Fussball-Talk: Null Zweifel an YB-Rahmen, Schiris müssen über Bücher

YB wartet weiter auf den ersten Sieg, der FCB zeigt sich in Gala-Form – und der neue Leader kommt aus Zürich. Willkommen beim Fussball-Talk.

Ein Thema im Fussball-Talk: GC steht nach diesem Wochenende am Tabellenende. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Thierno Barry schraubt sein Torkonto beim 6:0 über Servette auf fünf Treffer.
  • Wie lange bleibt der Stürmer noch beim FC Basel?
  • Meister YB wartet nach dem 2:2 gegen Yverdon weiter auf den ersten Sieg.
  • Der neue Leader FCZ gewinnt gegen Lausanne mit 2:0.
  • Sportchef Christoph Böhlen und Fussball-Chefreporter Mischi Wettstein im Gespräch.

Nau.ch: In Genf ereignet sich ein Paukenschlag: Der FCB gewinnt gegen Servette gleich mit 6:0. Eure Meinung zum Spiel?

Mischi Wettstein: Das ist ein unfassbares Resultat, das macht mich sprachlos. Servette war in der ersten Halbzeit nicht schlechter, doch es gibt so Tage, wo einem Team alles gelingt – und dem anderen Team gar nichts. Aber sechs Gegentore im eigenen Stadion – das darf dir nicht passieren!

Thierno Barry trifft erneut für den FC Basel – wie lange noch? - keystone

Christoph Böhlen: Vor allem in der Offensive ist der FCB überzeugend unterwegs – dank Stürmer Barry. Für ihn soll es Angebote geben. Eigentlich müsste der Verein doch jetzt alles daransetzen, dass er bleibt?

Mischi Wettstein: Trainer Fabio Celestini hätte Freude, wenn sein bester Stürmer an Bord bleibt. Er hat in drei Spielen schon fünf Tore erzielt. Damit wird er aber viele Begehrlichkeiten wecken. Die Angebote werden kommen. Und wenn Barry im Ausland ein Vielfaches verdienen kann, wird es schwierig, ihn zu halten.

Christoph Böhlen: Mischi, was traust du dem FCB zu? Nach dem schwachen Start sind es jetzt zwei Siege in Serie. War das der Start zu einer Serie?

Mischi Wettstein: Ich habe von Anfang an gesagt, dass der FCB ein gutes Kader-Gerüst hat. Aber ich denke nicht, dass das Team schon steht. Wir müssen bis zum Ende der Transferperiode abwarten, erst dann können wir die Teams abschliessend beurteilen. Bisher war der FCB nicht hyperaktiv, das zahlt sich aus. Gezielte Verstärkungen machen mehr Sinn, als einfach vogelwild Transfers zu machen.

Nau.ch: Verlassen wir das Rheinknie und wechseln zu GC, das nach dem 0:1 gegen St.Gallen neu das Schlusslicht ist.

Mischi Wettstein: An dieser Stelle muss ich gleich etwas loswerden: Der Penalty für den FCSG ist ein Blödsinn. Unsere Schiris halten sich für fehlerlos, beschreiben immer alles aus ihrer Sicht und finden ihre eigene Wahrheit! Aber wenn das jetzt schon ein Penalty ist, muss man künftig zwanzig Stück pro Spiel pfeifen.

Wieso kann der Schiri – zum eigenen Schutz – nicht einfach kurz zum Bildschirm gehen und seinen Entscheid überprüfen? Die Schiris müssen über die Bücher!

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SRF - Dieser Penalty sorgt im Lager der GC-Fans für viel Diskussionen.

Nau.ch: Und was sagst du zum restlichen GC-Spiel?

Mischi Wettstein: Das mit dem Penalty ist aus Sicht von GC natürlich nervig. Aber sie müssen sich auch selber an der Nase nehmen: Wie Tobers seine Mega-Chance aus rund neun Metern vergibt, da muss man sich nicht wundern, wenn man ohne Punkte nach Hause fährt.

Christoph Böhlen: Du denkst aber nicht, dass GC jetzt das Schlusslicht bleibt? Oder machst du dir Sorgen um das Schällibaum-Team?

Mischi Wettstein: Nein! Man hat gesehen, dass Benno Schmitz eine Verstärkung ist. Wenn noch weitere Spieler von diesem Format kommen, die dem Team sofort helfen können, ist rasch Besserung in Sicht. Aber das müsste jetzt dann bald einmal passieren, sonst erhält man ganz am Ende der Transferperiode nur noch die faulen Äpfel am Baum.

Mischi Wettstein ist Fussball-Chefreporter bei Nau.ch. - Nau.ch

Nau.ch: Wir bleiben im Kanton Zürich, springen aber ans andere Ende der Tabelle: Der FCZ ist neuer Leader.

Christoph Böhlen: Die Zürcher gewinnen gegen Lausanne, ohne allzu überzeugend aufzutreten. Das sind Attribute einer Spitzenmannschaft. Soll ich dir bereits zum Titel gratulieren, Mischi?

Mischi Wettstein: (lacht) Nein danke, ich gratuliere dir ja auch nicht zum Barrageplatz … Es ist nur eine Momentaufnahme. Seien wir ehrlich: Bis auf ein paar Innerschweizer Fans hat kaum einer damit gerechnet, dass der FCL im Tessin (glücklich) gegen Lugano gewinnt …

Trotzdem: Der FCZ hat sich den Dreier am Sonntag erkämpft, erlitten und erduselt. Alles andere interessiert am Ende niemanden mehr. Aber klar, trotz des Siegs und dem Leaderthron: Die Aufgabe am Donnerstag gegen Guimaraes wird nach dem 0:3 nicht einfacher. Der FCZ zollt den englischen Wochen bereits einigen Tribut. Da sind zurzeit nicht mehr alle Spieler mit vollem Tank unterwegs.

