Der Aare entlang – von der Quelle bis zur Mündung, Teil 2
Der längste Fluss der Schweiz ist ein Mythos und eine nie endende Inspirationsquelle. In Teil 2 der Serie begleiten wir die Aare auf dem letzten Stück.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Aare ist der längste gänzlich in der Schweiz verlaufende Fluss.
- Die Gesamtlänge beträgt 292 Km, das Gefälle 1665 Meter, ihr Einzugsgebiet 17’709 Km2.
- In zwei Teilen erkundigen wir die Aare von der Quelle bis zur Mündung.
Als dann durchfliesst die Aare das Stadtgebiet von Bern in Nordrichtung und es mündet von links der Sulgebach ein. Er entwässert das zwischen dem Gurten und dem Ulmizberg liegende Köniztal – ein Naturreservat und beliebtes Naherholungsgebiet.
Nach Bern geht es über kanalisierte Strecken in den Bielersee. Die Aare trennt nun das imposante Bieler Stadtbild, bestehend aus modernen Hochhäusern, architektonischen Sehenswürdigkeiten und römischen Bauten.
Schönste Schifffahrt der Schweiz
Die Strecke zwischen Biel und Solothurn mit der BLS wird von manchen als die schönste Schifffahrt der Schweiz bezeichnet. In der Tat trumpft diese gut dreistündige Strecke mit vielen Sehenswürdigkeiten auf.
Dazu zählen zum Beispiel die Storchensiedlung Altreu, international bekannt als Pflege- und Brutstation für Weissstörche, wo zeitweise bis zu 100 Tiere leben. Auch das verträumt wirkende Landstädtchen Büren an der Aare gefällt durch seine historischen Bauten und durch seine Holzbrücke über den Aarelauf – ursprünglich aus dem Jahre 1275 stammend.
Das charmante Städtchen ist durchaus sehenswert, schliesslich figuriert es als nationales Objekt im Bundesinventar für Kulturgüter.
Auf ewig mit der Aare verbunden
Eine weitere Perle am Aareufer ist Solothurn. Mit ihren elf Kirchen und Kapellen gilt sie gar als schönste Barockstadt der Schweiz.
Romantische Gässchen, altes Kopfsteinpflaster, eine pompöse Kathedrale und gediegene Patrizierhäuser bilden eine fantastische Kulisse; es scheint, als ob sich die Stadt stets im Sonntagsgewand präsentiert.
Die architektonische Grandezza ist überall gut sicht- und spürbar. Wie kaum eine andere Stadt ist Solothurn mit der Aare verbunden: Hier erfüllt sich die Weihe der Stadt, das Martyrium ihrer Schutzpatrone Urs und Victor. Vom Statthalter des römischen
Victus enthauptet und in die Aare gestürzt, entstiegen die beiden den Fluten, um sich – mit dem Kopf unter dem Arm – ins Grab zu legen; dort, wo heute die Peterskappelle steht.
Der Aare verdankt die Stadt noch viele weitere Mythen und Legenden, wie jener der heiligen Verena.
Wo die Aare rückwärts fliesst
Nun bildet die Aare bis nach der Stadt Aarburg für über 10 Kilometer die Kantonsgrenze zwischen Solothurn (Nordufer) und Aargau.
Das nächste Highlight folgt sogleich: Aarburg, wo die Festungsanlange majestätisch über der Aare thront. Der Gebäudekomplex ist als Kulturgut von nationaler Bedeutung eingestuft und dient heute als Jugendheim.
Bei Aarburg vollzieht die Aare ein Naturspektakel allerster Güte: Die starke Strömung und das ruhige Wasser treffen mitten im Fluss aufeinander und lassen die Aare rückwärts fliessen.
Dieses Spektakel trägt den Namen «Aarewaage» und ist ein einzigartiges Phänomen in Europa. An den Städten Olten und Aarau zieht die Aare auch in einem Rundbogen am Schloss Wildegg vorbei – einem authentischen Erlebnisort der Geschichte und der historischen Gartenkultur.
Vereint zum Strom
So führt die Aare nun bis nach Brugg. Dort verbindet sie sich im sogenannten Wasserschloss mit Limmat und Reuss, um die letzte Wegstrecke zum Rhein gemeinsam zurückzulegen.
Die Aare wird zum Strom. Ideal zu bestaunen ist das Wasserspektakel nach einer dreistündigen Wanderung vom Gebentorfer Horn aus.
Das Naturschutzgebiet «Klingnauer Stausee» braucht man zumindest Ornithologen nicht mehr vorzustellen. Der künstlich gestaute See überrascht mit einer eindrücklichen Vogel- und Pflanzenwelt in herrlicher Landschaft.
Die letzte Reise der Aare
Von der Limmat und Reuss frisch gestärkt, tritt die Aare ihre letzte Reisestrecke an. Nach 292 Kilometern mündet sie bei Koblenz in den Rhein.
Zusammen mit diesem wird das Wasser aus den Berner Alpen zum längsten europäischen Fluss, der sich hinter Rotterdam in die Nordsee ergiesst.
Weshalb der Rhein allerdings nicht Aare heisst, ist bis heute Gegenstand von vielen Diskussionen und Spekulationen. Fakt ist, dass die Aare grundsätzlich das grössere Einzugsgebiet hat und – insbesondere auch dank dem Zusammenschluss mit der Limmat und Reuss – auch mehr Wasser führt.
Derweil wird in Deutschland kaum jemand bedauern, dass die trüben Fluten nicht nach der Aare benannt wurden. Und die Aare ihrerseits ist der Schweiz von der Grimsel bis hier an die Landesgrenze treu geblieben.
Verfasst von Elisha Nicolas Schuetz / Tourismus Lifestyle Verlag