Sommerserie «Grenzen»: Die Landesgrenze geht quer durchs Haus
Was bedeutet es, an die Grenzen zu gehen? Was überhaupt ist eine Grenze? Das hat die Medienschule St. Gallen in einer Sommerserie für Nau.ch ausgelotet.
Das Wichtigste in Kürze
- Dieser Artikel ist Teil der Sommerserie «An die Grenzen gehen».
- Für Nau realisiert haben diese Serie die Schüler der Medienschule St. Gallen.
Bericht:Ruth Kühne, Medienschule St. Gallen
Die Landesgrenzen der
Schweiz sind heute genau 1970,57 Kilometer lang, dies laut swisstopo, dem Bundesamt
für Landestopographie. Diese Grenzen verlaufen durch Seen, Flüsse und Bäche, über
Berge, aber auch durch Wälder oder mitten durch Städte.
Die Grenzen, die auf
festem Boden verlaufen und durch die Geländeform nicht erkennbar sind, gelten
als künstliche Grenzen und werden durch Grenzsteine markiert. Das sind nicht
weniger als 7132 in der ganzen Schweiz. Als natürliche Grenzen werden
Grenzverläufe durch Seen, Flüsse, Bäche oder entlang eines Bergkamms
bezeichnet. Hier gibt es keine speziellen Markierungen.
Grenze noch nicht festgelegt
In der Regel verlaufen die Grenzen bei Seen, Flüssen und Bächen in der Mitte des Gewässers. Aber keine Regel ohne Ausnahmen. So verläuft die Grenze beim Doubs im Kanton Jura auf der schweizerischen Uferlinie. Am Obersee des Bodensees sind sich die Schweiz, Deutschland und Österreich bis heute nicht über den Grenzverlauf einig.
In den Bergen gilt häufig die «Wasserscheide», also der Bergkamm, als Grenzlinie und ist ebenfalls nicht speziell markiert. In Gebieten mit Gletschern und Firn sind die Grenzlinien durch Eisschmelze und Gesteinsverschiebungen in Bewegung und so verändern sich die Grenzen laufend.
Das doppelte Dorf
Manche Grenzen gehen
durch Städte – Kreuzlingen und Konstanz – und Dörfer: St-Gingolph gibt es
gleich zweimal – einmal im Wallis und einmal auf französischem Boden. Die
Landesgrenze verläuft mitten durch den Ort, entlang der Morge, die in den
Genfersee fliesst.
Es gibt zwei Schulen, zwei Postämter, zwei
Gemeindepräsidenten, zwei Behörden und zwei verschiedene Wappen. Allerdings
gibt es nur eine Kirche und einen Friedhof, beide auf französischem Gebiet. Sie
werden aber von der Bevölkerung aus beiden Dörfern genutzt.
Die Füsse in Frankreich
Manche Grenze verläuft
sogar mitten durch ein Haus: Im Hôtel Arbez Franco-Suisse in Dorf La Cure im
Kanton Waadt können die Gäste in der Schweiz schlafen und in Frankreich essen
und zwar ohne das Hotel zu verlassen.
Als 1862 zwischen Frankreich und der
Schweiz ein neuer Grenzvertrag ausgehandelt wurde, zog sich danach die
Grenzlinie genau durch das Gebäude. In einigen Zimmern kann man in beiden
Ländern gleichzeitig schlafen – mit dem Kopf in der Schweiz und mit den Füssen
in Frankreich.