Zinslast der globalen Staatsschulden wird zum Damoklesschwert

Die globale Verschuldung erreicht neue Höhen, während die Zinslast immer schwerer wiegt.

Die globale Verschuldung hat laut einer Studie mittlerweile den schwindelerregenden Betrag von 315 Billionen US-Dollar erreicht. (Symbolbild) - Keystone

Die Schuldenlast der Staaten weltweit steigt seit Jahren immer weiter an. Mit den gestiegenen Zinsen hat das Problem neue Dimensionen erreicht. Der Schuldenberg an sich ist schon länger ein grosser Brocken für die nachfolgenden Generationen. Längst sind aber viele Staaten nur noch damit beschäftigt, die Zinslast dieses Berges zu stemmen. An einen Schuldenabbau denken die wenigsten.

Gemäss der jüngsten Studie des Institute of International Finance (IIF) hat die globale Verschuldung mittlerweile den schwindelerregenden Betrag von 315 Billionen US-Dollar erreicht. Politiker veranlassten nach der Corona-Pandemie Steuersenkungen und erhöhten die Ausgaben, um einem Abschwung der Wirtschaft vorzubeugen.

Schwellenländer am stärksten betroffen

Besonders Schwellenländer häuften nach der Pandemie hohe Schulden an, die sich mittlerweile auf 105 Billionen Dollar summieren. Das sind laut IFF rund 55 Billionen mehr als noch vor zehn Jahren. Ganz oben auf der Liste stehen China, Indien und Mexiko.

Und die Aussichten sind schlecht: So könnten zum Beispiels Indiens Schulden am Ende des Jahrzehnts die eigene Wirtschaftsleistung übersteigen, da das Land jedes Jahr Milliarden für Naturkatastrophen aufwenden müsse. Zudem verschulden sich Schwellenländer oft in US-Dollar. Wertet die eigene Währung dann stark ab, droht der Kollaps – wie beispielsweise in Argentinien geschehen.

Hohe Inflation und steigende Zinsen

Aber nicht nur die Schwellenländer stehen vor einem grossen Schuldenproblem. Die hohe Inflation zwingt beispielsweise die US-Notenbank Fed dazu, die Zinsen länger hochzuhalten. Und da offenbare sich das eigentliche Problem: die Auswirkungen der hohen Zinsen auf die anfallenden Kosten der Schulden. Denn lag zwischen 2009 und 2022 der Zinssatz in den USA noch zwischen 0 und 2,25 Prozent, werden derzeit eher Zinsen zwischen 5,25 und 5,50 Prozent fällig.

Mirabaud-Experte John Plassard führt am Beispiel der USA aus, welche Summen mittlerweile für die Zinszahlungen aufgewendet werden müssten. Aktuell würden rund 2,9 Milliarden Dollar pro Tag nur für Zinszahlungen der US-Staatschulden benötigt. Gebe es keine Richtungsänderung, steige dieser Betrag auf 4,5 Milliarden pro Tag im Jahr 2034.

Projektionen der Haushaltsbehörde des US-Kongresses (Congressional Budget Office, CBO) zeigten, dass sich die Zinszahlungen über die nächsten 30 Jahre auf 71 Billionen US-Dollar summieren und dann etwa 35 Prozent der gesamten Bundeseinnahmen ausmachen würden. 2029 würden bereits die Verteidigungsausgaben der USA von den Zinszahlungen übertroffen, 2046 dann die Ausgaben für Medicare und für die Sozialversicherung 2051.

Diese Schätzungen basieren auf aktuellen Inflationsprognosen des CBO. Sollte jedoch die Inflation höher ausfallen und die US-Notenbank gezwungen sein, die Zinsen länger hochzuhalten, könnten diese Kosten nochmals steigen. «Und man will sich gar nicht ausmalen, was passiert, wenn die Geldpolitik sogar zu Zinserhöhungen gezwungen würde», ergänzt Plassard.

Schulden würden bei Rezession nicht zurückgehen

Zwar argumentiere US-Notenbankpräsident Jerome Powell immer damit, dass die Quote der Zinszahlungen im Verhältnis zum BIP und bereinigt um die Inflation auf historisch tiefem Niveau liege. Dies gilt allerdings nur, solange die US-Wirtschaft wächst. Denn bei einer Rezession würden die Schulden in diesem Fall nicht zurückgehen, sondern im Gegenteil weiter steigen.

Während es auch in einigen EU-Ländern deutlich in der Staatsbilanz kriselt, steht die Schweiz dank ihrer seit 2001 eingeführten Schuldenbremse besser da. Ohne diese würde die Verschuldung der Schweiz laut Economiesuisse (Stand 2021) 56 statt 15 Prozent betragen, und der Bund müsste jährlich 4 Milliarden Franken mehr an Zinsen zahlen. Diese eingesparten Kosten finanzierten derzeit die gesamten Ausgaben für die Landwirtschaft und die Entwicklungshilfe.

Eine solche finanzielle Stabilität schafft laut Ökonomen vor allem eines: Vertrauen. «Das zeigt sich an tiefen Zinsen und einer starken Währung», kommentiert VP-Bank Stratege Bernhard Allgäuer. Zudem habe ein Staat mit niedriger Verschuldung zu Krisenzeiten den nötigen Handlungsspielraum, ergänzt ZKB-Chefökonom David Marmet.

Ganz gefeit vor Risiken durch eine hohe Verschuldung ist die Schweiz als stark exportorientiertes und damit von der Weltwirtschaft abhängiges Land aber nicht. Denn die Möglichkeit einer Ansteckung über die Finanzmarktstabilität oder gar einer weltweiten Finanzkrise besteht durchaus. Und bekanntlich ist der Schweizer Franken in unsicheren Zeiten stets als sicherer Hafen gesucht – mit entsprechenden Folgen etwa für die Exportwirtschaft.