Gesprächsprotokoll: Trump hat von Selenskyj Ermittlungen zu Biden gefordert

Nach der Veröffentlichung des Protokolls eines Telefonats von Donald Trump mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj gerät der US-Präsident weiter unter Druck.

Donald Trump - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Demokraten entsetzt - US-Präsident sieht sich in Ukraine-Affäre entlastet.

Die Mitschrift belegt, dass Trump Ermittlungen gegen seinen möglichen Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl 2020, Joe Biden, und dessen Sohn erbat. Angaben zu der möglichen Verknüpfung solcher Ermittlungen mit US-Militärhilfen enthält das Gesprächsprotokoll aber nicht, dafür Vorwürfe Trumps an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

«Es wird viel über Bidens Sohn geredet, dass Biden die Ermittlungen gestoppt hat, und viele Leute wollen das genauer wissen», sagte Trump in dem Gespräch Ende Juli. Hunter Biden arbeitete früher für ein ukrainisches Gasunternehmen. In der Firma soll es Fälle von Korruption gegeben haben, Hunter Biden selber wurden aber nie derartige Vorwürfe gemacht.

«Biden hat überall rumposaunt, dass er die Strafverfolgung gestoppt hat», sagt Trump in dem Gespräch über den früheren Vizepräsidenten. Auch dazu solle die Ukraine ermitteln, forderte Trump. Sein persönlicher Anwalt Rudy Giuliani und Justizminister William Barr würden sich von US-Seite aus darum kümmern.

Joe Biden hatte sich als Vizepräsident gemeinsam mit anderen westlichen Ländern dafür eingesetzt, dass der damalige ukrainische Generalstaatsanwalt Viktor Schokin abgesetzt wurde. Ihm wurde vorgeworfen, nicht genug gegen Korruption zu tun.

Der Hauptvorwurf gegen den US-Präsidenten, er habe die Freigabe von US-Militärhilfen an die Ukraine an die Lieferung von belastendem Material über Biden geknüpft, wird in dem Gesprächsprotokoll nicht belegt. Allerdings sprachen die beiden durchaus über Hilfen.

Unmittelbar nach der Veröffentlichung des Protokolls, das möglicherweise keinen genauen Wortlaut des Gesprächs wiedergibt, sah sich Trump entlastet. «Es gab keinerlei Druck», sagte Trump am Rande der UN-Generaldebatte in New York. «Es war ein freundlicher Brief.» Er beklagte sich erneut über die «grösste Hexenjagd in der Geschichte Amerikas».

Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses, der Demokrat Adam Schiff, sprach nach der Veröffentlichung des Gesprächsprotokolls dagegen von «klassischem Mafiastil».

Wegen der Affäre haben die oppositionellen Demokraten eine offizielle parlamentarische Untersuchung zu einem möglichen Amtsenthebungsverfahren gegen Trump angekündigt. Die Anführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, sagte, Trump habe mit seinen Handlungen «Verrat an seinem Amtseid» und an der «nationalen Sicherheit» begangen.

Die US-Demokraten verlangen ausserdem die Veröffentlichung der internen Beschwerde eines Geheimdienstmitarbeiters, der sich besorgt über das Telefonat geäussert und damit die Affäre ins Rollen gebracht hatte. Schiff kündigte an, der Geheimdienstmitarbeiter könne bald vor dem Ausschuss aussagen.

Die Entscheidung, keine 14 Monate vor der US-Präsidentschaftswahl im November 2020 ein mögliches Amtsenthebungsverfahren vorzubereiten, birgt enorme politische Sprengkraft. Zugleich gelten die Chancen, dass Trump tatsächlich vom Kongress abgesetzt werden könnte, als gering. Die Entscheidung darüber würde der Senat fällen, in dem Trumps Republikaner in der Mehrheit sind.

Bei den US-Demokraten hatte es schon lange Forderungen gegeben, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einzuleiten, unter anderem wegen des Vorwurfs der Justizbehinderung im Zusammenhang mit der Russland-Affäre. Bislang war Pelosi dagegen. Sie fürchtet, ein solches Verfahren könne letztlich Trump helfen, bei der Wahl 2020 seine Wähler zu mobilisieren. Ähnlich äusserte sich am Dienstag Trump selbst.

Über Deutschland und Kanzlerin Merkel sagte der US-Präsident in dem Telefonat mit Selenskyj: «Deutschland tut fast nichts für Euch. Alles, was sie tun, ist zu reden.» Viele europäische Länder verhielten sich ähnlich. Die USA täten «viel mehr» für die Ukraine als die europäischen Länder.

«Ja, Sie haben absolut Recht», zu «tatsächlich hundert Prozent», sagte der ukrainische Staatschef zu den Vorwürfen Trumps. Die Bundesregierung wollte sich dazu am Mittwoch nicht öffentlich äussern. «Wir kommentieren das nicht», sagte eine Regierungssprecherin in Berlin.