Eric Stehfest: Vom Junkie zum Soapstar zur Kultfigur
Dunkle Geheimnisse eines «GZSZ»-Stars: Soapdarsteller Eric Stehfest war Jahre abhängig. ProSieben hat seine Geschichte verfilmt. Mit dpa sprach er über seine heutige Droge.
Das Wichtigste in Kürze
- «Alles war voller Müll, in der Küche lagen zwei tote Tiere und ich hatte meine grosse Liebe verloren.
Ich war abgemagert und habe es nicht hingekriegt zu weinen.»
Schauspieler und Ex-Junkie Eric Stehfest beschreibt in der Autobiografie «9 Tage wach» schonungslos Tiefpunkte. Völlig offen spricht der 30-Jährige über eine Zeit geprägt von Gewalt und Drogenkonsum. Einige Jahre sind seit den Erlebnissen vergangen. Stehfests Drogenbeichte ist heute längst Schullektüre. Am 15. März um 20.15 Uhr zeigt ProSieben die Verfilmung.
Mit der RTL-Daily-Soap «Gute Zeiten, schlechte Zeiten» wurde Stehfest zwischen 2014 und 2019 zum TV-Star. Erst vor rund drei Jahren machte er seine Crystal-Meth-Vergangenheit als Jugendlicher öffentlich. Heute ist er clean, hat eine Produktionsfirma aufgebaut und an vielen Projekten mitgearbeitet - auch am Drehbuch für den ProSieben-Film. Hier spielt ihn Jannik Schümann (27, «Jugend ohne Gott»).
An diesem Tag im Herbst 2019 besucht Stehfest in einer dicken, schwarzen Motorradkluft seinen jüngeren Schauspiel-Kollegen am Film-Set in Nauen westlich von Berlin - nicht das erste Treffen der zwei. Während Schümann sich mit der Junkie-Rolle auf komplett neues Terrain begibt - «bis auf ein paar Mal gekifft» habe er noch nie Drogen genommen - ist der Film für Stehfest zugleich Schlussstrich.
«Mit der Verfilmung verabschiede ich mich von meinem alten Leben. Jetzt darf ich endlich loslassen», sagt Stehfest. Loslassen von einer Zeit, die auch durch das Fehlen eines Vaters und durch Gefühlskälte gekennzeichnet war. «Zuhause wurde nie «Ich Liebe dich» gesagt», sagt der 30-Jährige. Es scheint Ironie des Schicksals zu sein, dass letztendlich ausgerechnet die Liebe ihm ein besseres Leben bescherte.
«Wenn du einmal abhängig bist, brauchst du eine intensivere Droge, um klar zu kommen, denn ohne Rausch kannst du nicht mehr leben», sagt Stehfest. Er habe seine berauschende Droge gefunden: Die Liebe zu seiner Frau. Die Augen beginnen zu leuchten, wenn er von ihr spricht. «Edith brachte Geschwindigkeit zurück in sein Leben. Diese Frau forderte Widerstand und machte ihm Mut», beschreibt er sie in seiner Autobiografie. Er wirkt stolz, so eine starke Frau gefunden zu haben.
Stolz ist Stehfest auch darauf, dass Schulklassen seine Autobiografie heute als Unterrichtslektüre verwenden. Er selbst habe an den begleitenden Materialen mitgearbeitet. «Als simpler Junge vom Dorf, der ohne Bücherregal aufgewachsen ist, habe ich es geschafft, mich ins Bildungssystem einzuhacken», sagt Stehfest und schüttelt dabei lachend den Kopf, so als könne er es selbst nicht so recht glauben.
Dagegen beunruhige es ihn, dass Crystal Meth in den kommenden Jahren seiner Meinung nach immer mehr Menschen in die Sucht hinabziehen wird. Als «Neojunkies» bezeichnet er Crystal-Meth-Abhängige. Dank der Droge könnten sie in der schnelllebigen Leistungsgesellschaft ihrem Alltag folgen und ihre Gefühle deckeln. «Wir leben im Zeitalter der digitalen Revolution. Alles wird maschineller und die Droge macht den Menschen zu einer Maschine. Deswegen ist sie so reizvoll.»
