Im Planetarium einmal durch den Kosmos
Seit gut 100 Jahren funkelt der künstliche Nachthimmel in Planetarien. Moderne Shows mit Live-Daten bringen uns jetzt an jeden Punkt im bekannten Universum.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit gut 100 Jahren erklären Planetarien Besuchern die Erscheinungen am Nachthimmel.
- Sie dienen auch zum Navigationstraining und für die Erforschung tierischer Orientierung.
- Moderne Planetarien projizieren Live-Daten aus dem Kosmos an die Planetariumskuppel.
- Interaktive Shows bringen Zuschauer an jeden Ort im All und erklären neueste Forschung.
Das Planetarium, wie wir es heute kennen, ist eine Erfindung des 20. Jahrhunderts. Als eine Auftragsarbeit mit aufklärerischem Charakter für das «Deutsche Museum» in München entstanden, eroberte es in der Folge die Welt.
Neben seinem Einsatz als lehrendes und bestauntes «Sternentheater» erfüllte es in seiner Geschichte verschiedenste Zwecke: Amerikanische Astronauten trainierten in Planetarien Not-Navigation für Instrumenten-Ausfall-Szenarien. Angehende Seeleute und Piloten lernen bis heute unter den künstlichen Himmeln die Orientierung an den Sternen. Und Biologen bewiesen jüngst im Planetarium von Johannesburg, dass sich der afrikanische Mistkäfer an der Milchstrasse orientiert.
Moderne Planetarien visualisieren mit Hochleistungstechnologie neueste Entdeckungen aus der Astronomie. Schwarze Löcher, braune Zwerge, Dunkelwolken, Reflektionsnebel, Exoplaneten: Full-dome-Planetarien mit ihren leistungsstarken Computern können jedes bekannte Phänomen im Universum ansteuern und auf die Kuppel bannen. Und präsentieren neueste Ergebnisse aus der Weltraumforschung visuell und sprachlich schön aufbereitet.
Kuppel und Sterne
Das erste moderne Planetarium baute Mitte der 1920er Jahre die Firma Carl Zeiss aus Jena. Das Revolutionäre an der Anlage bestand darin, den Nachthimmel nicht wie bis anhin mechanisch, sondern mittels Kuppel-Projektion darzustellen. An zentraler Stelle unter der Kuppel befand sich ein Projektor, welcher Fixsternhimmel, Planetenbahnen und die Milchstrasse an den Himmel projizierte.
Zentral für das Gelingen der Illusion war neben dem ausgeklügelten Projektor die Kuppel. Die Kuppelform nimmt dem Planetariumsbesucher nämlich die Möglichkeit, Tiefenunterschiede wahrzunehmen. «Bei verdunkeltem Raum», so Walter Bauersfeld, der Schöpfer des Zeiss-Planetariums, «fehlt dem Augenpaar der Massstab für die Tiefe überhaupt. Man gelangt daher leicht zu der Illusion des unendlichen Raumes.»
Von Anfang an gehört zu einem Planetariumsbesuch das Gemeinschaftserlebnis. Die illusionsstiftende Kuppel gibt dem Innenraum etwas Sakrales, das an buddhistische Stupas, muslimische Moscheen oder christliche Kathedralen mahnt. Und das gemeinsame Zuhören und die leichte Verstandes-Überforderung erinnern nicht wenig an eine christliche Messe mit ihrem zentralen Mysterium.
Unterhalten, Lehren, Staunen
Das Planetarium hat seit jeher mehrere Funktionen. Als «Sternentheater» eröffnete es Stadtbewohnern den Blick auf einen Nachthimmel, wie sie ihn draussen nie zu Gesicht bekommen. Als Maschine zur Wissensvermittlung zeigte es die planmässige Bewegung der Fixsterne und der Planeten. Und schliesslich bewies es eindrücklich, welch wunderbare Apparaturen der forschende Mensch zu bauen im Stande ist.
Im Planetarium wurden einer breiten Öffentlichkeit Vorgänge plausibel erklärt, die sich dem beobachtenden Blick normalerweise entziehen. Konnte zunächst nur die «Himmelsbewegung» über einem bestimmten Ort simuliert werden, zeigten spätere Projektoren den Himmel über jedem gewünschten Ort. Spätestens damit wurde es ein für Orientierungs-Trainings äusserst interessantes Simulations-Gerät. So erstaunt es kaum, dass im zweiten Weltkrieg die Wehrmacht Planetarien nutzte, um Piloten die Orientierung nach Gestirnen beizubringen.
