Wie Sabrina täglich gegen ihre Krankheit Borderline ankämpft
Sabrina kämpft jeden Tag. Mit sich, gegen sich und ihre Erkrankung. Die junge Mutter ist eine von vielen Frauen die mit einer Borderline-Störung leben.
Das Wichtigste in Kürze
- Borderline ist eine nicht heilbare Persönlichkeitsstörung.
- Auslöser für das Borderline-Syndrom sind oft traumatische Erlebnisse.
- In der Schweiz gibt es rund 120´000 Betroffene, mehrheitlich Frauen.
- Sabrina ist eine davon. Für Nau.ch erzählt sie, wie es ihr damit geht.
Sabrina sitzt zitternd auf dem Sofa in ihrer Zürcher Wohnung und versucht sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr die Gefühle in ihr hochkochen. Es rumort in ihr, heute ist kein guter Tag für sie, obwohl es wahrscheinlich nicht mal einen Grund für Ihre innerliche Unruhe gibt.
Ein falsches Wort von ihrem Mann, ein weinendes Kind: Kleinigkeiten lassen sie aus ihrer Haut fahren. Manchmal kochen ihre Gefühle auch einfach grundlos hoch und sie kann sie kaum kontrollieren.
Oft muss Ihre Familie unter ihren Gefühlsausbrüchen leiden. «Es ist eine tägliche Achterbahnfahrt für mich. An machen Tagen sind alle Emotionen vertreten», sagt Sabrina. Diese emotionale Berg- und Talfahrt ist nicht nur für den Erkrankten ein Kraftakt, meistens leiden die Angehörigen mit.
Die Diagnose Borderline
Die Diagnose Borderline hat Sie relativ spät bekommen, im Alter von 25 Jahren. Doch Sabrina fühlte sich schon immer anders und wusste irgendwas stimmt nicht mit ihr. Die Krankheit entwickelte sich wahrscheinlich bereits in ihrer Teenagerzeit.
Borderline bedeutet so viel wie Grenzgänger. Die psychische Störung ist vor allem von starken Stimmungsschwankungen, Verlustängsten, instabilen Beziehungen und einem verzerrten Selbstbild geprägt.
Oft sehen Erkrankte keinen anderen Ausweg mehr und nehmen sich das Leben. Sabrina weiss mittlerweile sehr gut, sich selbst zu reflektieren, denn Sie hat bereits die sogenannte DBT-Therapie absolviert.
Dies war ihre letzte Hoffnung, denn Sabrinas Leben stand auf der Kippe. Nach einem weiteren Suizid-Versuch, landete sie schliesslich in der psychiatrischen Klinik und liess sich helfen.
Dieser Aufenthalt ist jetzt schon fast drei Jahre her. In diesen drei Jahren hat sich ihr ganzes Leben komplett gedreht. Sie besucht regelmässig eine Therapie, schneidet sich nicht mehr, hat seit zwei Jahren eine stabile Beziehung und ist Mutter einer einjährigen Tochter.
Mutter mit Borderline-Störung
«Meine Tochter war meine Rettung», sagt sie. Als Sabrina von ihrer Schwangerschaft erfuhr, war sie erst zwei Monate mit ihrem Partner zusammen und kam frisch aus der Klinik.
Sie hatte erst kürzlich die Therapie abgeschlossen und fühlte sich in der Welt komplett verloren. Dazu kam ein abgebrochenes Studium und der Verlust des Jobs.
«Mit der Geburt meiner Tochter hatte ich endlich eine sinnvolle Aufgabe in meinem Leben.»
Sabrina und ihr Partner haben einige harte Zeiten hinter sich, aber es hat sich gelohnt, denn die Kleine ist zu einem aufgeweckten kleinen Mädchen herangewachsen.
Mittlerweile führt Sabrina einen ganz normalen Mama-Alltag zwischen Windeln wechseln, Kind füttern und bespassen und einer Arbeit. Wenn man Sie kennenlernt, sieht man eine gesunde, fröhliche Frau.
Ihre Tochter gibt ihr eine gewisse Konstante und Stabilität, die sie sich schon immer gewünscht hat. Struktur und Halt sind für Erkrankte oft ganz wichtig.
Klar ist ihre Erkrankung immer noch präsent. Es gibt Tage, da lebt sie wie ein gesunder Mensch – an anderen fühlt sie sich, als würde die Welt zusammenbrechen.
Jedoch benutzt Sie kein selbstverletzendes Verhalten mehr, um sich zu regulieren. «Früher hätte ich mich nach jedem Streit wahrscheinlich selbstverletzt, heute benutze ich meine erlernten Fähigkeiten, um mich und meine Gefühle zu kontrollieren.»
Gemeinsam Hochs und Tiefs meistern
Für Sabrina und ihren Partner ist es nicht immer einfach, eine stabile Beziehung zu führen. Sie konnten bis jetzt aber alle Tiefs miteinander überstehen. Auch wenn Sabrina oft drauf und dran war, einfach die Beziehung zu beenden.
«Wir streiten uns wie ganz normale Paare auch. Ich erlebe es einfach immer viel intensiver als mein Mann, und meine Reaktion ist oft nicht gerechtfertigt.»Das A und O in einer Beziehung mit einem Borderliner ist eine offene Kommunikation, denn die Betroffenen legen jedes Wort auf die Goldwaage.
«Ich bin sehr dankbar für meinen Mann, denn er ist sehr geduldig mit mir.»
Borderline ist nicht heilbar
Sabrinas Krankheit wird ein Leben lang ihr täglicher Begleiter sein, aber mittlerweile kennt sie sich und ihre Emotionen so gut, dass sie diese regulieren kann.
Betroffenen möchte sie gerne mit diesem Artikel Mut machen, denn ihrer Meinung nach sollte man in der Öffentlichkeit viel mehr über psychische Erkrankungen sprechen.
«Wer sich Hilfe holt, zeigt keine Schwäche, sondern Stärke. Mit der richtigen Therapie kann man lernen, sich in der Welt auch mit einer Überdosis an Gefühlen zurecht zu finden. Es braucht nur ein bisschen Geduld und viel Willenskraft», schliesst Sabrina.
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Mehr zu Sabrina und ihrem Alltag als Mami gibt es auf ihrem Instagram @thebigmumtheory.