Schweizer Alpen genauso radioaktiv wie die Schutzzone von Fukushima
Kaum einer getraut sich mehr in die Schutzzone von Fukushima. Vergleicht man aber die Strahlenwerte, wird klar: Sie sind gleich hoch, wie in unseren Alpen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Durchschnittswert an Strahlung in Fukushima und den Alpen ist gleich hoch.
- Auch die maximalen Werte sind an beiden Orten gleich.
- Walter Rüegg, ehemaligem Chefphysiker der Schweizer Armee, erklärt, warum das so ist.
Vor sieben Jahren kam es beim japanischen Atomkraftwerk Fukushima Daiichi zum Super GAU. Luft, Boden und auch Teile des Pazifischen Ozeans wurden mit radioaktiven Substanzen kontaminiert. Etwa 90’000 Einwohner mussten aufgrund der heutigen Grenzwerte aus den betroffenen Gebieten evakuiert werden, weitere 80'000 verliessen die angrenzenden Gebiete freiwillig. Bis heute ist der Alltag nicht zurückgekehrt nach Fukushima.
Nun sagt Walter Rüegg, ehemaligem Chefphysiker der Schweizer Armee: «Die radioaktive Strahlung in der Schutzzone von Fukushima ist etwa gleich hoch, wie in den Schweizer Alpen.» Der hohe Uran- und vor allem Radongehalt im Alpenboden führe dazu, dass die Strahlung stellenweise ein Vielfaches des internationalen Durchschnitts beträgt.
Auch Schweizer Durchschnittswert hoch
In Fukushima würde ein Bewohner in der Kernzone, der sogenannten No-Entry-Zone, eine Lebensdosis von etwa 400 mSv erhalten, erklärt Rüegg. «Die Strahlung in den Alpen führt, zusammen mit dem Radon im Boden und der körperinternen Strahlung zu einer gleich hohen Lebensdosis an radioaktiver Strahlung», so der Physiker weiter.
Der Mittelwert an Strahlung, der wir Schweizerinnen und Schweizer während unseres gesamten Lebens hier ausgesetzt sind, beträgt derweilen laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) 350 mSv.
Nun ist die Lebensdosis an Strahlung allerdings ein Mittelwert. Zusammengesetzt aus Zeiten, in denen der entsprechende Mensch nur sehr kleinen Strahlendosen ausgesetzt ist. Dazu kommen Zeitspannen, in denen die Strahlendosis innert kürzester Zeit viel höher ist. In Fukushima beispielsweise war dies zum Zeitpunkt des Tsunami der Fall.
«Da waren die Bewohner von Fukushima kurzzeitig einer Strahlung von 1000 mSv ausgesetzt. Solche Spitzen allerdings kennen wir auch in den Alpen.»
Ist Radioaktivität gar gesund?
Sind wir – ohne es zu ahnen – in Gefahr? Rüegg schüttelt den Kopf – und holt aus. «Radioaktivität kommt überall im Boden natürlich vor. «Die Menschen, die an Orten mit besonders hoher natürlicher Radioaktivität leben, erfreuen sich bester Gesundheit», so Rüegg.
Studien hätten sogar längst belegt, dass kleine Mengen an Radioaktivität nicht nur bedenkenlos, sondern gar gesundheitsfördernd sein könnten: «Noch in den 1930er-Jahren gab es darum radioaktive Schokolade, Zahnpasta oder Babypullover.»
Grenzwerte zu tief angesetzt
Zuviel des Guten allerdings kann tödlich sein. «Darum wurden bereits vor etwa 100 Jahren Grenzwerte festgelegt. Doch als Folge unserer Angstkultur wurden diese in neuerer Zeit stetig gesenkt. Heute sind die Schutzwerte tiefer, als die natürlichen Strahlenwerte in praktisch allen Regionen der Welt», erklärt Rüegg.
Dazu gehört auch die Schweiz. Während die Strahlenwerte im Mittelland etwa dreimal höher sind, als der vorgegebene Grenzwert, betragen sie in den Alpen gerne mal das Zehnfache.
Rüeggs Fazit: «Die Strahlung in den Alpen ist nicht zu hoch. Die weltweiten Grenzwerte sind zu tief.» Der Physiker führt ein weiteres Beispiel an: «In der Stadt Ramsar, dem beliebtesten Kurort von Iran, werden die Bewohner mit dem 100-fachen des heutigen Grenzwertes bestrahlt. Negative Effekte konnten keine festgestellt werden. Ganz im Gegenteil: Ein Kuraufenthalt in Ramsar gilt als ausgesprochen gesund.
Wann ist Radioaktivität gefährlich?
Ab wann Radioaktivität uns Menschen gefährlich werden kann, erklärt Daniel Storch, Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Video.