Auf Jamaika herrscht der Sicherheitsnotstand
Aufgrund der drastisch gestiegenen Gewalt ist über dem Westen Jamaikas der Sicherheitsnotstand verhängt worden. Premierminister Andrew Holness hat im Zuge dessen die Armee in die entsprechenden Regionen beordert. Der Ausnahmezustand erlaubt den militärischen Einheiten, die Polizei in ihrer Arbeit zu untersützen.
Das Wichtigste in Kürze
- Auf Jamaika gilt bis Mai ein Sicherheitsnotstand.
- 2017 sind die Tötungsdelikte auf der Karibikinsel um 19 Prozent gestiegen. Für 2018 ist die Zahl steigend.
- Gewalt und Drogen gehört vermehrt zum Alltag.
Die Karibikinsel gehört ohnehin schon zu den Ländern mit den weltweit höchsten Mordraten. Vergangenes Jahr schnellten die Tötungsdelikte nochmals markant in die Höhe. 1600 ermorderte Menschen im 2017 auf total knapp drei Millionen Einwohner zeugen von einer erschreckenden Realität. In den ersten Wochen dieses Jahres stieg dieser Wert gar nochmals an.
Tourismus betroffen
Der Ausnahmezustand wird bis mindestens 2. Mai bestehen bleiben. Restaurants und Geschäfte bleiben auf Anordnung der Behörden geschlossen. Da auch das bei Touristen bekannte Montego Bay zur betroffenen Region gehört, patrouilliert das Militär nun da, wo sich sonst Touristen tummeln.
Die Massnahmen fallen zudem ausgerechnet in die Hauptferienzeit vieler Jamaika-Besucher. Verschiedene Länder haben bereits verschärfte Reisewarnungen publiziert. Den Touristen wird darin geraten, in ihren Resorts zu bleiben.
Das alte Leid der sozialen Kluft
Offiziell soll die Militärintervention dazu dienen, betrügerische Aktivitäten gegen reiche Ausländer einzuschränken. Vor allem zugezogenen Rentnern aus Kanada und den USA werden mit ausgefallenen Methoden tausende von Dollar abegeknöpft. Oft gehen diese Tricksereien auch mit Gewaltandrohungen einher. Die erschlichenen Beträge fliessen in einen Teufelskreis aus Drogen und Waffengewalt. Der US-Aussenminister Rex Tillerson forderte die jamaikanische Regierung diesen Monat auf, die Trickbetrüger an die USA auszuliefern.
Insbesondere die schlechte Lebensqualität auf der Insel fördert jedoch vermehrt die Kriminalität. In der Landwirtschaft sind in den vergangenen Jahrzehnten viele Arbeitsplätze weggefallen. Der Zusammenbruch des internationalen Finanzsektors verschluckte zudem die Ersparnisse vieler Jamaikaner. Immer mehr Menschen ziehen seither vom Land in die Städte, wo aufgrund der gesellschaftlichen Aussichtslosigkeit viele Banden entstanden.
Gemäss dem jamaikanischen Gewaltforscher Damion Blake von der Elon University in den USA, liefern sich die involvierten Gangs einen mörderischen Wettkampf um die finanziell lukrativen Adresslisten von wohlhabenden Ausländer. Es handle sich um «ein Multi-Millionen-Dollargeschäft, das Bandenkriege, Korruption und Waffenschmuggel auf der Insel einheizt», wird Blake in der «Süddeutschen Zeitung» zitiert. Dass Jamaika darüber hinaus geografisch auf einer profitablen Drogenroute zwischen den südamerikanischen Produzenten und US-amerikanischen Konsumenten liegt, dürfte die gesellschaftlichen Problematiken zusätzlich intensivieren.