Die Krönung: Deutsche Gäste und ein Moment ohne TV

Ein historisches Ereignis ist die Krönung von Charles III. schon jetzt. In London herrscht freudige Spannung, aber auch Anspannung. Was man wissen sollte.

König Charles III. (l) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier werden sich bei der Krönung wiedersehen. - Jens Büttner/dpa

Nun ist er so gut wie da – der geradezu sakrale Moment für das Vereinigte Königreich. Am 6. Mai werden König Charles III. und seine Ehefrau Camilla in der Londoner Westminster Abbey gekrönt. Die Vorbereitungen sind weitgehend abgeschlossen. Wer nimmt teil, was passiert überhaupt – und wie finden die Briten das alles?

Königspaar

Mit 74 Jahren ist Charles der älteste britische Monarch in der Geschichte, der gekrönt wird. «Dass die Krönung nur acht Monate nach seinem Amtsantritt stattfindet, ist teilweise eine Folge seines Alters», sagt Joe Little, Chefredakteur der Zeitschrift «Majesty».

Als Queen Elizabeth II. 1953 im Alter von 27 Jahren die Krone aufgesetzt wurde, war Charles – damals vier Jahre jung – der erste Thronfolger, der bei der Krönung seiner Mutter dabei war. Seine Mutter Elizabeth, damals Lilibet genannt, nahm als Elfjährige an der Krönung ihres Vaters teil. Auch Charles' Gattin Camilla wird eine Krone aufgesetzt. Bisher als Königsgemahlin (Queen Consort) bekannt, wird die 75-Jährige von diesem Moment an nur noch als Queen bezeichnet werden.

Gäste

An der Zeremonie nehmen nach Angaben des Palasts mehr als 2200 Menschen aus 203 Ländern teil, darunter etwa 100 Staatschefs sowie Vertreter anderer Königshäuser. Für Deutschland ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dabei.

Aus Baden-Württemberg hat sich royale Verwandtschaft angekündigt. Das Königshaus ist durch Theodora, eine Schwester von Charles' Vater Prinz Philip, mit dem Haus Baden verwandt. Auch zum Haus Hohenlohe-Langenburg gibt es familiäre Bande: Charles ist der Grossonkel von Philipp Fürst zu Hohenlohe-Langenburg. US-Präsident Joe Biden lässt sich von First Lady Jill Biden vertreten – allerdings nahm bisher nie ein US-Staatschef an einer Krönung teil.

Sicherheit

Rund 150 Millionen Pfund (170 Millionen Euro) sollen die Sicherheitskosten bei der «Operation Goldener Reichsapfel» – so der Codename für die Krönung – betragen. Das deckt den Einsatz Tausender Polizisten sowie der Leibwächter für die ranghohen Gäste.

Nicht auszuschliessen, dass die Behörden nach einem Vorfall vom Dienstag nachjustieren. Da warf ein Mann mutmasslich Schrotpatronen über den Zaun des Buckingham-Palasts. Laut Polizei hatte er ein Messer. Eine verdächtige Tasche, die er bei sich trug, wurde vorsichtshalber gesprengt. Verletzt wurde niemand, und der Mann, der Medien zufolge psychisch krank sein soll, konnte schnell festgenommen werden.

Kirche

In der Westminster Abbey werden seit Wilhelm dem Eroberer 1066 die englischen Könige gekrönt. Die Kirche ist zentraler Ort für alle royalen Grossereignisse – im September fand hier das Staatsbegräbnis für Queen Elizabeth II. statt. Schon seit gut einer Woche ist die Abbey für die Vorbereitungen gesperrt.

Das ist aber deutlich kürzer als zur Krönung von Charles' Mutter 1953. Damals mussten zusätzliche Tribünen errichtet werden, mit 8000 Gästen nahmen deutlich mehr Menschen teil als diesmal. Insgesamt hatte die Kirche sechs Monate geschlossen.

Zeremonie

Um 12.00 Uhr (MESZ) betritt das Königspaar die Westminster Abbey, und der Gottesdienst beginnt. Die Krönung (13.00 Uhr) gilt dabei zwar als Höhepunkt. Der wichtigste Moment aber – und der einzige, der nicht von den Fernsehkameras eingefangen wird – ist die Salbung. Dabei berührt der Erzbischof von Canterbury den König an Händen, Brust und Kopf mit heiligem Öl – ein Zeichen, dass der Monarch von Gott auserwählt ist. Währenddessen schirmt ein kunstvoll gearbeiteter Schutz die Männer vor Blicken ab.