Der FC Zürich grüsst von der Tabellenspitze. - keystone

Nau.ch: Bereits seit Samstagabend ist klar, dass Meister YB weiterhin auf den ersten Saisonsieg warten muss. In Yverdon gibt es nur ein 2:2, weil die Berner eine halbe Stunde in Unterzahl auftreten müssen.

Mischi Wettstein: Ich habe das Spiel gesehen. Die Dummheit von Ali Camara hat sich schon vor der Pause angekündigt. Er fand nie in den Match, mit Yverdon-Stürmer Kevin Carlos kam er überhaupt nicht klar. Die Überforderung hat ihn dann wohl zu dem unnötigen Foul und damit der Roten Karte getrieben. Das kostete YB unter dem Strich den Sieg.

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SRF - Mit dieser brutalen und unnötigen Grätsche holte sich der YB-Verteidiger Mohamed Ali Camara die direkte VAR-Rote ab.

Christoph Böhlen: Ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll. Mit Ali Camara ist einer der grossen Hoffnungsträger im YB-Spiel zurück. Und feiert dann einen solch grausamen Einstand. Es war offensichtlich, dass der Verteidiger noch nicht in der nötigen Verfassung war.

Dass Carlos gleichzeitig noch bei Yverdon spielt, ist dann doppeltes Pech. Im Rückblick muss man sagen: YB hätte beim Spanier zuschlagen müssen, ihn könnte das Team aktuell dringend gebrauchen. Aber offenbar haben die Waadtländer dem Stürmer ein heftiges Preisschild angehängt.

Camara ist übrigens nicht der einzige YBler, der im Waadtland keinen guten Tag einzieht. In diesem Abwärtsstrudel, in dem sich das Team befindet, sind die fehlenden Siege keine Überraschung. Nach wie vor fehlen Leader auf dem Platz – und zu viele Spieler befinden sich in Unterform.

Kevin Carlos (links) hält YB-Verteidiger Ali Camara am Samstag auf Trab. - keystone

Mischi Wettstein: Dieser Saisonstart ist für Trainer Patrick Rahmen ein Albtraum. Ich hoffe für ihn, dass er möglichst bald daraus erwachen wird. Sein erster Sieg als YB-Trainer ist überfällig.

Christoph Böhlen: Wenn alles normal läuft, feiert er diesen am kommenden Wochenende. Gegen den Walliser Zweitligisten Printse-Nendaz sollte auch ein YB in Unterform gewinnen können. Danach warten die beiden Bonusspiele gegen Galatasaray, bei denen der Meister auf dem Papier klarer Underdog ist.

Doch danach wird es entscheidend, wollen die Berner und Rahmen das Ruder herumreissen: Mit Lausanne, Winterthur und GC wartet ein September-Programm, bei dem neun Punkte hermüssen.

Nau.ch: Muss YB jetzt sogar um die Top 6 zittern?

Mischi Wettstein: Sicher nicht! Die Verantwortlichen in Bern werden die richtigen Schlüsse ziehen und auf dem Transfermarkt aktiv sein. YB fehlt es an Führungsspielern – ein Spieler vom Typ «Stefan Effenberg» würde da helfen. Aber schon die Rückkehr von Loris Benito würde dem Team Sicherheit geben.

Ich sage jetzt schon: Die Berner holen das noch auf, auch weil ich keine Sekunde an Rahmen zweifle! «Päti» hat eine hohe Sozialkompetenz, die gerade, wenn es nicht läuft, ganz wertvoll ist.

Wann darf Patrick Rahmen endlich über einen Sieg mit YB jubeln? - keystone

Christoph Böhlen: Ich würde mal grundsätzlich auf die Bremse treten. Von den Top 6 oder gar dem Titel müssen wir in Bern aktuell sicher nicht sprechen. Es geht vor allem darum, wieder Selbstvertrauen zu finden und noch mindestens einen richtig guten Transfer einzufädeln. Zudem schadet sicher nicht, wenn der eine oder andere sichtlich abwanderungswillige Spieler das Wankdorf verlässt.

Wohin es dann noch reicht, wird man sehen. Dass ein Meister zu Saisonbeginn Mühe haben kann, hat der FCZ nach dem Breitenreiter-Titel gezeigt: Damals wartete der Club 13 Ligaspiele auf einen Sieg!

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Nau.ch: Blicken wir noch rasch ins Tessin. Mischi, du hast es schon gesagt: Mit einem FCL-Sieg gegen Lugano haben wohl die Wenigsten gerechnet?

Mischi Wettstein: Das kommt wirklich überraschend. Und ist auch bitter für das Team von Mattia Croci-Torti: Mit einem Sieg hätte man den Leaderthron behalten und ein Ausrufezeichen setzen können. Doch an diesem Spieltag profitieren weder die Tessiner noch Servette von der YB-Baisse. Will den keiner den Berner Fehlstart ausnutzen?

Christoph Böhlen: Da muss ich lachen: Auf YB werden die beiden Teams aktuell kaum schauen …

Nau.ch: Was ist euch sonst noch aufgefallen?

Mischi Wettstein: Ich stellte fest: Der FC Aarau hat sich am Wochenende verbessert! Mit dem einen Punkt gegen Ouchy kann der FCA die Rote Laterne an den FC Wil abgeben …

Christoph Böhlen: Im Wallis hat sich gezeigt, dass es für den letztjährigen Überflieger Winterthur eine ganz schwierige Saison wird. Allerdings werden die Zürcher nicht das einzige Team sein, das beim heimstarken Sion Federn lassen wird.

Christoph Böhlen ist Sportchef bei Nau.ch. - Nau.ch