Lotti Latrous schreibt erstes eigenes Buch
2004 wurde sie Schweizerin des Jahres. Seither hat sich im Leben Lotti Latrous' vieles verändert. Nun legt die bemerkenswerte Frau ihr erstes eigenes Buch vor.
Das Wichtigste in Kürze
- Lotti Latrous engagiert sich seit 20 Jahren für die Ärmsten der Elfenbeinküste.
- Über ihr bewegtes Leben schrieb die 66-Jährige nun ihr erstes eigenes Buch.
Saudi-Arabien, Nigeria, Ägypten, Elfenbeinküste. Lotti Latrous hatte in all diesen Ländern gelebt, als sie Mitte der Neunziger-Jahre in der ivorischen Hauptstadt Abidjan landete. Das Tingeln durch die Welt war ihrem Mann geschuldet. Aziz, den sie als siebzehnjähriges Mädchen in Genf kennen und lieben gelernt hatte, war für eine internationale Firma tätig.
In Abidjan begann Latrous in einem Spital zu arbeiten. Das unermessliche Leid, das sie dort antraf, beelendete und faszinierte sie zugleich. Sie musste handeln – und tat es. Am Rande eines Slums eröffnete sie 1999 ein Ambulatorium.
Familie oder «Familie»?
Kaum angefangen, folgte Aziz' Rückversetzung nach Ägypten. Eigentlich schön, denn in Kairo hatte es Latrous stets gefallen. Doch sie spürte: Ihr Herz wollte zurück nach Abidjan, die Ärmsten der Armen brauchen ihre Hilfe.
Latrous rang mit sich: Auch ihre fünfköpfige Familie – die Kinder Selim, Sonia und Nesthäkchen Sarah und Ehemann Aziz – brauchte sie. Nach Absprache mit ihrem Mann entschied sie sich, zurückzukehren. Die Kinder reagierten heftig auf die Entscheidung der Mutter. «Mein Sohn Selim sprach zwei Jahre nicht mehr mit mir», sagt Latrous.
Vergrösserung und Umzug
In ihrem «Centre L'Espoir» behandelte und rettete Latrous in den folgenden Jahren unzählige Menschen. «La maladie», wie Aids in der Elfenbeinküste immer noch häufig genannt wird, Tuberkulose und Malaria lassen die Bevölkerung reihenweise dahin raffen.
Latrous expandierte. 2002 kam ein Sterbespital, später Hospiz genannt, dazu, 2005 ein Kinderheim für Waisen. «Das Wort ‹Stolz› mag ich nicht. Ich bin einfach dankbar», sagt Latrous.
Vor drei Jahren verlegte sie ihr Zentrum in die Hafenstadt Grand-Bassam, unweit der Hauptstadt Abidjan. Hinzu kamen dort eine Kirche und eine Moschee.
Tuberkulose und Burnout
Nicht nur familiär machte die im Kanton Zürich aufgewachsene Latrous schwierige Zeiten durch. 2007 litt sie selber an einer schweren Tuberkulose, sechs Jahre später suchte sie ein Burnout heim. Im Nachhinein betrachtet, gewinnt die heute 66-Jährige diesen Episoden Gutes ab. «Es chunnt, wies muess.»
Mittlerweile teilt sie sich die Leitung ihres Zentrums mit zwei weiteren Personen. Ehemann Aziz ist pensioniert und hilft bei der Expandierung. Ein Dorf für chronisch Kranke ist in der Pipeline.
Auch die jüngste Tochter Sarah reist regelmässig von ihrem Wohnort London in die Elfenbeinküste. Set kurzem nimmt sie auch Einsitz im Stiftungsrat.
An Ostern 2019 besuchte die zweite Tochter Sonia zum ersten Mal das Zentrum. Bei der Verabschiedung sagte sie zu ihrer Mutter: «Papa, Selim, Sarah und ich haben dich in jeder Sekunde, die du nicht bei uns warst, vermisst. Aber was du getan hast, war richtig.»
Seit diesem Moment ist Lotti Latrous mit sich im Reinen. Und legt nun ihr erstes eigenes Buch vor.