Ukraine-Krieg versetzt Finanzmärkte in Panik
Der Ukraine-Krieg ist am Donnerstagmorgen zum Ukraine-Krieg geworden und hat damit die Finanzmärkte in einen Schockzustand versetzt. Die erhöhte Volatilität in Reaktion auf diese Eskalation zeige, dass die Märkte die Wahrscheinlichkeit eines tieferen Konflikts nicht vollständig eingepreist hatten, heisst es in einem Kommentar. «In der Nacht ist nun das eingetreten, was viele für unmöglich hielten - ein Krieg in Europa.»
Das Wichtigste in Kürze
- Investoren reagieren mit Panik.
Konkret heisst das: Raus aus Aktien und rein in sichere Häfen wie Gold, Staatsanleihen, deren Renditen klar sinken und Währungen wie den Schweizer Franken, den Yen oder US-Dollar. «Für den heutigen Handel gilt eins: Alles ist möglich», beschreibt ein Börsianer die Stimmung am Markt. «Je nachdem wie heftig die Meldungen aus der Kriegsregion ausfallen, dürften die Börsen mit erratischen Kursbewegungen darauf reagieren.» Gleichzeitig dürften die Anleger aber auch auf die nächste Reihe an Sanktionen gegen Russland schauen und deren Effekte für Rohstoffpreise, Wirtschaft und einzelne Unternehmen versuchen abzuschätzen. «Für langfristig orientierte Anleger gilt in diesen Stunden, trotz der Turbulenzen an der Börse Ruhe zu bewahren.»
Der SMI bricht gegen 11.10 Uhr um 2,42 Prozent ein auf 11'652,84 Punkte. Auf diesem Niveau hat der Leitindex letztmals im Oktober notiert. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, sackt um 2,78 Prozent ab auf 1841,92 und der breite SPI um 2,28 Prozent auf 14'742,43 Zähler. Alle SLI-Werte geben nach.
Auch die übrigen europäischen Finanzplätze geben deutlich nach. Der deutsche Dax und der französische Cac 40 sacken beide um mehr als 3 Prozent ab. Der britische FTSE 100 hält sich mit -2,5 Prozent etwas besser. Hier bewahrt die starke Ausrichtung auf Rohstoffwerte vor einem noch grösseren Abschlag. Die Futures für die Wall Street deuten aktuell ebenfalls auf eine erneut schwache Eröffnung hin. Der Dow Jones etwa wird aktuell mit Abgaben von 600 Punkten erwartet.
Während die Aktienkurse purzeln, ziehen die Preise für zahlreiche Rohstoffe an. So kostet etwa die Feinunze Gold so viel wie zuletzt im Januar 2021. Aber auch die Preise für Rohöl gehen nach oben. Der Brentölpreis übersteigt erstmals seit 2014 die 105-Dollar-Marke. Gleichzeitig klettern die Preise für Erdgas um mehr als 30 Prozent nach oben. Und auch Palladium, Aluminium und Nickel verteuern sich markant.
Aber nicht nur Öl und Metalle sehen Preisanstiege. So ziehen auch Mais- und Weizenfutures an. Immerhin ist Russland der grösste Weizenexporteur der Welt. Auch Hafer- und Sojabohnenfutures sind klar im Plus.
Der Franken ist als sicherer Hafen ebenfalls gesucht. So kostet ein Euro aktuell 1,0318 Franken, nachdem er am frühen Morgen kurzzeitig gar unter die 1,03er Marke gefallen war. Am Mittwochvormittag ging ein Euro noch zu Kursen über der 1,04er Grenze um. «Die Anleger könnten darauf spekulieren, dass russische Gelder in die Schweiz und aus dem Dollar fliessen werden, bevor die Sanktionen wahrscheinlich aggressiver werden», argumentiert Chris Turner von ING.
Die steigenden Energie- und Rohstoffpreise stellen unterdessen auch eine wachsende Bedrohung für die Inflationsentwicklung dar, da sie diese weiter nach oben treiben. Bei Marktteilnehmern wirft dies die Frage auf, wie die US-Notenbank Fed sich nun verhalten wird. Tatsächlich zeigen die Fed-Funds-Futures, dass die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte nicht mehr als 10 Prozent beträgt. Erst kürzlich lag sie bei nahezu 100 Prozent.
Die Kursentwicklung auf Aktienseite ist an diesem Tag überschattet von dem Ukraine-Nachrichtenfluss. Das bekommen auch die Papiere vom Personaldienstleister Adecco (-3,0%) zu spüren, der am Morgen Zahlen vorgelegt hat. Die Gruppe hat sich im vergangenen Jahr zwar vom Corona-Einbruch 2020 erholt, im Schlussquartal ist sie wie erwartet nur noch leicht gewachsen.
Noch deutlicher kommen aber Bankenwerte und andere Zykliker unter Druck. Die grössten Abgaben verzeichnen Richemont, und die Grossbanken UBS und CS mit Kursverlusten von mehr als 6 Prozent. Julius Bär folgen mit -5,7 Prozent dichtauf. Wenn die Realwirtschaft rund um den Globus wegen des Krieges spürbare Einbussen hinnehmen muss, wird dies vor allem auch die kreditgebenden Finanzhäuser belasten. Konjunkturabhängige Werte wie Holcim, ABB und AMS Osram sacken denn auch allesamt um mehr als 4 Prozent ab.
Und doch ist die Kurstafel nicht komplett rot gefärbt. Im breiten Markt gibt es ein paar wenige Gewinner. Dominant vertreten sind auf diese kurzen Liste Immobiliengesellschaften. So gewinnen PSP (+0,6%) und Fundamenta Real Estate (+0,5%) beide leicht dazu.