Armee der Zukunft braucht 15 Milliarden für neue Waffen

Der Bundesrat will die Bodentruppen der Armee fit machen für hybride Konflikte: Die Einheiten sollen flexibler werden und enger mit den zivilen Behörden zusammenarbeiten. Waffen und neues Gerät kosten 7 Milliarden Franken. Die Kampfpanzer werden vorerst nicht ersetzt.

Mobile Einheiten statt Kampfpanzer: Der Bundesrat macht die Armee fit für hybride Konflikte. (Symbolbild) - sda - KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER

Das Wichtigste in Kürze

  • Das ist in wenigen Worten zusammengefasst der Inhalt eines gut 150-seitigen Berichts zur «Zukunft der Bodentruppen», den der Bundesrat am Donnerstag veröffentlicht hat.

Dieser zeigt auf, wie sich die Konflikte seit dem Ende des Kalten Kriegs verändert haben und wohl weiter verändern werden.

Charakteristisch ist der unscharfe Übergang von einer angespannten Lage zu einem bewaffneten Konflikt. Hybride Konflikte umfassen zudem oft auch nicht-staatliche Akteure, Desinformation und Cyberangriffe. Fast immer finden Kämpfe in Städten und Agglomerationen statt. Beispielhaft für die Entwicklung ist das Auftreten von Milizen in Libyen oder die Annektion der Krim durch nicht identifizierte «grünen Männchen» im Jahr 2014.

Auf diese Art von Konflikten will der Bundesrat auch die Schweizer Armee einstellen. Parallel dazu erreichen grosse Waffensysteme wie Kampfpanzer, Panzerhaubizen und verschiedene Fahrzeuge in den nächsten 10 bis 20 Jahren das Ende ihrer Nutzungsdauer. Das bietet dem Bundesrat Gelegenheit für einen Richtungsentscheid. «Das ist finanziell ein grosser Aufwand, gleichzeitig aber auch eine Chance», sagte Verteidigungsministerin Viola Amherd am Donnerstag vor den Bundeshausmedien.

Ein 1:1-Ersatz der grossen Waffensysteme kommt für den Bundesrat allein aus finanziellen Gründen nicht in Frage. Stattdessen hat er aufgrund der neuen Konfliktmuster die Fähigkeiten definiert, die die Armee künftig haben muss. Daraus leite er das benötigte Material ab, sagte Amherd.

Nach den Plänen des Bundesrats soll die Armee auf die Hybridisierung der Konflikte mit einer Hybridisierung der eigenen Fähigkeiten reagieren. Das bedeutet zunächst eine engere Zusammenarbeit mit zivilen Organisationen, insbesondere Polizei und Rettungsorganisationen. Wie zum Beispiel in Frankreich sollen leichte Kräfte Präsenz markieren können, um das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu stärken und potenzielle Aggressoren von Gewalttaten abzuhalten.

Gleichzeitig sollen die Kampftruppen beweglicher, flexibler und präziser werden. Der Bundesrat geht davon aus, dass künftige Konflikte überwiegend im überbauten Gebiet und damit inmitten der Zivilbevölkerung stattfinden. In diesem Umfeld müssten die eingesetzten Truppen verhältnismässig handeln und eine Beeinträchtigung der Bevölkerung und Infrastruktur vermeiden, schreibt der Bundesrat.

Schwere, gepanzerte Waffensysteme sollen durch leichtere, aber ebenfalls geschützte Fahrzeuge ersetzt werden. Dabei soll sich die Armee auf einige wenige Plattformen beschränken, die für verschiedene Zwecke bewaffnet und eingesetzt werden können. Der gleiche Fahrzeugtyp soll zum Beispiel als Truppentransporter, Führungs-, Sanitäts- oder Aufklärungsfahrzeug eingesetzt werden.

Zweitrangig ist für den Bundesrat die Geländegängigkeit. Den Verlust der Fähigkeit zur mobilen Verteidigung abseits von Strassen nimmt er in Kauf. Ein Gegner würde derart eingesetzte Schweizer Verbände ohnehin aus der Distanz aufklären und bekämpfen, schreibt er im Bericht.

Der Kauf neuer Kampfpanzer ist vorläufig nicht geplant. Ein Grund dafür sind die von der Armee verlangten Fähigkeiten, ein anderer der ausstehende Technologiesprung - moderne Panzer funktionieren grundsätzlich gleich wie alte. Die heute eingesetzten Leopard 2 sollen aber so lange wie möglich am Laufen gehalten werden, voraussichtlich bis Mitte der 2030er-Jahre.

Doch auch die übrigen Waffensysteme und Gerätschaften haben einen hohen Preis. Der Bundesrat beziffert den Investitionsbedarf für die Bodentruppen mit 5,5 bis 6 Milliarden Franken in den nächsten 15 Jahren. Zusammen mit Investitionen für neue Kommunikationsmittel sind es 7 Milliarden Franken.

Hinzu kommen die neuen Kampfjets und Flugabwehrraketen für 8 Milliarden Franken. Zwischen 2023 und 2032 braucht die Armee damit insgesamt 15 Milliarden Franken für den Kauf von Rüstungsgütern. Statt rund 1 Milliarde Franken wie heute wäre das Rüstungsprogramm damit durchschnittlich 1,5 Milliarden Franken schwer.

Um das zu finanzieren, hat der Bundesrat die Erhöhung des Zahlungsrahmens um real 1,4 Prozent pro Jahr beschlossen. Laut Amherd ist das die finanziell realistischste Variante. Im Bericht werden weitere Optionen diskutiert, die der Bundesrat aber verworfen hat.

Dazu gehört die stärkere Ausrichtung der Armee auf zwischenstaatliche bewaffnete Konflikte. Dieses Szenario wird einerseits als wenig wahrscheinlich erachtet, andererseits würde der Investitionsbedarf rund 10 Milliarden Franken betragen.

Ebenfalls verworfen wurde die nun gewählte Option mit einem höheren Sollbestand. Bei 120'000 statt 100'000 Armeeangehörigen wäre zwar die Durchhaltefähigkeit höher, der Investitionsbedarf läge aber bei 9 Milliarden Franken. Diese Option ist insofern noch im Spiel, als dass sie durch einen Ausbau jederzeit umgesetzt werden könnte.