Schweizer Armee: Bürgerliche wollen mehr Panzer & Artillerie

Die Armee soll 2 Milliarden Franken mehr erhalten. Parlamentarier erläutern, was damit gekauft werden soll und woher das Geld kommt.

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Nau.ch - Aufgestocktes Armeebudget: Wofür soll das zusätzliche Geld verwendet werden?

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Nationalrat will das Budget der Armee um 2 Milliarden Franken erhöhen.
  • Nicht definiert ist aber, wozu das Geld dienen und woher die hohe Summe kommen soll.
  • Gemäss Bürgerlichen stehen schwere Waffen im Vordergrund; Sparprogramme brauche es keine.

Unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs hat der Nationalrat gestern einer Erhöhung des Armee-Budgets um zwei Milliarden Franken pro Jahr zugestimmt. Die Bürgerlichen setzten sich über die lautstarke Kritik der Linken hinweg. Diese reklamierten, es gebe gar keinen Plan, was eigentlich gekauft werden solle.

Nau.ch hat bei Sicherheitspolitikern nachgefragt, was auf dem Einkaufszettel stehe und woher das viele Geld kommen soll.

Artillerie, Munition und elektronische Kriegsführung

Für Mitte-Nationalrat Alois Gmür ist die Frage ein Steilpass: «Die grossen Lücken sind vor allem bei der Arillerie.» Ähnlich sieht dies auch SVP-Nationalrat David Zuberbühler, der sowohl die Festungs-Artillerie wie auch die Leopard-Panzer aufzählt. Die Festung-Artillerie, die eigentlich ausser Dienst gestellt werden sollte, will Zuberbühler reaktivieren.

Ein Kampfpanzer des Typs Leopard II fährt auf einer Teststrecke, am Mittwoch, 16. Oktober 2019 beim Waffenplatz in Thun BE. - Keystone

Analog sollen die im Moment eingemotteten 96 Leopard-Panzer einer Wert-Erhaltung unterzogen werden. Kurzfristig sieht Zuberbühler aber noch andere Prioritäten, nämlich die Beschaffung von Munition jeglicher Art, von der Panzerfaust bis zum Hochleistungs-Infanteriegeschoss.

Blick in die Produktionshallen der Ruag Ammotec in Thun BE. - ruag.com

«Gerade vor dem Hintergrund, dass der Bundesrat beschlossen hat, die eigene Munitionsfabrik, die Ruag Ammotec, zu verkaufen.» Gmür sind indes Handlungsbedarf bei der Übermittlung. Dort gelte es sowohl die Cybersicherheit aber auch elektromagnetische Angriffe zu berücksichtigen.

Ein Krassucha-4-System der russischen Abwehr mit dem Kommando- (links) und Gerätefahrzeug (rechts), das gezielt Radaranlagen stören kann. Die Ukraine soll ein Kommandofahrzeug erbeutet haben. - mil.ru

Also Vorkehrungen, die ein totales Lahmlegen der Kommunikationskanäle der Schweizer Armee möglichst verhindern. «Bei elektromagnetischen Angriffen braucht es die entsprechende Ausrüstung, damit nichts passiert», warnt Gmür.

Keine Wunschliste bei der SP

Die SP wäre jetzt in der komfortablen Position, dass sie ebenfalls ihre Lieblingsprojekte pushen könnte, ohne Rücksicht auf Kosten. Diesen Entscheid haben ihr die Bürgerlichen abgenommen, nun gilt es, ihn zu akzeptieren. Doch auf eine Shoppingtour mit den Milliarden, gegen die man im Parlament gestimmt hat, hat SP-Nationalrätin Franziska Roth keine Lust.

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Sie erwarte nach wie vor, dass der vom VBS versprochene Zusatzbericht abgewartet werde. Denn der Ukraine-Krieg ist in der neusten Standort-Bestimmung noch gar nicht berücksichtigt. Bis Ende Jahr soll der Bundesrat dann entscheiden, was beschafft werden soll. «Einfach etwas mehr von dem zu kaufen, was man bereits hat, ist völlig falsch», kritisiert Roth.

«Kosten aus laufendem Budget bezahlen»

Die finanzielle Lage der Schweiz sei sehr gut, mit budgetierten Überschüssen von einer bis anderthalb Milliarden in den nächsten Jahren. Auch geht Gmür davon aus, dass «dank» der OECD-Mindeststeuer, die die Schweiz einführen muss, Zusatzeinnahmen entstehen. Die Hälfte davon sollten die Kantone dem Bund abliefern, fordert Gmür, das sei dann eine weitere Milliarde.

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Nau.ch - Aufgestocktes Armeebudget: Woher soll das zusätzliche Geld kommen?

Die Zusatzkosten von zwei Milliarden Franken würden etappenweise erst 2030 erreicht, betont Zuberbühler. «Die Mehrausgaben im ersten Moment von gut 300 Millionen Franken können aus dem laufenden Haushalt bezahlt werden.» Umgekehrt könne er sich gut vorstellen, dass in der Entwicklungshilfe oder beim Personal Einsparungen kommen könnten. Dort seien die Kosten in den letzten Jahren massiv ausgeufert.

SP-Roth: «Das glaube ich nicht!»

Genau solches befürchtet SPlerin Franziska Roth. Sie hinterfragt, warum einerseits Überschüsse vorhanden sein sollten, wenn bei anderen Themen stets Sparappelle erfolgen. Bedrohungen gebe es tatsächlich für die Schweiz, wenn nicht jede und jeder von seinem Lohn leben könne. Es gebe Armut in der Schweiz, aber diverse Projekte seien auf die Lange Bank geschoben worden.

Die Entwicklung des Bundeshaushalts der vergangenen Jahre, das aktuelle Budget und die Aussichten für die nächsten Jahre, gemäss dem Finanzdepartement. - efv.admin.ch

«Dass man jetzt einfach sagt, man derart viel Geld für Rüstung, ohne dass man sparen müsste: Das glaube ich nicht!» Sparprogramme seien deshalb absehbar, Opfer seien die unteren und mittleren Einkommen. «Es wird gespart bei Bildung, bei der Landwirtschaft, es wird gespart bei der Kultur und bei der Entwicklungszusammenarbeit.»