Die Aargauer Regierung geht bei der Prämienverbilligung über die Bücher
Der Kanton Aargau überprüft sein Modell zur individuellen Verbilligung der Krankenkassenprämien und will allfällige Anpassungen vornehmen.
Damit reagiert der Regierungsrat auf ein Urteil des Bundesgerichts, das die Senkung der Einkommensschwelle im Kanton Luzern betraf.
Das Gesundheitsdepartement von Franziska Roth (SVP) muss die Einkommensgrenze für den Anspruch auf eine Prämienverbilligung überprüfen. Den Auftrag erteilte der Regierungsrat, wie die Staatskanzlei am Freitag mitteilte.
Das Resultat der Überprüfung sei eine wichtige Grundlage für den Grossen Rat, um die Höhe des für die Prämienverbilligung zur Verfügung stehenden Betrags beschliessen zu können, heisst es in der Medienmitteilung.
Das Parlament kann das Dekret zur Prämienverbilligung 2020 erst im Juni behandeln. Dies verzögert dasVerfahren für die Prämienverbilligung: Es wird im September starten.
Bundesgericht macht Druck
Im Januar entschied das Bundesgericht über einen Fall aus dem Kanton Luzern. Der Kanton hatte im Jahr 2017 die Einkommensgrenze zur Verbilligung der Prämien von Familien mit Kindern und jungen Erwachsenen auf 54'000 Franken gesenkt.
Das Bundesgericht stellte fest, dass diese Absenkung nicht bundesrechtskonform sei. Das Urteil verpflichtete den Kanton Luzern, die Schwelle wieder anzuheben.
Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen erhalten gemäss Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) Prämienverbilligung. Es ist Sache der Kantone, zu regeln, welche Personen Anspruch haben.
Unter dem Schweizer Durchschnitt
Der Aargauer Regierungsrats beantragte im Dezember, dass der Kanton im kommenden Jahr 102,4 Millionen Franken an die Prämienverbilligung bezahlt.
In seiner Botschaft sprach der Regierungsrat von einem «sozialpolitischen Minimum». Ausgehend vom Jahr 2019 und aufgrund der «weiterhin herausfordernden finanziellen Situation des Kantons» sei ein höherer Betrag «nicht angezeigt».
Zusammen mit dem Bundesbetrag von 234,4 Millionen sollen 2020 insgesamt 336,8 Millionen Franken zur Verfügung stehen. Der Kantonsanteil beträgt 30,4 Prozent an der Gesamtsumme.
Damit liegt der Aargau deutlich unter dem Schweizer Mittelwert: Die Kantone beteiligten sich 2017 im Durchschnitt mit einem Anteil von 41,7 Prozent.
Weniger Geld für unteren Mittelstand
Weil von der Gesamtsumme auch die Prämien von Personen, die Ergänzungsleistungen erhalten, und von Sozialhilfebezügern finanziert werden, steht für Personen und Familien des unteren Mittelstandes deutlich weniger Geld zur Verfügung. Unter dem Strich bleiben gemäss Berechnungen des Regierungsrats im nächsten Jahr 179,2 Millionen Franken übrig.
In diesem Jahr liegen für die Prämienverbilligung im Aargau insgesamt 323 Millionen Franken bereit. Der Kanton bezahlt 96 Millionen Franken. Der Regierungsrat wollte 10 Millionen Franken mehr. Der Grosse Rat kürzte den Betrag.
Rund 166'000 Personen erhalten 2019 voraussichtlich eine Prämienverbilligung. Davon sind 36'470 EL- und Sozialhilfebeziehende. 123'000 Personen können mit einer individuellen Prämienverbilligung rechnen.