Die Filmkritik zu Wolfsnächte auf Netflix

Robin Mahler
Robin Mahler

Bern,

Ein pensionierter Naturforscher begibt sich in Alaska auf Spurensuche. Dabei gerät er in eine Abwärtsspirale.

Russell Core (Jeffrey Wright) durchstapft Alaska in «Wolfsnächte».
Russell Core (Jeffrey Wright) durchstapft Alaska in «Wolfsnächte». - Netflix

Das Wichtigste in Kürze

  • «Wolfsnächte» ist seit dem 28. September 2018 auf Netflix abrufbar.
  • Die Verfilmung des gleichnamigen Romans erzählt eine Geschichte um Gewalt und Vergebung.

Netflix hat sich bislang nicht mit Ruhm bekleckert, wenn es um die Qualität ihrer Eigenproduktionen geht. Dank des düsteren Krimis «Wolfsnächte», im Original «Hold the Dark» betitelt, macht das Unternehmen einen Schritt in die richtige Richtung. Mit dem Amerikaner Jeremy Saulnier («Blue Ruin») hat man sich einen fähigen Regisseur ins Boot geholt. Sein neuestes Werk basiert auf der Vorlage des Schriftstellers William Giraldi. Saulniers langjähriger Kollaborateur Macon Blair («Fremd in der Welt») hat sie als Drehbuch adaptiert.

Ein Wolf im Manne

Der pensionierte Naturforscher Russell Core (Jeffrey Wright, «Westworld») kennt sich mit dem Verhalten von Wölfen hervorragend aus. Aus diesem Grund bittet ihn die junge Mutter Medora Sloane (Riley Keough, «Mad Max: Fury Road») um Hilfe. Ein Wolf soll in Keelut, Alaska, drei Kinder gerissen haben. Darunter befindet sich Medoras Sohn Bailey (Beckham Crawford, «Magic Stocking»). Core reist in die Kleinstadt, um das verantwortliche Tier aufzuspüren.

Zur gleichen Zeit erleidet Baileys Vater Vernon (Alexander Skarsgård, «The Legend of Tarzan») im Irak-Krieg eine Schusswunde. Seine Verletzung ist so schwerwiegend, dass er nach Hause zurückkehren muss. Kurz nach Vernons Ankunft in Keelut überschlagen sich die Ereignisse.

Verhaltensweisen in extremen Situationen

In «Wolfsnächte» geht es vor allem darum, was extreme Situationen mit der Psyche des Menschens anstellen. Diese Thematik ist Saulnier nicht fremd. Der Regisseur hat sich mit dem ungewöhnlichen Rachefilm «Blue Ruin» vor fünf Jahren einem grösseren Publikum empfohlen. Danach hat er mit «Green Room» seinen Bekanntheitsgrad nochmals gesteigert.

Die Filme stechen aus der Masse heraus, weil sie sich für heutige Verhältnisse viel Zeit beim Aufbau der Geschichte nehmen. Im Zentrum stehen Figuren, welche sich mit einer feindseligen Umwelt herumschlagen und dabei zu drastischen Mitteln greifen müssen. Ihre Erfahrungen münden oft in unbarmherzige Gewalt. Ähnlich ergeht es auch Core, der sich bald mit Haut und Haar zur Wehr setzen muss.

Starke Bilder, kaum Identifikationspotenzial

Bis auf eine ausgedehnte Szene wird fast gänzlich auf Action verzichtet. Dafür stehen Landschaftsbilder und kryptisch wirkende Gespräche im Vordergrund.

Der dänische Kameramann Magnus Nordenhof Jønck («Der Nordwesten») fängt die Weiten Alaskas in breiten Bildern ein. Diese wirken ähnlich unterkühlt wie die Stimmung des Films. Diese Kühlheit ist nicht nur ein positiver Punkt, sondern gibt Anlass zur Kritik. Die Charaktere sind nicht ausgearbeitet. Ihre Beweggründe erschliessen sich dem Zuschauer kaum. Dazu kommt, dass keine der Figuren besonders sympathisch wirken, weswegen sie einem kaum berühren.

Fazit

Saulnier bleibt sich auch in seinem vierten Film treu. «Wolfsnächte» ist langsam, düster und teilweise blutig inszeniert. Die Laufzeit von über zwei Stunden streckt den fröstelnden Thriller enorm. Einiges bleibt im Dunklen, viele Charaktere sind zudem profillos. Wer etwas mit bedrückender Atmosphäre und ausgedehnten Spannungsbögen anfangen kann, sollte unbedingt einen Blick riskieren. Man darf hier aber keine geschliffene Charakterstudie erwarten.

★★★☆☆

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