Mama oder Papa? Wenn Kleinkinder einen Elternteil bevorzugen
Viele Eltern kennen es: Das Baby oder Kleinkind zeigt eine eindeutige Vorliebe für Mama oder Papa. Doch was steckt dahinter und wie geht man damit um?

Liebe Mamas und Papas, kennt ihr das? Euer Kleines klammert sich plötzlich nur noch an einen von euch.
«Nur Papa!» oder «Mama soll's machen!» schallt es durch die Wohnung, und der andere Elternteil fühlt sich ausgeschlossen und hilflos. In diesem Artikel erfahrt ihr, warum Kinder einen Elternteil bevorzugen und wie ihr damit umgehen könnt.
Bevorzugung ist ein verbreitetes Phänomen
Dass Kleinkinder zeitweise einen Elternteil bevorzugen, ist ein weit verbreitetes Phänomen. Experten betonen, dass diese Phase völlig normal ist und keinen Grund zur Sorge darstellt.

Die gute Nachricht vorweg: Die Bevorzugung kann sich im Laufe der Zeit ändern und zwischen Mutter und Vater wechseln. Oft hängt sie mit der aktuellen Entwicklungsphase des Kindes und seinen momentanen Bedürfnissen zusammen.
Vertrautheit und verbrachte Zeit
Ein Hauptgrund für die Bevorzugung eines Elternteils ist oft die Vertrautheit, die durch gemeinsam verbrachte Zeit entsteht. Kinder binden sich naturgemäss stärker an die Person, die ihre Grundbedürfnisse erfüllt.
Dies erklärt, warum viele Kleinkinder zunächst «Mamakinder» sind, da Mütter häufig mehr Zeit in der Kinderbetreuung verbringen. Die Bindung ist stark vom Austausch von Gefühlen im Alltag und der Anwesenheit der jeweiligen erwachsenen Person abhängig.
Je mehr Zeit ein Elternteil mit dem Kind verbringen kann, desto besser ist es für die Beziehung und die Annahme durch das Kind. Diese Dynamik kann sich jedoch ändern, wenn sich die Betreuungssituation ändert.
Eine Frage des Temperaments
Das kindliche Temperament und die Persönlichkeit spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Bevorzugung eines Elternteils. Kinder mit unterschiedlichen Charakterzügen und Vorlieben können sich auf verschiedene Weise an ihre Eltern binden.

Die Ausprägung des kindlichen Temperaments beeinflusst, wie stark es sich auf einen Elternteil konzentriert und wie offen es für andere Bezugspersonen ist. Kinder mit einer höheren Selbstregulation zeigen oft ein positiveres Interaktionsverhalten, während extrovertierte Kinder manchmal herausfordernder sein können.
Und wie immer sind unserer Gene mitverantwortlich: Kinder weisen oft ähnliche Temperamente wie ihre Eltern auf. Dies kann dazu führen, dass sie sich stärker zu dem Elternteil hingezogen fühlen, dessen Persönlichkeit ihrer eigenen ähnelt.
Mama- vs. Papa-Phase
Im Alter zwischen einem und zwei Jahren beginnen Kinder, autonomer zu werden und sich für Beziehungen mit anderen Menschen zu öffnen. Plötzlich möchte euer Schatz mehr Zeit mit dem Papa verbringen, auch wenn zuvor eine engere Bindung zur Mutter bestand.
Mit etwa anderthalb bis zwei Jahren tritt häufig die sogenannte Autonomie-Phase (auch Trotzphase genannt) ein: Kinder entdecken, dass sie eine eigene Person sind und bestimmte Aspekte ihres Lebens beeinflussen können. Die Bevorzugung eines Elternteils kann Teil dieses Prozesses sein und dem Kind helfen, seine Identität zu entwickeln.

Wenn sich der Spieltrieb bei Kleinkindern im Alter von zwei bis vier Jahren weiter ausbildet, wird häufig der Papa bevorzugt. Dies liegt oft daran, dass Eltern unterschiedliche Interessen, Vorlieben und Herangehensweisen beim Spielen mit ihren Kindern haben.
Alles Routine?
Habt ihr gewisse Routinen etabliert? Papa spielt mit dem Kind vor der Kita, Mama bringt es ins Bett? Rituale geben Kindern Struktur, Sicherheit und Orientierung in einer oft unvorhersehbaren Welt.
Wenn ein Elternteil bestimmte Rituale regelmässig durchführt, kann dies zu einer engeren Bindung führen. Beispielsweise kann das abendliche Vorlesen einer Geschichte oder ein fester Kuschelmoment die Beziehung zwischen Kind und Elternteil stärken.

Rituale geben eurem Kleinen Zeit und Raum, Emotionen besser zu verarbeiten und zur Ruhe zu kommen. Gestaltet die Mama diese beruhigenden Momente regelmässig, wird sie das Kind möglicherweise als besonders vertrauenswürdig und sicher empfinden.
Ablehnung tut weh, auch wenn sie normal ist
Die Bevorzugung eines Elternteils kann zu Spannungen in der Familie führen. Der nicht bevorzugte Elternteil fühlt sich oft abgelehnt und frustriert.
Dies kann zu Konflikten zwischen den Eltern führen und die Partnerschaft belasten. Es ist wichtig, dass Eltern offen miteinander kommunizieren und sich gegenseitig unterstützen, um negative Auswirkungen auf die Familienharmonie zu vermeiden.
Die Situation meistern: Gemeinsam und mit Geduld
Um mit dem Bevorzugungsverhalten eines Kindes umzugehen, könnt ihr folgende Strategien anwenden:
1. Geduld und Verständnis zeigen: Akzeptiert die Gefühle eures Kindes und zwingt es nicht, Zeit mit dem anderen Elternteil zu verbringen.
2. Präsent und liebevoll bleiben: Auch wenn das Kind zunächst abweisend reagiert, sollte der «nicht bevorzugte» Elternteil weiterhin verfügbar und liebevoll sein.
3. Gemeinsame Rituale schaffen: Etabliert spezielle Aktivitäten oder Routinen mit dem Kind, um die Bindung zu stärken.

4. Keinen Druck ausüben: Gebt eurem Schatz Zeit, Beziehungen zu entwickeln. Mit Geduld wird sich die Bindung natürlich vertiefen.
5. Klarheit schaffen: Bei gemeinsam lebenden Eltern sollte der bevorzugte Elternteil dem Kind verdeutlichen, dass bestimmte Aktivitäten von beiden Elternteilen durchgeführt werden.
6. Eigene Gefühle reflektieren: Macht euch bewusst, dass die Bevorzugung durch das Kind keine absichtliche Verletzung darstellt.
Eine offene Kommunikation innerhalb der Familie und ein Verständnis für die Bedürfnisse aller Beteiligten können helfen, diese Phase harmonisch zu gestalten und langfristig positive Beziehungen zu fördern.