Aiman az-Zawahiri: Al-Kaida-Chef bei US-Drohnenangriff getötet
Zehn Jahre nach der Tötung von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden töten die USA seinen Nachfolger, Aiman az-Zawahiri. US-Präsident Biden feiert dies als Erfolg.
Das Wichtigste in Kürze
- Die USA haben Aiman az-Zawahiri in Kabul getötet.
- Der Nachfolger von Osama bin Laden war Führer des Terrornetzwerks Al-Kaida.
- Joe Biden feiert den Schlag als einen Erfolg für die westliche Welt.
Mit einem gezielten Drohnenangriff in Afghanistan haben die USA den Anführer des Terrornetzwerks Al-Kaida, Aiman az-Zawahiri, getötet.
US-Präsident Joe Biden verkündete in Washington, Osama bin Ladens Nachfolger sei bei einem «Präzisionsschlag» in Kabul ums Leben gekommen. Zivile Opfer habe es nicht gegeben. «Jetzt wurde der Gerechtigkeit Genüge getan. Und diesen Terroristenführer gibt es nicht mehr», sagte Biden.
Der 71 Jahre alte Aiman az-Zawahiri war Nachfolger von Osama bin Laden, dem Kopf der Terroranschläge vom 11. September 2001 mit annähernd 3000 Toten in den USA. Nach Bin Ladens Tötung durch eine amerikanische Spezialeinheit in Pakistan 2011 rückte der Ägypter an die Spitze.
Allerdings gelang es ihm nie, unter den Dschihadisten das Ansehen seines Vorgängers zu erreichen. Az-Zawahiris Videos zeichneten sich durch spröden und längliche Vorträge aus.
Bidens bezeichnete Az-Zawahiri als Drahtzieher von Anschlägen auf US-Amerikaner über Jahrzehnte hinweg. Auch beim Angriff auf das US-Kriegsschiff «USS Cole» im Jahr 2000, habe er eine Schlüsselrolle gehabt. Er habe auch die Anschläge 1998 auf US-Botschaften in Kenia und Tansania, wobei über 200 Menschen getötet wurden, geplant. Der gelernte Arzt aus Kairo trug den Spitznamen «Terror-Doktor».
Angriff monatelang vorbereitet
Eine ranghohe Vertreterin der US-Regierung sagte, der Angriff auf Az-Zawahiri sei über Monate vorbereitet worden. Der Terrorist hatte in einem zentralen Viertel Kabuls Unterschlupf gefunden. Dort sei er aufgespürt und am Samstagabend Ortszeit getötet worden, als er auf den Balkon des Hauses getreten sei. Keiner von Az-Zawahiris Familienangehörigen, die sich mit ihm im Haus aufgehalten hätten, sei verletzt worden.
Die USA hatten ein Kopfgeld von 25 Millionen Dollar (rund 24,4 Millionen Euro) auf ihn ausgesetzt. Seine Tötung kam nun überraschend – kurz vor dem ersten Jahrestag des Abzugs aller internationalen Truppen aus Afghanistan. Nach Angaben der US-Regierung waren für den Schlag gegen Az-Zawahiri keine amerikanischen Kräfte in Kabul.
Die USA hatten Ende August 2021 all ihre Soldaten aus Afghanistan abgezogen. Damit hatten sie den internationalen Militäreinsatz nach fast 20 Jahren beendet. Die Taliban hatten schon kurz zuvor wieder die Macht übernommen.
Die Taliban verurteilten den Angriff, ohne Az-Zawahiri beim Namen oder seine Tötung zu erwähnen. Dies sei ein klarer Verstoss gegen «internationale Prinzipien und das Doha-Abkommen». In Doha hatten die Taliban und die USA 2020 den Rückzug aller internationalen Truppen aus Afghanistan vereinbart. Als eine Gegenleistung sagten die Taliban zu, Terrorgruppen keinen Rückzugsort zu bieten.
Nach amerikanischen Erkenntnissen wussten Mitglieder der aktuellen Taliban-Führung allerdings, dass sich der Al-Kaida-Chef in Kabul aufhielt. Sie hätten damit klar gegen die Vereinbarungen mit den USA verstossen, sagte die Regierungsvertreterin in Washington.
Biden: Botschaft an andere
Biden wertete Az-Zawahiris Tod als Beleg, dass auch ohne Soldaten auf afghanischem Boden Möglichkeit bestehe, Amerika vor Terroristen zu schützen. Der Schlag gegen Az-Zawahiri sei auch eine Botschaft an andere: «Egal, wie lange es dauert, egal, wo ihr euch versteckt: Wenn ihr eine Bedrohung für unser Volk seid, werden die Vereinigten Staaten euch finden und ausschalten.»
Die Tatsache, dass sich Az-Zawahiri in Afghanistan versteckte, wirft Fragen auf, was der Krieg gegen den Terror gebracht hat: ein 20 Jahre langer Militäreinsatz, der Unsummen verschlang und Zehntausende das Leben kostete. Und der begann, weil das Land Al-Kaida-Terroristen Unterschlupf gewährt hatte.
Aiman Az-Zawahiri rief zum Kampf gegen Westen auf
Einen seiner letzten öffentlichen Auftritte hatte Az-Zawahiri im vergangenen September – genau 20 Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001.
In einer Videobotschaft rief er seine Anhänger auf, die Staaten im Westen und Verbündete im Nahen Osten zu bekämpfen. In den Jahren davor hatte es unbestätigte Gerüchte über seinen Tod gegeben. Experten hatten zuletzt vermutet, dass sich Az-Zawahiri im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan versteckt.
Der UN-Sicherheitsrat hat immer wieder über enge Beziehungen zwischen Al-Kaida und den Taliban berichtet. Al-Kaida musste in den vergangenen Jahren Rückschläge einstecken. Experten argumentierten jedoch, dass ihr Fokus auf globalen Terror weiter Gefahrenpotenzial habe.
Beobachter sahen den Rückzug der westlichen Streitkräfte aus Afghanistan mit grosser Sorge. Sie warnten davor, dass die Gruppe unter der Duldung der Taliban zu neuer Stärke kommen könnte. Wer nun die Führung Al-Kaidas übernehmen könnte, ist unklar.