Emmen sieht hohe Hürden für genderneutrale Schultoiletten
Die Gemeinde empfiehlt, auf genderneutrale Schultoiletten zu verzichten, da neben baulichen und finanziellen Hürden auch multikulturelle Vorbehalte bestehen.
Wie die Gemeinde Emmen mitteilt, fordern die Fraktionen von GLP, Grünen und SP die Einführung genderneutraler Toiletten in Kindergärten und Schulen in Emmen.
Der Gemeinderat zeigt grundsätzlich Verständnis, weist jedoch in seiner Antwort darauf hin, dass die Umsetzung hohe bauliche, finanzielle und kulturelle Hürden mit sich bringt und spricht sich daher gegen eine breit angelegte Einführung aus.
Parlament debattiert über genderneutrale Toiletten
Aufgrund der wachsenden Sensibilisierung für Geschlechtervielfalt und -identitäten sind genderneutrale Toiletten zuletzt vermehrt in den Diskurs gerückt – und schlagen sich nun auch im Emmer Parlament nieder.
So fordern GLP-Einwohnerrat Christian Kravogel und Mitunterzeichnende aus SP und Grünen in ihrem Postulat eine schrittweise Einführung solcher Toiletten, um eine offene und diskriminierungsfreie Bildungsumgebung zu schaffen.
Sie argumentieren, dass die traditionelle Trennung in Jungen- und Mädchentoiletten nicht mehr zeitgemäss sei und den gesellschaftlichen Wandel zu mehr Geschlechtervielfalt nicht widerspiegle.
Gemeinderat sieht Chancen und Bedenken
Der Gemeinderat erkennt die Vorteile genderneutraler Toiletten, insbesondere als Beitrag zur Inklusion und Gleichberechtigung. Inklusivität für alle Geschlechtsidentitäten und die Reduzierung von Diskriminierung und Belästigung seien klare Vorteile, die genderneutrale Toiletten bieten könnten, wie der Gemeinderat schreibt.
Gleichzeitig sei jedoch auch das multikulturelle Umfeld zu berücksichtigen. Religiöse oder kulturell bedingte Vorbehalte könnten die Akzeptanz solcher Toiletten bei einigen Erziehungsberechtigten und Lernenden erschweren, führt er weiter aus.
In seiner Antwort weist der Gemeinderat zudem darauf hin, dass einige Kindergärten bereits heute eine gemeinsame Toilette für alle Kinder haben, was praktisch einer genderneutralen Lösung entspricht.
Dies habe sich in der Praxis bewährt, insbesondere da jüngere Kinder häufig noch wenig Schamgefühl haben und in diesen Fällen keine grossen Probleme auftreten.
Bauliche Herausforderungen und Kostenfrage
Für eine vollständige Einführung genderneutraler Toiletten wären in vielen Schulen umfassende bauliche Massnahmen nötig. Insbesondere an Primarschulen würde eine trinäre Lösung mit separaten Toiletten für Mädchen, Jungen und alle Geschlechter einen erheblichen finanziellen und strukturellen Aufwand erfordern.
Der Gemeinderat schreibt, dass die Umstellung auf eine trinäre Aufteilung in vielen Fällen umfangreiche bauliche Anpassungen und hohe Kosten erfordern würde.
Solche Anpassungen wären aufgrund der baulichen Gegebenheiten in den meisten Schulen unrealistisch. So verfügen einige Schulgebäude über Raumhöhen von bis zu drei Metern, was den Umbau zu raumhoch abgeschlossenen Kabinen erheblich erschwert.
Die Kosten für eine vollständige Umsetzung genderneutraler Toiletten in allen Einrichtungen würden nach Schätzungen weit über 100'000 Franken liegen, abhängig von den baulichen Voraussetzungen der jeweiligen Schulgebäude. Auch zusätzliche Sicherheits- und Hygienestandards müssten gewährleistet werden, was in vielen Schulhäusern aktuell nicht realisierbar sei.
Einrichtung in den Sekundarschulen notwendig
Der Gemeinderat weist darauf hin, dass die Einführung genderneutraler Toiletten in Kindergärten und Primarschulen zu einer umfassenderen Anpassung im gesamten Schulsystem führen müsste.
Gerade in der Sekundarstufe sei das Bewusstsein für Geschlechteridentität stärker ausgeprägt, sodass genderneutrale Toiletten dort genauso notwendig wären. Auch in Sporthallen sowie bei Umkleideräumen und Duschanlagen müsste eine entsprechende Infrastruktur berücksichtigt werden, um ein ganzheitlich inklusives Umfeld zu schaffen.
Ein weiterer kritischer Punkt betrifft die möglichen Auswirkungen genderneutraler Toiletten auf das Wohlbefinden der Schülerinnen. Der Gemeinderat hebt hervor, dass die getrennten Mädchentoiletten bislang auch als Schutzraum dienen, in den sich Schülerinnen zurückziehen können.
Durch die Einführung genderneutraler Toiletten könnte dieser Schutzraum verloren gehen und einige Mädchen könnten sich unwohl fühlen, die Toiletten mit männlichen Mitschülern zu teilen. Dies sei insbesondere im Hinblick auf Hygiene und Sicherheitsbedenken ein sensibles Thema, das bei den Lernenden, Erziehungsberechtigten und Lehrpersonen Vorbehalte wecken könnte.
Einwohnerrat diskutiert an kommender Sitzung
Insgesamt sieht der Gemeinderat die praktischen und finanziellen Herausforderungen einer breiten Einführung genderneutraler Toiletten als erheblich an und beantragt dem Einwohnerrat die Ablehnung des Postulats.
Das Postulat wird an der kommenden Einwohnerratssitzung am 12. November 2024 zur Diskussion stehen. Die Sitzung startet um 14 Uhr im Betagtenzentrum Emmenfeld.