Was du noch nicht über Schweizer Wanderwege wusstest
Die gelben Wanderwegweiser sind aus der Schweiz nicht wegzudenken. Doch nur wenige wissen, welche Geschichte und welcher Einsatz dahinter steckt.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Schweiz gibt es ein gut ausgebautes Netz an Wanderwegen.
- Unverzichtbarer Bestandteil sind die gelben Wegweiser, die die Routen auszeichnen.
- Die Wegweiser sind für uns alltäglich, doch es steckt eine lange Geschichte dahinter.
Wandern zählt zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten der Schweizer. Viele planen ihre Route mit einer der zahlreichen Wander-Apps. Das GPS auf dem Handy hilft bei der Orientierung. Doch wenn der Handy-Akku plötzlich leer ist, steht man ratlos da – keine Ahnung, wie es weiter zum Gipfel geht!
Zum Glück kann man sich in der Schweiz auf eines verlassen: ein hervorragend ausgebautes Wandernetz mit zuverlässigen Wegweisern, die einen sicher ans Ziel bringen.
Die charakteristischen gelben Wegweiser sind für uns selbstverständlich geworden. Doch dass sie stets in so gutem Zustand sind, ist alles andere als selbstverständlich.
Es lohnt sich, einmal genauer hinzuschauen und mehr über diese unverzichtbaren Wanderhelfer zu werfen.
Wer hat's erfunden?
Die charakteristischen gelben Wegweiser haben laut «Präsenz Schweiz» ihren Ursprung in den 1930er-Jahren. 1930 unternahm der Zürcher Lehrer Jakob Ess mit seiner Schulklasse eine Wanderung über den Klausenpass. Dabei wurde die Gruppe von zahlreichen Fahrzeugen gefährlich überholt, und Abgaswolken verpesteten das schöne Erlebnis in der Natur.
Aus diesem Zwischenfall entstand bei Ess die Idee, sichere Wanderwege abseits der Strassen zu schaffen. 1934 gründete er die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Wanderwege, heute bekannt als Schweizer Wanderwege.
Er schlug vor, einheitliche gelbe Schilder mit schwarzer Schrift einzuführen, um Wege zu markieren. Doch was heute selbstverständlich klingt, erntete damals Spott. Schliesslich setzte sich dieses System dennoch durch, und bald wurden in der ganzen Schweiz kontinuierlich die Wandermarkierungen ausgebaut.
Nur während des Zweiten Weltkriegs wurden die Schilder wieder abmontiert. Man wollte schliesslich einem möglicherweise einfallenden Feind keine Orientierungshilfe bieten.
Die Wegweiser stehen sogar unter dem Schutz der Bundesverfassung. Sie sind zu einem Symbol für die Schweizer Wanderkultur und die Wertschätzung der Natur geworden.
Beeindruckende Anzahl
In der Schweiz gibt es rund 50'000 Standorte mit Wanderwegweisern. Sie geben Auskunft über Routen, Ziele, Wanderzeiten und Wegkategorien. Häufig stehen an einem Standort mehrere Wegweiser.
Die Montage, Kontrolle und Instandhaltung übernehmen grösstenteils freiwillige Helfer der kantonalen Wanderweg-Fachorganisationen. Mehr als 2000 Helfer sind dafür im Einsatz. Dank ihnen bleiben die Schweizer Wanderwege gut markiert und sicher für alle Wanderer.
Fast so viele Wanderwege wie Strassen
Die Wanderwege der Schweiz erstrecken sich über beeindruckende 65'000 Kilometer – das entspricht anderthalb Mal dem Erdumfang. Damit hat das Land fast so viele Wanderwege wie Strassen (71'400 Kilometer) und ein Vielfaches der Schienenwege (5'100 Kilometer).
Kein Wunder, dass die Schweiz auch international als wahres Wanderparadies gilt.
Markierungen geben Orientierung
Es gibt drei klar markierte Wanderwegkategorien. Sie unterscheiden sich in ihrem Schwierigkeitsgrad:
Gelb steht für einfache Wanderwege. Sie verlaufen oft auf breiten Wegen. Es kann schmale und unebene Passagen geben. Bei steilen Passagen gibt es Stufen, und Absturzstellen sind mit Geländern gesichert.
