Netflix geht auf Tuchfühlung mit Bob Dylan
Martin Scorsese ist ein umtriebiger Filmemacher. Für Netflix hat er die Dokumentation «Rolling Thunder Revue: A Bob Dylan Story by Martin Scorsese» inszeniert.
Das Wichtigste in Kürze
- Martin Scorsese hat für Netflix eine Musikdokumentation über Bob Dylan gedreht.
- «Rolling Thunder Revue: A Bob Dylan Story by Martin Scorsese» mischt Fakt und Fiktion.
- Besonders die facettenreichen Archivaufnahmen verleihen dem Film eine spezielle Note.
Für seine anstehende «Rolling Thunder»-Konzerttournee kam Bob Dylan auf die Idee, befreundete Musiker mitzunehmen. So stiessen Leute wie Joan Baez, Joni Mitchell oder der Dichter Allen Ginsberg dazu. Gemeinsam bereisten sie vom Herbst 1975 bis Frühling 1976 die USA und Kanada.
Scorsese werkelt für Netflix
Martin Scorsese («Taxi Driver», «The Departed») ist ein profilierter Filmemacher. Mit «Rolling Thunder Revue: A Bob Dylan Story by Martin Scorsese» arbeitet er erstmals für Netflix. Bis Ende 2019 soll dort sein Mafia-Streifen «The Irishman» mit Robert De Niro, Joe Pesci und Al Pacino folgen.
Scorsese widmet sich Dylan in «Rolling Thunder Revue» zum zweiten Mal. Dabei holt er nicht nur sein Subjekt vor die Kamera, sondern lässt auch andere Zeitzeugen aus dem Nähkästchen erzählen. Darunter Joan Baez, Sharon Stone oder Sam Shepard.
Nicht jede Aussage oder jeder Gesprächspartner entspricht der Wahrheit. Der Schauspieler Michael Murphy («Batman's Rückkehr») verkörpert beispielsweise einen republikanischen Abgeordneten namens Jack Tanner.
Die vielen Aufnahmen aus der damaligen Zeit sollen von Stefan van Dorp stammen. Diese Person ist erfunden. Das erfährt man durch kurze Recherche.
Das Mysterium bleibt
«Rolling Thunder Revue» beansprucht allerdings keineswegs die Treue zu Tatsachen für sich. In der Vermischung aus Fakt und Fiktion geht es vor allem darum, einen bestimmten Lebensabschnitt zu rekonstruieren.
Dieses Ziel wird durch unzählige Archivaufnahmen erreicht. Sie halten nicht nur die musikalische Reise fest, sondern zeigen nebenbei ein Land im Wandel. Herausgekommen ist eine Melange aus Auftritten, Plaudereien und Zeitdokumenten.
Über die Person Dylan erhält man hier keine neuen Erkenntnisse. Dennoch gibt es interessante Einblicke, wie zum Beispiel seine Liebe zur Poesie. Wenn Dylan mit Ginsberg auf dem Grab von Jack Kerouac aus dem Roman «Unterwegs» liest, wird er greifbar.
Fazit
«Rolling Thunder Revue» eignet sich auch für den Dylan-Muffel. Die vielen Konzertaufnahmen zeigen die Spielfreude des Musikers und seines illustren Umfelds.
Wer hingegen auf tiefschürfende Einsichten des launischen Geschichtenerzählers hofft, wird kaum bedient. Der Mann vergräbt seine Geheimnisse im Alter tief.
Dafür entschädigt Netflix den Zuschauer mit einem skizzenhaften Zeitdokument, welches sich angenehm von herkömmlichen Dokumentationen abgrenzt.