Apple setzt voll auf Datenschutz und riskiert mächtig Ärger
Das Wichtigste in Kürze
- Im harten Wettbewerb auf dem Smartphone-Markt geht es längst nicht mehr nur darum, welches Gerät den brillantesten Bildschirm, die beste Kamera oder den schnellsten Prozessor hat.
Selbst Geräte in der Mittelklasse können tolle Fotos schiessen, ruckeln nicht beim Surfen im Netz und verfügen über eine riesige Auswahl an Apps. Um so schwerer wird es für Apple, sich mit dem vergleichsweise teueren iPhone zu positionieren.
Bei einem Thema will sich Apple aber von der versammelten Konkurrenz nicht abhängen lassen, beim Datenschutz. Wer in diesen Tagen in den USA Fernsehen schaut oder auf Youtube unterwegs ist, bekommt immer wieder einen Spot von Apple zu Gesicht, in dem der Datenschutz als wesentliches Merkmal des iPhones beworben wird. Der Slogan lautet: «Wenn Dir die Privatsphäre in Deinem Leben wichtig ist, sollte sie auch für das Telefon wichtig sein, auf dem sich Dein Leben befindet.» Nach Recherchen des Brancheninformationsdienstes iSpot.tv hat Apple für die Kampagne «Privacy on iPhone» über 54 Millionen Dollar in die Hand genommen.
Beim Datenschutz fällt Apple aber nicht nur durch forsche Werbung auf. Auf der Entwicklerkonferenz WWDC in San Jose konnte der Konzern in mehreren Demos glaubhaft belegen, dass die Apple-Dienste keine Datenschleudern sind. Bei der Navigation mit den Apple-Karten kann selbst der iPhone-Hersteller nicht sehen, wo der User gestartet ist und welchen Weg er genommen hat. Auch die Anfragen an den Sprachassistenten Siri werden nicht zu einem Personenprofil in der Cloud zusammengeführt.
Die Apple-Wettbewerber wollen allerdings dem iPhone-Konzern nicht alleine das Feld überlassen. So erklärte zuletzt Microsoft-CEO Satya Nadella auf der Entwicklerkonferenz Build - wie Monate zuvor Apple-Chef Tim Cook - den Datenschutz zu einem Menschenrecht, obwohl Microsoft zuletzt von Datenschützern wegen der Datensammelei in Windows 10 und Microsoft Office heftig kritisiert wurde. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg versprach in diesem Frühjahr nach den Skandalen der vergangenen Jahre, alles Private bleibe privat. Und auch Google-Chef Sundar Pichai betonte auf seiner Entwicklerkonferenz, wie sehr man sich um die Wahrung der Privatsphäre sorge.
Apple ist also nicht der einzige Tech-Gigant, der den Datenschutz für sich reklamiert. Gleichzeitig muss sich das Unternehmen gegen Vorwürfe zur Wehr setzen, dass sich das wichtigste Apple-Produkt iPhone nicht immer so datenschutzfreundlich verhält wie versprochen - zumindest wenn auf dem Smartphone auch die Apps von Google, Facebook, LinkedIn und anderen Drittanbietern installiert sind. Das belegte ein gross angelegtes Experiment der «Washington Post», das kurz vor Beginn der WWDC veröffentlicht wurde. Der Test ergab, dass auf einem iPhone voller Apps innerhalb einer Woche rund 5400 Werbetracker umfangreich Daten absaugten, darunter den Standort des Geräts oder die Telefonnummer.
Zu den Apps, die munter Daten übertrugen, gehörten OneDrive von Microsoft sowie die Apps von Nike, Spotify und des Weather Channels, einer Tochter des IBM-Konzern. Selbst die eigene App der «Washington Post» wurde von den Experten als Übeltäter entlarvt. Viele der aufgespürten Tracker wurden dazu genutzt, Werbeanzeigen aus den Netzwerken von Facebook und Google zu steuern.
Bei Apple sieht man dadurch zwar nicht den Ruf in Sachen Datenschutz gefährdet. Auf der WWDC räumten Apple-Manager aber ein, dass man beim Thema Datenschutz ständig nachbessern müsse, auch weil die Methoden der Ausspähung immer raffinierter werden. So bot Apple bei den Ortsinformationen erst nur die Option, die Übertragung komplett zuzulassen oder komplett zu untersagen. Danach führte Apple die Option ein, die Geo-Funktion auf den Zeitraum zu begrenzen, in dem eine App auch tatsächlich aktiv genutzt wird. Auf der WWDC kündigte der iPhone-Konzern nun die Möglichkeit an, die Übertragung des Standorts auf ein einziges Mal zu beschränken, wenn dies beispielsweise für die Installation der App notwendig ist.
Direkt gegen Facebook und Google richtet sich ein neuer Login-Service von Apple, der ebenfalls auf der WWDC angekündigt wurde. Man wolle sich mit strikterem Datenschutz von der Konkurrenz abheben, sagte Apple-Manager Craig Federighi. Bei dem Login-Dienst von Apple können die Nutzer sich dafür entscheiden, Dienste-Anbietern nicht ihre echte E-Mail-Adresse, sondern eine von Apple automatisch generierte Wegwerf-Adresse zu geben. Die Mails können dann von Apple an die tatsächliche E-Mail weitergeleitet werden.
Apple brüskiert damit nicht aber nur die beiden grossen Nachbarn aus dem Silicon Valley, sondern auch die deutschen Anbieter Verimi und NetID, die gerade mit viel Aufwand versuchen, sich als Login-Alternative zu Google und Facebook zu etablieren. Kritisch beäugt wird auch die Vorschrift, dass Entwickler immer auch den Apple-Login-Service anbieten müssen, wenn die Apps «Sign-In-Dienste von Drittanbietern unterstützen». Der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken interpretierte diese Regel auf Twitter als «digitalen Machtmissbrauch».
Weniger kontrovers aufgenommen wurde die Absicht von Apple, in Apps für Kinder Werbeanzeigen für externe Produkte und Werbetracking komplett zu untersagen. Auch das Betteln um Käufe innerhalb einer Anwendung, um beispielsweise neue Levels eines Spiels freizuschalten, soll bei den Kinder-Apps und den Games im neuen Dienst Apple Arcade tabu sein.