Grossbritannien ist die einzige Monarchie in Europa, die diese Zeremonie aufrechterhält. Kurz darauf setzt der Erzbischof dem König die Edwardskrone auf. Der einzige gesetzlich vorgeschriebene Teil der Zeremonie ist der Eid: Dabei schwört der König, die Bürger des Vereinigten Königreichs und des Commonwealth «gemäss ihrer Gesetze und Bräuche» zu regieren.

Musik

Gleich zwölf neue Werke hat Charles für die Krönung in Auftrag gegeben. Dazu gehört die Hymne «Make A Joyful Noise» des Komponisten Andrew Lloyd Webber («Cats»). Mitglieder mehrerer Chöre und Orchester spielen gemeinsam in der Westminster Abbey. Eine Aufnahme der gesamten Zeremonie soll noch am selben Tag erscheinen und ist vom 15. Mai an in physischer Form – also als CD und Schallplatte – zu haben.

Prozession

In der «Diamond Jubilee State Coach» wird das Paar zur Kirche gefahren. Zurück geht es dann – ebenfalls in 33 Minuten – in der Goldenen Staatskutsche, die nur für Krönungen genutzt wird. Militärangehörige aller Truppengattungen und aus den Staaten des Commonwealth marschieren in der Prozession mit.

Charles' Schwester Prinzessin Anne reitet hinter dem Königspaar, wie die Zeitung «Mirror» berichtete. Damit würdige der König die 72-Jährige für ihre «Loyalität und unerschütterliche Pflichterfüllung». Seit Tagen campieren Schaulustige an der Strecke, um gute Plätze zu sichern.

Balkon

Zum Abschluss zeigen sich Charles und Camilla mit dem harten Kern der Royal Family auf dem Balkon des Buckingham-Palasts dem Volk. Eine Kunstfliegerstaffel der Royal Air Force jagt dabei über das Stadtschloss. An dem Moment dürfen nur «working royals» teilnehmen, also die Mitglieder, die im Namen der Krone offizielle Termine wahrnehmen. Dazu gehören etwa Thronfolger Prinz William und seine Ehefrau Prinzessin Kate sowie der jüngste Bruder des Königs, Prinz Edward, und dessen Gattin Herzogin Sophie.

Charles' jüngerer Sohn Prinz Harry wird fehlen. Der 38-Jährige hat seine royalen Pflichten niedergelegt, vor allem aber gilt das Verhältnis zum Vater und Bruder William als zerrüttet. Grund sind schwere Vorwürfe von Harry und seiner Ehefrau Herzogin Meghan, die mit den Kindern Prinz Archie (an dessen 4. Geburtstag) und Prinzessin Lilibet in den USA bleibt.

Das ist nicht alles

Am Sonntag (7. Mai) sollen die Menschen landesweit bei Strassenfesten und Tee-Partys zum «Coronation Big Lunch» zusammenkommen, einem «grossen Krönungsessen». Am Abend findet auf Schloss Windsor ein Konzert statt, die riesige Bühne mit ihren Laufstegen in alle Richtungen ist der britischen Flagge nachempfunden.

Unter dem Motto «The Big Help Out» (grosse Hilfe) wird die Bevölkerung dann am Montag (8. Mai) ermuntert, die Freiwilligenarbeit in ihren Gemeinden kennenzulernen. Schule oder Arbeit muss man dafür nicht schwänzen: Die Menschen im Vereinigten Königreich erhalten einmalig einen zusätzlichen Feiertag.

Wenig Begeisterung

Die Vorfreude ist deutlich kleiner als man denkt. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov zufolge hat mehr als die Hälfte (59 Prozent) der Menschen im Königreich wenig oder gar kein Interesse an dem Ereignis. I

n einer weiteren Befragung sprachen sich zwar knapp zwei Drittel (62 Prozent) für die Beibehaltung der Monarchie aus, vor zehn Jahren waren es aber noch knapp drei Viertel. Unzufrieden sind die Menschen vor allem, dass die Krönung mit Steuergeld bezahlt wird: Das lehnt gut die Hälfte (51 Prozent) ab.