Ein Sommer ohne MoMA
Das Wichtigste in Kürze
- Ob Pablo Picassos «Les Demoiselles d'Avignon», Vincent van Goghs «Sternennacht» oder Claude Monets «Seerosen»: Im New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) hängen einige der bedeutendsten Werke der modernen Kunst.
Das Problem: Vor lauter Besucherandrang ist es oft schwierig, diese Bilder überhaupt zu sehen zu bekommen. Sie in Ruhe zu betrachten, ist fast unmöglich. Rund drei Millionen Besucher quetschen sich jedes Jahr durch das Ausstellungshaus mitten in Manhattan, die Schlangen an den Kassen ziehen sich oft bis raus auf die Strasse.
Vor 15 Jahren hatte der japanische Architekt Yoshio Taniguchi das Museumsgebäude auf rund das Doppelte seiner vorherigen Fläche vergrössert, aber auch da ist das MoMA längst wieder herausgewachsen. Deswegen muss jetzt die nächste Vergrösserung her. Unter der Architektur-Regie von Ricardo Scofidio und Liz Diller musste dafür sogar das einst preisgekrönte benachbarte Gebäude des American Folk Art Museums weichen, was für grosse Proteste sorgte. Und nun muss das MoMA für die Erweiterung ab Samstag (15. Juni) bis Mitte Oktober schliessen. Vier Monate, ein ganzer Sommer ohne MoMA, und das in der Hauptreisezeit mit Millionen von Touristen in der Stadt - für die das MoMA eigentlich Pflichtprogramm ist.
«Was für ein Pech, wir kommen am 21. Juni in der Stadt an», grummelt bereits ein australischer Tourist auf der Reise-Webseite «TripAdvisor». «Dann kann ich bei meinem Besuch nicht hingehen, muss ich wohl nochmal wiederkommen», kommentiert ein Tourist aus Schweden. Das New Yorker Tourismusbüro hofft, dass die vielen anderen Attraktionen der Stadt für ausreichend Ausgleich sorgen. «Es gibt dieses Jahr so viel im Angebot, deswegen erwarten wir keinen negativen Einfluss auf den Tourismus», sagt Behördenchef Fred Dixon. Geöffnet bleibt ausserdem die Aussenstelle des MoMA für zeitgenössische Kunst, das MoMA PS1 im Stadtteil Queens.
Das Museum habe sich auf Einbussen bei den Einnahmen eingestellt und das Budget entsprechend geplant, sagte MoMA-Chef Glenn Lowry der «New York Times». Zudem handele es sich bei der Renovierung nicht nur um eine rund 400 Millionen Dollar (etwa 350 Millionen Euro) teure Erweiterung um gut 3700 Quadratmeter - sondern gleich um eine komplette Neuerfindung des Museums. Es gehe um einen neuen Ansatz dafür, wie moderne und zeitgenössische Kunst dem Publikum präsentiert wird.
Neben den Gemälden sollen verstärkt auch Design, Fotografie, Film und Performance-Kunst gezeigt werden, zudem mehr Kunst von Frauen, Latinos, Asiaten und Afroamerikanern. «Der tatsächliche Wert dieser Erweiterung ist nicht nur mehr Fläche, sondern Fläche, mit der wir die Erfahrung von Kunst im Museum neu denken können», sagt Lowry. Einen chronologischen Zusammenhang soll es über mehrere der insgesamt fünf Stockwerke weiterhin geben, zugleich aber etwa auch spezielle Bereiche zu einzelnen künstlerischen Medien. Im Herzen des Museums soll ein Raum für Live-Programm und experimentelle Kunst entstehen.
Nach der Wiedereröffnung am 21. Oktober sind unter anderem Ausstellungen über Kunst in Lateinamerika und eine Ausstellung in Kooperation mit dem Studio Museum in Harlem, wo lange Zeit vorwiegend Afroamerikaner lebten, geplant. «Eine neue Generation von Kuratoren entdeckt die Fülle unserer Sammlung und überall auf der Welt wird spannende Kunst gemacht, der wir uns widmen müssen», sagt Lowry. «Das Normale wird vom Unerwarteten verdrängt. Es wird jederzeit etwas Neues zu sehen geben.»