Historiker warnt: Seit 30 Jahren wird die Schweiz immer heisser

Nadine Brügger
Nadine Brügger

Basel,

Schüler und Politiker gehen auf die Barrikaden: Der Klimastreik ist dieser Tage perfekt. Doch gab es Klimaschwankungen nicht schon immer?

Rhnegletscher beim Furka Pass
Weisse Tücher sollen den Rhonegletscher beim Furkapass vom Schmelzen schützen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Geschichte zeigt: Klimaschwankungen gab es schon immer.
  • In den letzten 30 Jahren aber gab es nur noch eine Tendenz: Erwärmung.
  • Klimaforscher Oliver Wetter erklärt, was das bedeutet.

Die Klimadiskussion ist in vollem Gang – Greta, Gymnasiasten und weiteren Enthusiasten sei Dank. Doch unsere Zeiten sind nicht die ersten, in denen das Klima sich verändert. Die Geschichte zeigt: Klimaschwankungen gab es schon immer. Wer sich der Klimafrage nicht stellen will, argumentiert darum gerne mit der Vergangenheit.

Wärmer geworden sei das Klima doch schon vorher – zur Zeit der alten Römer beispielsweise. Nur, um sich später ganz von alleine wieder abzukühlen. So sehr, dass ab dem 15. Jahrhundert gar eine kleine Eiszeit eintrat.

Schwarz-Weiss-Bild des Rohnegletschers.
urka-Oberalpbahn beim Rhonegletscher im Kanton Wallis, aufgenommen um 1900. - Keystone

Jetzt gerade würden wir eben in einer Wärmephase stecken. Irgendwann aber werden wieder kühlere Tage kommen. So weit die Argumentation. «Aber die ist falsch», sagt der Historiker Oliver Wetter.

Trend: Erwärmung

Als Klimaforscher untersucht Wetter vergangene Wetterschwankungen. Er weiss: «Die Klimaerwärmung ist unbestritten, was wir klimatisch in den letzten dreissig Jahren erlebt haben, ist einzigartig.» Seit 1989 gab es auf der Nordhalbkugel unserer Erde keine Kälte-Anomalien mehr. «Seit 30 Jahren gibt es beim Klima nur noch einen Trend: Erwärmung», so Wetter.

Klimahistoriker Oliver Wetter.
Oliver Wetter ist Doktor der Geschichte und Klimaforscher an der Universität Basel. - Universität Bern

Es sei zwar korrekt, dass das Klima auch in der Vergangenheit teilweise starken Schwankungen unterlag. «Der grosse Unterschied aber ist: Auch in den warmen Phasen gab es Ausschläge nach unten. Also kältere Momente. Während auch kalte Phasen von einzelnen warmen Momenten durchsetzt waren.»

Grafik zur Abweigung der normalen Temperatur
Die kälteren oder wärmeren Abweichungen der globalen Temperatur seit 1880. Die letzte, minime Tendenz Richtung Kälte wurde Ende der 1980er Jahre gemessen. - ZVG

Heute jedoch sei das anders: «Seit 1989 folgt Wärme-Anomalie an Wärme-Anomalie, ohne dass sie von nennenswert kalten Messdaten unterbrochen würde.» Wer die Schlagzeilen der Tageszeitungen aneinander reiht, der liest Jahr für Jahr von «Hitzesommern». Auch im Winter kann es kalt werden, «aber so kalt, dass wir Wissenschaftler von einer Besonderheit sprechen, wird es nicht», so Wetter.

Vulkanausbrüche und die Sonne

Einst waren es Vulkanausbrüche, die zu einer kurzfristigen Abkühlung der Erde führen konnten, weil sie die Atmosphäre vernebelten. Sonnenaktivitäten vermochten das Klima mittelfristig in die eine oder andere Richtung zu beeinflussen . «Heute jedoch ist die Erwärmung des Klimas zum grössten Teil durch den Menschen gemacht», so der Klima-Forscher.

Rot und blau eingefärbte Schweizerkarte.
Seit 1864 erhebt Meteo Schweiz die Jahrestemperatur der Schweiz. Ist die Tendenz kühl, wird die Karte blau eingefärbt. Wird es wärmer, bekommt die Karte einen roten Anstrich. - Meteo Schweiz

Das Bundesamt für Umwelt misst seit 1864 die Temperaturen in der Schweiz. Aus den Daten wurde jährlich eine Schweizer Karte blau (Trend zur Abkühlung) oder rot (Trend zur Erwärmung) eingefärbt.

«Die Farben der Karte wechselten sich ab, weil das Klima natürlichen Schwankungen unterliegt. Doch seit 1988 wird jede Karte nur noch tiefrot eingefärbt. Die Schwankungen gehen nur noch in eine Richtung: Nach oben», so Wetter.

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