Wenn der Bademeister bei Notfällen mit dem Ruderboot ausrückt
Das Schwimmbecken des Berner Freibads Weyermannshaus ist das grösste der Schweiz und wahrscheinlich das grösste in Westeuropa.
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Das Becken hat eine Fläche von knapp 16'000 Quadratmetern, was mehr als dem Doppelten eines normalen Fussballplatzes entspricht. Wer um das Becken wandert, legt knapp 460 Meter zurück. Das grösste Freibad Deutschlands, das Brentanobad in Frankfurt am Main, weist ein Becken von gerade mal 11'000 Quadratmetern Fläche auf.
Weil das Becken demnächst saniert werden soll, haben Angestellte des Stadtberner Sportamts mehrere in- und ausländische Freibäder besucht, aufgrund der Dimensionen des Berner Bads möglichst grosse. Amtsleiter Christian Bigler sagt nach diesen Reisen: «Das Weyermannshausbad ist mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit das grösste Bad Westeuropas.«
«Man kommt einander nicht in den Weg»
Am Beckenrand steht das Ehepaar Müller. Es hat sich eben aus den Kleidern geschält und macht sich bereit fürs Schwimmen im Riesenbecken. «Wir kommen extra aus Köniz daher, weil man hier schwimmen kann, wie man will - kreuz und quer. Und man kann Runden drehen», sagt Herr Müller. Seine Frau sagt: «Man kommt einander nicht in den Weg.«
Was den Badegästen Freude bereitet, stellt für Anlagechef Hanspeter Heiniger eine Herausforderung dar. Vier Bademeister behalten an schönen Tagen ständig das Geschehen im Auge. Sie intervenieren bei Problemen auf dem «Inseli» - einem betonierten Steg im Zentrum des Beckens - per Lautsprecher.
Denn Hinüberschreien vom Beckenrand aus bringt nichts, in die Trillerpfeife blasen auch nicht. Die Distanz ist viel zu gross. «Wenn jemand per Lautsprecher zurechtgewiesen wird, hören das alle und das wirkt dann auch», sagt Anlagechef Heiniger.
Mit dem Ruderboot ausrücken müssen die Bademeister etwa, wenn jemand zum Inseli schwimmt, aber es nicht zurückschafft. «Viele Leute überschätzen sich», so Heiniger. Das Boot kommt auch zum Einsatz, wenn sich jemand beim Inseli eine Platzwunde holt.
Am Anfang standen drei Weiher
Dass es das Riesenbecken im Westen Berns überhaupt gibt und dass es betrieben werden kann, ist der Geschichte zu verdanken. Respektive der Topopgraphie. Das Bad heisst nicht umsonst Weyermannshaus und wird im Volksmund meist «Weyerli» genannt.
An dieser Stelle gab es früher drei Weiher. Zwei wurden eingeebnet. Der letzte, westlichste, wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem Badesee umgestaltet. In den 1950-er Jahren verbaute man den Teich. So wurde er zum Badebecken.
Das Wasser, das sich im Becken befindet, kommt aus dem Grundwasser unterhalb des Areals. Zwei Pumpen, die sich auf dem Areal befinden, fördern es aus zwölf Metern Tiefe nach oben. Der frühere Wasserreichtum des Geländes wird also immer noch genutzt. «Das 'Weyerli' ist ein Stück weit immer noch ein Weiher», sagt Christian Bigler.
Die Wasserqualität im Riesenbecken wird nicht etwa durch Unmengen an Chlor sichergestellt, sondern durch Unmengen von Frischwasser mit Quellwasserqualität. An Spitzentagen werden bis zu 2700 Liter Frischwasser pro Minute oder 3500 Kubikmeter Wasser pro Tag ins Becken eingespiesen. Dieses Wasser wird leicht mit Javelwasser versetzt.
Diese Kombination von Frischwasser mit desinfizierender Flüssigkeit bewirkt, dass die mikrobiologische Wasserqualität nach Angaben des Berner Sportamts stets gut war und ist.