst zweitgröste Fluggesellschaft Air Berlin ist Geschichte - doch das Airline-Monopoly nimmt weiter Fahrt auf. Die Konzentration wird nach der bislang grössten Pleite einer europäischen Fluglinie weitergehen, sind sich Firmenchefs und Branchenexperten einig. Denn der Markt ist immer noch extrem zersplittert. Wesentliche Teile der Air Berlin sind an Easyjet und an die Deutsche Lufthansa gegangen.
Vueling übernimmt Niki-Präsenz
Der österreichische Ferienflieger und die Ex-Air-Berlin-Tochter Niki soll nun bei der British-Airways-Mutter IAG landen, die kurz vor Jahresende mit Niki-Insolvenzverwalter Lucas Flöther noch schnell einen Kaufvertrag unterzeichnet hat. Auch weil EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager die einstige Air-Berlin-Tochter unter keinen Umständen in der Hand der Lufthansa wissen wollte. Lufthansa hatte Niki mit Millionenspritzen wochenlang in der Luft gehalten, so dass mit dem Rückzug der Frankfurter das sofortige Grounding der Airline mit ihren 20 Jets unvermeidlich war.
Jetzt springt die spanisch-britische Holding IAG mit einer Finanzspritze bei. Wann Niki wieder abhebt, ist offen. Für IAG-Chef Willie Walsh passt Niki «perfekt zur Strategie» des spanischen Billigfliegers Vueling, der seine Präsenz nun in Österreich, Deutschland und der Schweiz ausbaue.
Groundings am Laufmeter
Air Berlin war 2017 nicht das einzige Unternehmen in starken Turbulenzen. Die britische Monarch musste von einem Tag auf den anderen aufgeben, weil ihr im Gegensatz zur Air Berlin nicht der Staat beiseite gesprungen ist. Die Slots von Monarch gingen an die IAG und den aufstrebenden Billigflieger Wizz aus Ungarn. Der einst so stolzen italienischen Staatslinie Alitalia droht 2018 trotz massiver Staatshilfe eine ähnliche Zerschlagung wie der Air Berlin. Auch in Rom hat die Scheich-Airline Etihad die finanzielle Unterstützung eingestellt, es sprang aber wie schon so oft der Staat ein.
Die grössten Fragezeichen stehen im Moment hinter der irischen Ryanair, die bis vor kurzem mit ihrem starken Flottenwachstum als aggressivster Angreifer auf dem Markt erschien. Ihr Chef Michael O'Leary muss allerdings zunächst die selbstgeschaffenen Probleme mit seinen Piloten lösen, die zunehmend gegen die extrem liberalisierten Arbeitsverhältnisse aufbegehren und inzwischen europaweit mit Streiks drohen.
Billigflieger nach Übersee
Die Geschäftsmodelle zumindest auf der Kurz- und Mittelstrecke werden sich immer mehr angleichen, erwarten Experten. Schon heute sind in der Holzklasse angebliche Premium-Carrier und Billigflieger nur noch in Nuancen unterscheidbar. «Vorne eine echte Business-Klasse und hinter dem Vorhang Ultra-Lowcost ohne jedes Extra - das ist das Modell, das die Masse braucht», sagt beispielsweise der Chef der erfolgreich sanierten Air Baltic aus Lettland, Martin Gauss.
Ob das auch auf längeren Verbindungen nach Übersee funktioniert, testen gerade Gesellschaften wie Norwegian oder die isländische WOW Air. Vorteile der harten Lowcost-Operation wie kurze Wendezeiten und geringe Übernachtungskosten für die Crews fallen bei langen Flügen aufgrund der Sicherheitsvorschriften weg. Ausserdem wollen die eingesessenen Netzanbieter nicht schon wieder einen Trend verschlafen und halten mit eigenen Gesellschaften wie der Eurowings (Lufthansa), Level (IAG/British Airways) oder Joon (Air France) dagegen.