Marktpreise für Strom weiter deutlich höher als vor Energiekrise

Die Strompreise liegen weiterhin über dem Niveau von vor Beginn des Ukraine-Krieges. Für Schweizer Haushalte dürften diese im kommenden Jahr wohl etwas sinken.

Für 2025 rechnet der Verband der Schweizer Elektrizitätsunternehmen (VSE) nun mit einem Rückgang der Strompreise. (Symbolbild) - Pexels

Strom bleibt überraschend teuer. Zwar sind die Marktpreise im Vergleich zu den Höchstständen der Jahre 2022 und 2023 deutlich gesunken. Sie liegen aber weiterhin über dem Niveau von vor Beginn des Ukraine-Krieges. Einen grossen Einfluss haben die Gaspreise.

Die Grosshandelspreise für Strom seien derzeit erstaunlich hoch, sagt ZKB-Analyst Armin Rechberger zur Nachrichtenagentur AWP. Dies trotz laufender Atomkraftwerke in Frankreich und ergiebiger Niederschläge. Zudem sei die Stromnachfrage eigentlich weniger stark angestiegen als erwartet, wegen geringerer Nachfrage nach Elektrofahrzeugen und einem nur moderaten Anstieg des Verbrauchs durch neue Wärmepumpen.

Die Preise für eine Stromlieferung im Folgejahr (Jahreskontrakt) bewegten sich an den europäischen Strommärkten im laufenden Jahr bisher in einer Spanne von 68 bis 100 Euro, zuletzt wurden 90,70 Euro bezahlt. Anfang 2021 – also vor der Krise – waren es noch Preise um die 50 Euro die Megawattstunde. Allerdings bezahlten Stromabnehmer im Rekordhoch während der Energiekrise im August 2022 bis zu 1000 Euro die Megawattstunde. 2023 sah der Markt dann Preise bis zu 200 Euro.

Haupttreiber für den europäischen Strompreis ist der Gaspreis. Müssen Gaskraftwerke laufen, um den Strombedarf zu decken, steigen die Strompreise entsprechend der Gaspreise an, weil die Gaskraftwerksbetreiber ihre Kosten decken müssen.

Französische Preise wieder tiefer

Die Strommärkte Italien und Frankreich hatten schon immer eine enge Bindung zum Gaspreis, heisst es von der BKW. Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie und dem fortschreitenden Ausstieg aus der Kohlekraft habe sich jedoch auch die Korrelation für den deutschen Markt weiter verstärkt.

Während der Energiekrise sei Frankreich der «Panikmarkt» gewesen und habe höhere Marktpreise als Deutschland, die Schweiz und Italien gesehen. Mittlerweile sind die französischen Preise laut dem Berner Stromversorger wegen der hohen Verfügbarkeit der Atomkraftwerke wieder tiefer, wobei sich auch die Schweiz zunehmend an Frankreich orientiere.

Der Benchmark-Kontrakt für Gas, der Frontmonat, steht aktuell bei rund 32 Euro die Megawattstunde. Im Hoch im August 2022 kostete eine Megawattstunde das Zehnfache, Anfang 2021 – vor der Krise – mit rund 16 Euro allerding nur halb so viel.

Gasmärkte sollten sich international entspannen

Angesichts zahlreicher Einflussfaktoren ist eine Prognose für die weitere Entwicklung der Preise schwierig. In den nächsten Monaten spiele «die globale Wetterlage» eine wichtige Rolle, sagt Andy Sommer von der Axpo. «Sorgt die Sturmsaison im Atlantik für LNG-Lieferschwierigkeiten?» Oder «Wie kalt wird der Winter 2024/25 in Europa und in Asien?» Mit LNG ist Flüssigerdgas gemeint (von englisch «liquefied natural gas»), in diesem Fall aus Amerika.

Auch die künftigen russischen Gaslieferungen durch die Ukraine seien entscheidend für die europäische Versorgungslage. «Da die Aussicht besteht, dass die verbleibenden russischen Gastransporte durch die Ukraine nach Europa spätestens Ende dieses Jahres auslaufen, wird Europa noch stärker auf LNG angewiesen sein, um den Markt für den kommenden Winter auszugleichen», heisst es von Alpiq.

International sollten sich die Gasmärkte jedoch entspannen, wenn ab dem kommenden Jahr neue LNG-Terminals in den USA und Katar in Betrieb gehen, sagt Axpo-Experte Sommer. Darüber hinaus dürfte das Wachstum erneuerbarer Stromerzeugungsquellen in Europa anhalten.

Mittelfristig sollte die Stromnachfrage allerdings ansteigen mit einer weiteren Elektrifizierung vieler Industriesektoren. Zudem gibt es noch einen weiteren wichtigen Faktor, der den Strom verteuern kann: der Preis für CO2-Emmissionen.

Über das EU-Emissionshandelssystem werden CO2-Zertifikate ausgegeben und gehandelt. Das Angebot wird sich politisch gewollt immer weiter verknappen. Damit und wegen einer allmählichen Inklusion des Schifffahrtsektors und einem stärkeren Augenmerk auf industrielle Emittenten dürften die Kosten für CO2-Emissionszertifikate in den nächsten Jahren zulegen, sagt Sommer.

Strompreise für Haushalte spüren 2025 verzögert die Marktberuhigung

Die Strompreise für Schweizer Haushalte dürften im kommenden Jahr wahrscheinlich wieder etwas sinken, nachdem diese im vergangenen und in diesem Jahr stark angestiegen sind. Bis Ende August müssen die rund 600 Schweizer Energieversorger mit Endkunden ihre Tarife für das nächste Jahr der Aufsichtsbehörde melden.

Der Strommarkt ist hierzulande für Haushalte gesetzlich reguliert. Die Versorger können ihre Kosten auf die Kunden umwälzen, können die Stromtarife aber lediglich einmal im Jahr zum Jahreswechsel anpassen. Nach dem Krisenjahr 2022 mit Beginn des Ukraine-Kriegs mussten die Schweizer zum Jahreswechsel 2023 im Durchschnitt 27 Prozent mehr für Strom auf den Tisch legen. Per Anfang 2024 stiegen die Tarife um weitere 18 Prozent.

Für 2025 rechnet der Verband der Schweizer Elektrizitätsunternehmen (VSE) nun mit einem Rückgang der Strompreise. In einer Anfang Juli veröffentlichten Umfrage gaben 75 von 83 Mitgliedern an, ihre Strompreise für das kommende Jahr sicher oder wahrscheinlich zu senken.

Mehr als 80 Prozent der Stromversorger beschaffen die Energie laut dem Branchenverband für die Endkunden am Markt. Die Schweizer Unternehmen würden ihre Energie am Markt gestaffelt und langfristig zwei bis drei Jahre im Voraus kaufen. Da der Preis in der Grundversorgung jeweils bis Ende August für das Folgejahr festgelegt werden muss und dann für ein Jahr gilt, würden grundversorgte Firmen- und Haushaltskunden verzögert von den aktuell tieferen Marktpreisen profitieren.

Weil aber nicht alle Energieversorger den Strom am Markt beschaffen, gibt es innerhalb der Schweiz je nach Region meist grosse Unterschiede bei den Preisen. So gibt es Versorger wie etwa die BKW, welche ihre Kunden aus den eigenen Kraftwerken versorgen und daher von den Marktschwankungen mehr oder weniger unbeeindruckt sind.