Die US-Armee nutzt bis heute Planetarien, um Kadetten und Piloten in der Orientierung am Sternenhimmel zu schulen. Und die frühen US-Astronauten kamen in den Genuss eines Orientierungstrainings an den Sternen, für den Fall eines Instrumente-Versagens. Neil Armstrong alleine verbrachte gut 130 Trainingsstunden im Morehead Planetarium in Chapel Hill, North Carolina. Erfindungsreiche Ingenieure zimmerten den Astronauten damals für ihr Orientierungstraining Vorrichtungen, die das extrem reduzierte Blickfeld einer Raumkapsel simulierten.
Moderne Planetarien
In den gut 100 Jahren seit seiner Erfindung ist das Planetarium mit den technischen Fortschritten gewachsen. Kinotechnik, Zusatzprojektoren und kuppelfüllende Dia-Projektionen sorgten seit den 70er Jahren für immer immersivere Erlebnisse. So liessen sich Sonnen- und Mondfinsternisse, Sternschnuppen und Kometen effektvoll im Planetarium darstellen. Noch einnehmender wurde es in den 2000er Jahren mit hochauflösenden, kuppelfüllenden Video-Produktionen, die das Blickfeld der Besucher komplett einnahmen.
Das Ziel solcher Full-dome-Projektionen ist es, die Zuschauer vollständig in das Gezeigte hineinzuziehen. Diese neue Macht des Planetariums ist auch wissenschaftlichen Nachbardisziplinen nicht entgangen. So findet sich zum Beispiel im Programm des Verkehrshaus-Planetariums eine Produktion mit Namen «Expedition Korallenriff». Genau wie die Full-dome-Weltall-Shows wird der Zuschauer hier an einen Ort gebracht, den er sonst nur sehr schwer erreichen könnte.
Die Live-Show im Verkehrshaus-Planetarium
In Luzern im Verkehrshaus der Schweiz steht seit 1969 das erste und einzige Grossplanetarium der Schweiz. Seit Ende 2013 der mechanische Projektor durch eine moderne, digitale Vollkuppelprojektion ersetzt wurde, fungiert das Planetarium als regelrechter Weltraumsimulator.
Die elf Hochleistungscomputer liefern mittels fünf Projektoren 500 Quadratmeter grosse, nahtlose Bilder. Das ermöglicht virtuelle Flüge zu Monden und Planeten weit über unser Sonnensystem hinaus. Damit verliert das Planetarium nach beinahe hundert Jahren seine Gebundenheit an einen erdzentrierten Oberflächen-Standpunkt.
Neben vorproduzierten Shows erlauben die Hochleistungscomputer des Planetariums im Verkehrshaus die Darstellung von Echtzeit-Daten. So kann der Operator oder die Operatorin nach Belieben durch den Kosmos navigieren und dem Publikum neueste Erkenntnisse aus der Wissenschaft präsentieren. Wird zum Beispiel ein neuer Planet entdeckt, der um eine Sonne ausserhalb unseres Sonnensystems kreist, kann dieser problemlos angeflogen werden.
Das interaktive Design dieser Shows macht zusammen mit dem Full-dome-Bild aus dem Planetariumsbesuch ein aussergewöhnlich einnehmendes Erlebnis. Inzwischen finden auch Musikveranstaltungen wie Konzerte unter der Kuppel statt.
Woher kommen wir und wohin gehen wir? Auf Antwortsuche im Planetarium des Verkehrshauses der Schweiz in Luzern
Wer die unendlichen Weiten des Kosmos erleben will, besucht am besten die Verkehrshaus-Show «Reise ins Universum». Dieser Klassiker des New Yorker Hayden-Planetariums weckt im Zuschauer mit ultra-hochauflösenden Bildern ein Bewusstsein für die unendlichen Weiten des Alls.
Die ganz neue Produktion «Welten jenseits der Erde» bleibt hingegen in unserem Sonnensystem. Und geht durch Betrachtung unserer Nachbarplaneten, Kometen und Monden der Frage nach, wie auf der Erde Leben entstehen konnte.
Haben wir Sie neugierig gemacht? Hier finden Sie alles Weitere über das Planetarium des Verkehrshauses der Schweiz.