Tirol: Hier steht die Gesundheit im Vordergrund
Das Wichtigste in Kürze
- Im Tirol gibt es Destinationen, die sich als gesunde Region vermarkten.
- Ziel ist es, in den Ferien Gesundheitsbewusstsein und Selbstfürsorge zu trainieren.
- Wir haben uns im St. Johann und im Wipptal angesehen, was die Reiseart beinhaltet.
Das Laub raschelt unter den Füssen. In die Ohren dringt leises Plätschern. Sich behutsam und schweigsam durch den Wald zu bewegen, schärft die Sinne. Vorbei an mit Moos bewachsenen Steinen, abgeernteten Blaubeersträuchern, Farnen und Pilzen marschiert die kleine Reisegruppe wortlos über knorrige Wurzeln in Richtung Eifersbacher Wasserfall.
«Jeder Mensch nimmt die Umgebung anders wahr», erklärt Atem- und Entspannungstrainerin Dunja Ascari später, «wer von euch hat beim Gehen eher gehört, wer eher gesehen, gerochen oder gespürt?» Die Antworten fallen unterschiedlich aus. Die Umgebung nehmen beim Weitergehen alle bewusster wahr.
Die eigene Wahrnehmung stärken, auf ganzer Ebene entschleunigen und den inneren Kompass neu justieren: Bei achtsamen Ferien in der Region Kitzbüheler Alpen – St. Johann in Tirol sind die Gäste eingeladen, sich bewusst mit ihren eigenen körperlichen und seelischen Empfindungen auseinandersetzen. Die Destination gehört, gemeinsam mit dem Wipptal, zu den ersten beiden Gesundheitsregionen «gesunde.region» in Tirol.
Beide Destinationen bieten Gästen und Einheimischen ein sorgfältig ausgewähltes Vorsorgeprogramm an, das zu einem ausgewogenen Lebensstil inspirieren soll. Im Fokus stehen Ernährung, Entspannung und Bewegung. Das Angebot reicht von Kochkursen über Stressprävention bis zu Yoga und Bewegungstraining.
Mit Yoga in den Tag starten
In St. Johann in Tirol, umschlossen vom Kitzbüheler Horn und dem mächtigen Kaisergebirge mit dem Wilden Kaiser, startet der Tag auf der Yogamatte mit sanften Muskeldehnungen. Mithilfe einer speziellen Bewegungsmethode sollen durch Stress verkrampfte Muskelgruppen aktiviert und Gelenke mobilisiert werden.
«Die Übungen eignen sich auch ideal, um morgens oder abends im Bett in wenigen Minuten Verspannungen zu lösen», erklärt Yogalehrerin Alexandra Eigner.
Achtsamkeit ist auch in puncto Ernährung trainierbar. Beim gemeinsamen Kochkurs duftet es aus dem Backrohr schon bald nach Knäckebrot mit Leinsamen, während am Herd die Rote Rübenschaumsuppe mit Krennockerl köchelt. Nebenbei wird erklärt, wie lokales Superfood als Tiroler Hausmittel eingesetzt wird. Leinsamen soll etwa als Wickel gegen Schnupfen und Gelenksentzündungen wirken, Kren gilt als eine Art natürliches Antibiotikum.
Kulinarischer Genuss wird nicht vernachlässigt
Reich an Vitaminen und Nährstoffen sind auch die alten, biologisch angebauten Salat- und Rübensorten, die Gemüsebauer Anton Baldauf am St. Johanner Wochenmarkt verkauft. Von November bis März bieten am barocken Marktplatz rund 25 bis 30 Stände Gemüse, Obst, Backwaren, Kräuter, Kunsthandwerk und lokale Spezialitäten wie Brodakrapfen – mit Kartoffeln und Graukäse gefüllte Teigtaschen – an.
Am Stand der Bäckerei Rass, die 2023 100 Jahre alt wurde, wird gerade frisch gebackenes Brot aus dem Holzofen geholt. Kulinarischen Genuss und Bewegung verbindet eine Wanderung zur Angerer Alm auf 1300 Metern über Meer. Von der Panoramaterrasse reicht der Blick weit über das Tal und das gesamte Kaisergebirge.
Wirtin Annemarie Foidl serviert in Dirndlkleid und Sonnenhut hausgemachte Spezialitäten aus regionalen Zutaten: Beef Tatar vom Almochsen, Rote Beete mit Birne, Brennesselknödel oder Heumilch Creme Brulée. Einst war die Angerer Alm der höchst gelegene Hof in St. Johann, seit rund 1900 werden nun Gäste bewirtet.
Übernachten kann man hier auch – nicht luxuriös, aber authentisch. «Wir sind eine Alm geblieben», erklärt Annemarie Foidl. «Wir haben eine eigene Quelle, einfache Zimmer mit Dusche am Gang und im Sommer hört man statt Musik die Kuhglocken läuten.» Beim Almerlebnis gehe es um die Begegnung mit der Natur und mit anderen Menschen, «sich in die Augen schauen und gemeinsam etwas unternehmen.»
Wohlfühlhormone vom Wasserfall
Ganz bewusst die frische Bergluft geniessen, das geht auch auf der Steiner Alm im rund 125 Kilometer südwestlich gelegenen Wipptal nahe der Grenze zu Südtirol. Während sich durch das Haupttal die viel befahrene Brennerautobahn schlängelt, sind die fünf Seitentäler beschaulich, ruhig und noch weniger bekannt. Zur Steiner Alm im Obernberger Tal führt eine breite Forststrasse, die zu Fuss oder mit dem E-Bike gut bewältigbar ist.
Zwischenstopp am türkis-blau schimmernden Obernberger See. Eisbadeprofi Roland Wegscheider begleitet ins wenige Grad kalte Wasser, um die positive Wirkung von Kälte auf den Organismus spürbar zu machen.
An der Almhütte angekommen, stimmt eine kurze Achtsamkeitsübung auf das Essen ein: Wie geht das, bewusst zu geniessen? Danach schmecken die herzhaften Almkasnocken besonders gut.
In einem anderen Seitenarm des Wipptals, dem Gschnitztal, endet die Reise ähnlich, wie sie begonnen hat: an einem Wasserfall. Hier rauscht der Sandeswasserfall an jener Stelle hinab, wo engagierte Einheimische ein historisches Mühlendorf aufgebaut haben. Eine geführte Tour durch das Freilichtmuseum versetzt sehr bildhaft in die Vergangenheit, in der noch vor 100 Jahren von Hand Getreide angebaut und in den Mühlen des Tals zu Mehl gemahlen wurde.
Am Ende der Tour reicht der Blick von einer gebauten Plattform direkt auf das tosende Wasser. Dass der Sandeswasserfall gesundheitsfördernd wirkt, ist wissenschaftlich bewiesen. Das liegt an den natürlichen Aerosolen und der Hochgebirgsluft.
Die fein zerstäubten Wassertropfen erzeugen Wohlfühlhormone, stärken das Immunsystem und fördern einen erholsamen Schlaf. Gute Voraussetzungen für nachhaltig erlebte Ferien.