Während er spricht, fasst er sich immer wieder an seine Halskette - eine silberne Panzerkette mit einem dicken dreieckigen Anhänger. Sie gebe zugleich Schutz und Halt. Das erledigten früher die Drogen.
Bundesweite Daten zum Crystal-Meth-Konsum liegen laut Angaben der Drogenbeauftragten der Bundesregierung in Deutschland nicht vor. Da die synthetische Droge oft in Tschechien produziert wird, sei sie in den angrenzenden Bundesländern wie Bayern oder Sachsen stärker verbreitet, sagt Sprecherin Saskia Solar. Bundesweit sei ihre Verbreitung im Vergleich etwa zu Cannabis eher gering. In Thüringen zitierte 2019 der MDR Experten, dass gut 8000 Leute süchtig seien.
Stehfest hat da seine eigene Meinung. Die offizielle Statistik fusse auf Menschen, die sich als Abhängige meldeten. Es gebe jedoch viele, die hinter verschlossener Tür den Stoff konsumierten. Dabei denkt Stehfest vor allem an Menschen ohne viel Geld am Rande der Gesellschaft. «Sie widmen sich der Droge, weil dieser Kick der einzige Glücksmoment im Leben sein kann und Mittel zum Überleben ist.» Solange sie keine Beratungsstelle aufsuchen und sich outen, seien sie nicht offiziell als Crystal Meth-Abhängige registriert.
In Vorbereitung auf seine Filmrolle als drogensüchtiger Eric liess sich auch Jannik Schümann beraten. Viele Informationen erhielt er aus erster Hand. «Eric hat mir auch private Dinge erzählt, die nicht im Buch stehen. Ein absoluter Vertrauensbeweis, dank dem ich mich noch besser in meine Filmrolle einfühlen konnte», erzählt Schümann. Gespräche mit einem Leiter einer Selbsthilfegruppe hätten zudem geholfen, die Sucht nach Crystal noch besser zu verstehen.
Ein Crystal-Rausch kann in Einzelfällen bis zu 70 Stunden anhalten. Der Stoff greift in den Hirnstoffwechsel ein - mit vielen Folgen.
Auch Schümann sitzt mittlerweile am «9 Tage wach»-Filmset. Er trägt ein schwarzes, mit braunen Flecken überzogenes Tank Top. Seine Haare sind kurz geschoren - vielleicht 2 Millimeter. Auffällig sind die Tattoos, die am Hals, an der Brust und auf dem rechten Oberarm hervorblitzen. Alles aufgemalt. Um den Hals hängen Ketten, eine länger als die andere. Jannik als Eric in dessen Drogenzeit.
Eine besondere Herausforderung sei es gewesen, jemanden zu spielen, der real existiere, fast gleichaltrig sei und genau die Geschichte vor nicht allzu langer Zeit erlebt habe, erzählt Schümann. «Am Abend vor dem ersten Drehtag war ich so aufgeregt, dass ich Beruhigungstropfen nehmen musste.» Er lacht. Insgesamt habe er aber am Ende der Drehtage gut abschalten können. «Nur einmal hatte ich nach einer sehr bewegenden Szene im Wald einen Heulkrampf, der auch nach der Szene nicht enden wollte», erinnert er sich.
Als «bewegend» lässt sich wohl das bisherige Leben von Eric Stehfest beschreiben. Auch wenn er mittlerweile keine Drogen mehr nehme - eines sei ihm aus der damaligen Zeit geblieben: «Ich war als Jugendlicher ein Rebell und werde immer ein Rebell bleiben», sagt der Schauspieler. Er wolle auch weiterhin «dem System Gegenwind liefern», in Form einer eigenen Band mit seiner Frau Edith und zwei Freunden.