Dorf der Multi-Millionäre: Kinder wollen Freunde kaufen
Im nidwaldnischen Hergiswil leben 59 Menschen mit einem Vermögen von über 50 Millionen Franken. Nau.ch fragt nach, wie man als Normalo hier lebt.
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Das Wichtigste in Kürze
- In Hergiswil NW sind 59 Menschen mit über 50 Millionen Vermögen zu Hause.
- Das Dorf sei sehr sauber, es fahren teure Autos herum.
- Der Steuerfuss sei nicht der einzige Reichen-Magnet, betont der Gemeindepräsident.
Die Juso-Initiative für eine Zukunft polarisiert. Egal, ob man dafür oder dagegen ist: Sicher ist, dass die geforderte Einführung einer Erbschaftssteuer eine grosse Diskussion ausgelöst hat.
Diese Debatte sorgt unter anderem für mehr Transparenz bezüglich der Frage, wo die Superreichen leben. Aus mehreren Zentralschweizer Kantonen liegen entsprechende Zahlen vor.
Und die zeigen: Am meisten 50 Millionen schwere Menschen gibt es demnach im Kanton Schwyz. Der Kanton Zug hat derweil die höchsten Steuereinnahmen dank dieser Gruppe.
Besonders bemerkenswert ist der Fall der Nidwaldner Gemeinde Hergiswil. Dort gibt es gleich 59 Menschen mit über 50 Millionen Vermögen – bei insgesamt etwas mehr als 6000 Einwohnern.
Reiche machen sich eher indirekt bemerkbar
Merkt man das, wenn man als Normalo in Hergiswil lebt? Nau.ch hat sich in der Gemeinde umgehört.
«Eigentlich nicht», sagt Esther. Ein Beispiel nennt die 71-Jährige dann aber doch – und zwar betrifft es die Schule. Reiche Kinder hätten nämlich versucht, die anderen Kinder zu «kaufen».
Ihre Töchter seien mit Millionärs- oder Milliardärskindern in die Schule gegangen. Diese haben die Kinder laut Esther gefragt: «Kommst du mit mir spielen? Ich gebe dir fünf Stutz.»
Letztlich mussten diese reichen Kinder dann zum Schulpsychologen, erzählt die Einwohnerin.
«Man merkt es nicht direkt», sagt auch Gisbert. Einige Zeichen gibt es aber dennoch. Man sehe oft «teure Autos herumfahren», so der 62-Jährige. An der Seestrasse sehe man zudem ein paar schöne und grosse Häuser mit Umschwung.
Norweger ziehen auch nach Hergiswil
Gemeindepräsident Daniel Rogenmoser erklärt gegenüber Nau.ch, dass ihm die genaue Zusammensetzung des 50-Millionen-Personenkreises nicht bekannt sei.
Er sagt aber: «Wir haben viele Personen, die schon seit Jahrzehnten in Hergiswil wohnhaft sind, beziehungsweise schon immer hier heimisch waren.»
Von einem Trend, dass immer mehr Reiche nach Hergiswil kommen, könne man zwar nicht sprechen, so Rogenmoser.
«Wir merken aber, dass die Steuerpolitik anderer Länder, beispielsweise Norwegens, einen Einfluss bei Neuansiedlungen hat.»

Auf die Steuern sollte man die Attraktivität Hergiswils aber nicht beschränken, sagt der Präsident. «Rein objektiv betrachtet gibt es diesbezüglich noch attraktivere Gemeinden in der Schweiz.»
Stattdessen hebt Rogenmoser die Lage inklusive guter Verkehrsanbindungen hervor. Dazu gebe es eine gute Infrastruktur, einen offenen und herzlichen Umgang mit den Einwohnenden sowie ein vielfältiges Dorf- und Vereinsleben.
Einwohner zufrieden mit Hergiswiler Infrastruktur
Auch die Einwohner vor Ort loben die Infrastruktur der Gemeinde. Es sei sehr sauber und es werde viel investiert, sagt Gisbert beispielsweise. Letztlich komme diese «perfekte Infrastruktur» allen Einwohnern zugute.
Und auch von den Preisen her ist die Entwicklung in Hergiswil für die Einwohner verkraftbar. Ein Blick in die Dorfbeiz zeigt: Die Preise bewegen sich im normalen Rahmen. Die Tomatencreme-Suppe kostet 11.50 Franken, Steinpilzrisotto 26.50.
Der Eintritt ins Freibad kostet acht Franken – so viel wie anderswo auch.
Die Wohnungspreise sind laut Esther, die 1976 eingezogen ist, schon gestiegen. «Aber das ist gesamtschweizerisch so.» Verglichen mit anderen Orten sei die Preiserhöhung etwa in einem ähnlichen Segment.
In Hergiswil spricht man ebenfalls schon über die Juso-Initiative
Die Juso-Initiative ist laut Rogenmoser auch in Hergiswil bereits Thema. Die Millionäre müssen sich die Frage stellen, ob sie das Risiko eingehen wollen, das Abstimmungsergebnis abzuwarten.
«Da werden wohl die meisten schon ihre Vorkehrungen getroffen haben, ohne dass ich genauere Kenntnisse habe.»
Mögliche Wegzüge der Multi-Millionäre hätten unter anderem Folgen für den Steuerfuss. «Der Steuerfuss in Hergiswil müsste für eine Kompensation der Steuereinnahmen von heute 1.44 auf neu 2.63 erhöht werden.»
Eine solche Erhöhung hätte dann weitere Konsequenzen. «Als Folge der starken Erhöhung der Einkommenssteuer würden wohl auch weitere einkommensstarke Steuerkunden sich neu orientieren.»
Auch wenn sie nicht in die Kategorie fallen, die von der Juso-Erbschaftssteuer betroffen wäre.