Die Weiss-Rot-Weiss markierten Bergwanderwege erschliessen teilweise unwegsames Gelände. Wanderer müssen trittsicher, schwindelfrei und bei guter Kondition sein. Denn die Wege sind überwiegend steil, schmal und teilweise exponiert. Besonders schwierige Passagen sind indes mit Seilen oder Ketten gesichert.
Die Weiss-Blau-Weiss signalisierten Wege sind die schwierigste Kategorie. Diese Alpinwanderwege können über Schneefelder, Gletscher oder Geröllhalden und durch Felsen mit kurzen Kletterstellen führen. Teils sind die Strecken weglos.
Wanderer müssen trittsicher, schwindelfrei und in sehr guter körperlicher Verfassung sein. Ausserdem sollten sie die Gefahren im Gebirge sehr gut kennen. Sicherungen von Passagen mit Seilen oder Ketten können nicht erwartet werden. Deshalb können Kompass, Seil, Pickel und Steigeisen notwendig sein.
Immer wieder kommt es zu Unfällen oder Notrettungen, weil Wanderer unterschätzen, wie anspruchsvoll die Weiss-Blau-Weissen Alpinwanderwege sind. Diese sollten nur von geübten Wanderern mit entsprechender Ausrüstung begangen werden.
Übrigens, im Winter sind viele einfache Weg mit einen rosa Schild ausgezeichnet: Sie werden durch den Schnee zu Winterwanderwegen. Es wird keine spezielle Ausrüstung benötigt, ausser warme Winterstiefel mit gutem Profil.
Zwischenmarkierungen beachten
Zwischenmarkierungen leiten Wandernde sicher von einem Wegweiserstandort zum nächsten. Sie finden sich an Verzweigungen, bei Richtungswechseln oder entlang des Weges. Diese Markierungen erscheinen als Pfeile, Richtungszeiger oder Rechtecke mit Farbstreifen.
Zusätzlich bestätigen Symbole wie Rhomben oder Farbmarkierungen an Steinen und Bäumen, dass man sich weiterhin auf dem richtigen Weg befindet. So bleibt die Orientierung stets gewährleistet.
Achtung, Verwechslungsgefahr
Für Wanderer aus dem Ausland kann es leicht zu Verwechslungen kommen, denn in Deutschland und Österreich werden Wanderwege anders markiert. Die Farbgebung orientiert sich dort an den Schwierigkeitskategorien, ähnlich wie man es vom Skifahren kennt.
In Deutschland gilt ein blauer Punkt auf dem gelben Wanderschild als einfache Route. Ein roter Punkt beschreibt eine mittelschwere Strecke. Mit einem schwarzen Punkt sind schwierige Wanderungen ausgezeichnet.
In Österreich wird meistens auf eine Markierung der einfachen Kategorie verzichtet. Es gilt hingegen auch in Österreich, dass ein roter Punkt als mittelschwierig und schwarz als schwierig gilt. Alpinwanderwege sind mit «Alpine Route» ausgezeichnet.
Wer wandert?
Die Schweiz ist ein Wanderland. Laut der Studie «Wandern in der Schweiz 2020» wandern 57 Prozent der Schweizer Bevölkerung ab 15 Jahren regelmässig. Das sind rund 4 Millionen Menschen. Damit ist Wandern die beliebteste Sportaktivität in der Schweiz und wird querbeet von allen Altersgruppen bis ins hohe Alter ausgeübt.
In den letzten Jahren hat ein regelrechter Wanderboom eingesetzt. Zwischen 2013 und 2019 stieg der Anteil der wandernden Schweizer Bevölkerung um 12,6 Prozent. Während der Coronapandemie, als Auslandsreisen stark eingeschränkt waren, nahm die Zahl der Wanderer nochmals deutlich zu – leider spiegelte sich das auch in einer höheren Anzahl von Bergunfällen wider.
An einigen beliebten Schweizer Hotspots kann es an Wochenenden recht voll werden. Doch keine Sorge: Die Schweiz bietet genug hervorragend markierte Wanderwege für alle. Es muss nicht immer der Gipfel sein, der gerade auf Instagram angesagt ist. Auch weniger bekannte Routen bieten wunderschöne Naturerlebnisse – und die sind am Ende wertvoller als das perfekte Foto für Social Media.