Coronavirus: Wie stehen Pandemien mit Tierkonsum im Zusammenhang?
Eine Umweltorganisation sagt, das Coronavirus und andere Pandemien seien unserem Tierkonsum geschuldet. Es brauche ein Umdenken. Experten differenzieren aber.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Wissenschaft glaubt, dass das Coronavirus von Tiermärkten in China stammt.
- Eine Organisation will die Protein-Ernährung überdenken, um Krankheiten zu verhindern.
- Für Tiermediziner ist der Zusammenhang jedoch weniger eindeutig.
«Wir müssen die Art und Weise wie wir uns gegenwärtig ernähren unbedingt überdenken.» Die Fondation Franz Weber (FFW) hat dafür eine internationale Kampagne lanciert. So will die Schweizer Umweltschutzorganisation den Zusammenhang zwischen Tierkonsum und Seuchen aufzeigen. Denn der Ausbruch von Covid-19 sei genauso das Ergebnis eines übermässigen Tierkonsums, wie verschiedene andere Epidemien zuvor.
Fondation Franz Weber: Es braucht ein Umdenken
«Wenn wir eines aus dieser Krise lernen müssen, dann ist es, dass wir unser Ernährungsmodell zugunsten gesunder, lokaler Lebensmittel ändern», erklärt Vera Weber, Präsidentin der FFW. «Wir müssen Qualitätsprodukten den Vorzug geben, die unsere Gesundheit, Sicherheit und unsere Ernährungssouveränität gewährleisten. Wir können nicht damit fortfahren, unseren Planeten zu zerstören, Tiere zu misshandeln und in der Folge selbst dadurch krank zu werden.»
Für Weber gibt es zwei Ursachen für Epidemien wie dem Coronavirus. Einerseits sei der enge Kontakt zwischen Mensch und Wildtieren ideal für die Ausbreitung der Viren. Denn Wildtiere seien natürliche Träger von Viren, die der Wissenschaft noch unbekannt sind und gegen die der Mensch keine Abwehr hat. Bekannt sind etwa die Tiermärkte, sogenannte «Wet Markets», wo Tiere noch lebend gehandelt oder vor Ort geschlachtet werden.
Andererseits kritisiert die FFW die intensive Viehzucht weltweit. Diese zerstöre die biologische Vielfalt, vergeude und verschmutze Wasser, verursacht Treibhausgase und erfordere massiven Antibiotikaeinsatz, gegen den Bakterien zunehmend Resistenzen entwickeln. Die Gesellschaft müsse daher unbedingt anfangen, ihren Ernährungsweise zu überdenken.
Experten sehen keinen Zusammenhang zwischen Fleischkonsum und Coronavirus
Zoonosen, also Erkrankungen, die von Tier auf den Mensch übertragen werden, nehmen weltweit zu, bestätigt Christian Griot von der Universität Bern. Er ist Leiter des Instituts für Virologie und Immunologie des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen.
Allerdings wäre es falsch, nur einen Faktor für diese Entwicklung verantwortlich zu machen. Es gebe ganz unterschiedliche Gründe, erklärt Griot. Etwa die Klimaerwärmung, die Globalisierung, das weltweit zerfallende Gesundheitswesen, die hohe Reisetätigkeit oder die Tierproduktion in neuen Regionen.
Der Veterinärmediziner differenziert: Die Massentierhaltung habe keinen Effekt auf die Verbreitung von Krankheiten wie Covid-19. Das bestätigt auch Roger Stephan, Direktor des Institutes für Lebensmittelsicherheit und -hygiene an der Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich.
Nach heutigem Wissensstand gebe es keine Hinweise, dass Coronaviren über Lebensmittel übertragen würden. Die aktuelle Coronapandemie sei also keine Frage des Fleischkonsums. Spezielle Essgewohnheiten in gewissen Regionen der Welt, wie Spezialitäten in China, dürften indes nicht verallgemeinert werden.
Verbot von Wet Market hätte Effekt
In der Schweiz gebe es bislang auch keinerlei Belege dafür, dass Nutztiere, Wildtiere oder Haustiere eine Rolle bei der Übertragung von Covid-19 spielen.
Nur ein Verbot von Wet Markets hätte hier einen Effekt. Doch für Griot ist klar, dass uns Pandemien auch in Zukunft beschäftigen werden. Auch das Coronavirus, umso wichtiger sei eine gute Impfung.
Chinesen überdenken Konsequenzen ihrer Ernährung
In China haben die Corona-Epidemie und das Wissen um ihren wahrscheinlichen Ursprung dazu geführt, dass weniger Fleisch gegessen wird. Viel mehr setzen die Chinesen auf pflanzliche Proteinquellen.