Wie geht es unseren Milchkühen im Winter?
Schweizer Milchkühe trotzen frostigen Temperaturen dank ihres schützenden Winterfells und geniessen frische Luft. Dr. med. vet. Cornel Boog informiert darüber.
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Das Wichtigste in Kürze
- Wussten Sie, dass Kühe sich bei Temperaturen bis –5 Grad Celsius wohlfühlen?
- Zu den Freiheiten einer Kuh zählen Raum, Ruhe, Licht, Futter, Wasser und frische Luft.
- Schweizer Milchproduzenten sorgen dafür, dass diese auf ihrem Hof respektiert werden.
Beinahe 100 Prozent der Schweizer Milchkühe profitieren von den vom Bund geförderten Tierwohlprogrammen RAUS (regelmässiger Auslauf ins Freie) oder BTS (besonders tierfreundliche Stallhaltung). RAUS ermöglicht Kühen auch im Winter regelmässigen Auslauf, während BTS höhere Standards für Licht, Einstreu und Bewegungsfreiheit in Ställen setzt.
Seit 2024 darf in der Schweiz nur noch Milch nach dem Branchenstandard swissmilk green produziert werden. Dieser beinhaltet zehn Grundanforderungen, eine davon ist die Teilnahme an BTS oder RAUS.
Doch wie sieht Kuhwohl im Winter tatsächlich aus? Wir haben bei Tierarzt Cornel Boog nachgefragt:
Wie schätzen Sie das Tierwohl der Milchkühe in der Schweiz allgemein ein?
Ich habe das Gefühl, den meisten Kühen bei uns in der Schweiz geht es sehr gut. Wir haben eine der strengsten Tierschutzgesetzgebungen weltweit, gerade was Platz und Auslauf angeht. Zusätzlich sind die meisten Kühe bei freiwilligen Programmen wie BTS oder RAUS dabei.
Was braucht eine Kuh denn grundsätzlich, um sich wohlzufühlen?
Eine Kuh braucht Kontakt zu Artgenossen, ausreichend gutes Futter, sauberes Wasser sowie genug Platz, damit sie sauber und trocken liegen kann. Die Ställe sollten zudem hell und geräumig sein und eine gute Luftqualität aufweisen.
Welche Rolle spielt die Fütterung von Kühen im Winter?
Im Winter bekommen die Kühe konserviertes Futter, Heu oder Silage, da auf der Weide kein Gras wächst. Für ihre Gesundheit ist es wichtig, dass dieses Futter von guter Qualität ist. Das ist insbesondere in nassen Jahren gar nicht so einfach. Wir Tierärzte merken dies dann auch daran, dass es mehr Stoffwechselerkrankungen gibt. Mit der Milchprüfung sieht man am besten, wie es um die Eiweiss- oder die Energieversorgung der Kuh steht und wie man die Fütterung anpassen kann.
Welche Temperaturen mögen Kühe am liebsten?
Die Kühe mögen es lieber kalt als warm. Kälte macht ihnen nichts aus, bis zu –20 Grad Celsius können sie wegstecken, ohne dass ihnen etwas passiert.
Sind Kühe im Winter wie wir Menschen vermehrt krank?
Bei den Milchkühen gibt es keine klassische Grippesaison wie bei uns Menschen. Gewisse Faktoren wie Zugluft oder Nässe können jedoch begünstigen, dass sie krank werden.
Bekommen die Kühe keine Winterdepressionen?
Das ist natürlich schwierig zu beurteilen (lacht). Ich habe aber nicht das Gefühl, dass sie im Winter depressive Verstimmungen haben und im Sommer besonders frohlockend sind. Wenn es schön ist, gehen sie natürlich gerne raus, auch in den Schnee.
Wie unterstützen Sie als Tierarzt die Landwirtinnen und Landwirten?
Wir beraten. Vor allem, wenn wir etwas sehen, das weniger gut ist. Wenn gewisse Krankheitsbilder gehäuft vorkommen, wird dies angesprochen und zusammen geschaut, woran dies liegen könnte. Dabei sind gute Beziehungen sicher hilfreich; mit der Zeit kennt man die Betriebe und ihre Tiere.
Was möchten Sie uns über die Schweizer Milchwirtschaft mit auf den Weg geben?
Die Milchproduktion in der Schweiz liegt mir am Herzen. Ich finde es schade, dass viele Betriebe verschwinden. Traditionell ist die Schweiz ein Land von Milch, Käse und Butter. Wir haben auch viele lokale Käsereien, die einen grossartigen Job machen.
Gerade mit Blick ins Ausland finde ich wirklich, dass es unseren Kühen gut geht. Deshalb habe ich lieber ein Schweizer Produkt als ein ausländisches. Es ist mir wichtig, dass in der Schweiz produziert wird.
Weitere Infos auf swissmilk.ch/winter
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Zum Interviewpartner:
Dr. med. vet. Cornel Boog ist Bestandestierarzt und Co-Leiter der Tierarztpraxis Lauenen in Thun.
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